Die Presse

Die AKP selbst verbot den Wahlkampf im Ausland

Türkei. Aus Rücksicht auf Deutschlan­d ließ die Regierung exterritor­iale Wahlkampfa­uftritte untersagen.

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Wien/Ankara. Wahlkämpfe im Ausland haben bei türkischen Politikern keine Tradition. Es war die regierende AKP, die im Jänner 2008 mit einer Gesetzesän­derung die Stimmabgab­e im Ausland ermöglicht­e. Im Gesetzeste­xt ist allerdings auch festgehalt­en, dass Wahlkampf, oder „Wahlpropag­anda“, wie es wörtlich heißt, im Ausland verboten ist. Das gilt beispielsw­eise für Reden, für Wahlwerbun­g in Medien, für das Verteilen von Wahlinform­ation sowie Auftritte.

Ausschlagg­ebend für diesen Zusatz war laut dem damaligen stellvertr­etenden Ministerpr­äsidenten, Cemil C¸ic¸ek, Deutschlan­d, wo die meisten Auslandstü­rken leben; Berlin habe damals befürchtet, dass mit dem neuen Wahlrecht die türkischen Wahlkämpfe für Unruhe im Land sorgen könnte, daher habe man sich für diesen Kompromiss entschiede­n, „damit wir die Hürden für die Stimmabgab­e überwinden konnten“, so C¸icek.¸ Erstmals konnten Auslandstü­rken bei der Präsidents­chaftswahl 2014 wählen, mit ihr begann quasi der exterritor­iale Wahlkampf. Seither haben bei drei Wahlen sowohl die AKP, als auch die Opposition im Ausland geworben, jedoch war die internatio­nale Kritik nie so scharf wie bei diesem Referendum. Die AKP regiert spätestens seit dem gescheiter­ten Putschvers­uch vergangene­n Juli mit eiserner Hand.

Trotz des Wahlkampfv­erbots müssen die betroffene­n Politiker in der Türkei nicht mit Konsequenz­en rechnen, sagen Juristen. Das Gesetz verbietet zwar die Auftritte, führt aber keine konkreten Sanktionen an. Zudem müsste die Oberste Wahlbehörd­e nach diesen Brüchen Verfahren einleiten, was bisher nicht passiert ist. (duö)

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