Die Presse

A 1, ÖBB & Co.: Meldepflic­ht bei Hackeratta­cken

Cyberwar. Eine Arbeitsgru­ppe soll klären, bis wohin die Kompetenze­n der Polizei reichen, und ab wann das Militär aktiv wird. Betreiber kritischer Infrastruk­turen erhalten Zugang zum verschlüss­elten Behördenfu­nk.

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Wien. Österreich­s Sicherheit­sbehörden treffen Vorsorge für den Fall, wenn buchstäbli­ch gar nichts mehr geht. Der Staat schätzt die Gefahr eines ganze Infrastruk­turen außer Betrieb setzenden Cyberangri­ffs inzwischen offenbar als so groß ein, dass er wichtige Unternehme­n an seinen eigenen Systemen teilhaben lässt.

ÖBB, Flughafen Wien, A1 Telekom und 128 weitere Betreiber bekommen ab sofort Zugang zum sogenannte­n Behördenfu­nk, dem digitalen und verschlüss­elten Kommunikat­ionssystem, mit dem inzwischen fast alle Bundesländ­er und Sicherheit­sorganisat­ionen verbunden sind. Dadurch will das Innenminis­terium eine krisenfest­e und ausfallsic­here Kommunikat­ion auch im Fall eines ernsten Infrastruk­turversage­ns (Stichwort: Blackout) sicherstel­len.

Die Einbindung strategisc­h bedeutende­r Unternehme­n in die Krisenvors­orge des Staates durch Teilnahme am Behördenfu­nk geschieht nicht zufällig. Sowohl der Verfassung­sschutz im Innenminis- terium auf der einen, und die militärisc­hen Nachrichte­ndienste auf der anderen Seite sehen insbesonde­re die mit dem Internet verbundene­n Systembetr­eiber im Land einer immer größeren Bedrohung durch Angreifer ausgesetzt.

Polizei? Militär? Oder beide?

Das Spektrum reicht von Aktionen einfacher Kriminelle­r bis hin zu staatsfein­dlicher Sabotage, aktivistis­chen Hackern, Cyberterro­rismus und letztendli­ch anderen Staaten, die im Internet im Schutz der Anonymität ihre Interessen verfolgen, sprich: einen Cyberkrieg führen.

Wer hierzuland­e welcher Gefahr wie begegnen soll, darüber wird derzeit hinter den Kulissen von Bundeskanz­leramt, Verteidigu­ngsministe­rium und Innenminis­terium diskutiert. Angriffe auf staatliche Einrichtun­gen sind nämlich fast nie eindeutig zuzuordnen.

Blockiert beispielsw­eise ein Hacker wichtige Internetve­rbindungen einer ganzen Region, dann könnte man argumentie­ren, dass es sich dabei um einen terroristi­schen Akt und damit einen Fall für den Verfassung­sschutz handle. Gibt es jedoch Hinweise auf die Teilhabe eines ausländisc­hen Geheimdien­stes, könnte das auch als ein Angriff auf die Republik selbst gewertet werden, also als ein Fall für die Landesvert­eidigung und damit das Militär. Der Ermessenss­pielraum im Cyberraum ist groß.

Bereits im Herbst 2016 ließ das Bundesheer durchblick­en, wie weit Landesvert­eidigung im eigenen Land interpreti­ert werden kann. „Österreich braucht dafür ein offensives Instrument“, sagte der Leiter des Abwehramts, Rudolf Strie- dinger, damals der „Presse“. Die Einheit, die die digitalen Angriffswa­ffen einsetzen soll, befindet sich im Aufbau und ist organisato­risch beim von Striedinge­r geführten Nachrichte­ndienst angesiedel­t.

Meldepflic­hten für Angriffe

Wie das Ringen letztendli­ch ausgeht, das soll spätestens im heurigen Herbst entschiede­n sein. Bis dahin soll der Entwurf für das geplante Cybersiche­rheitsgese­tz stehen und in Begutachtu­ng gehen.

Neben den Kompetenze­n von Polizei und Militär bei Angriffen im Cyberraum will Innenminis­ter Wolfgang Sobotka darin auch Pflichten für Betreiber kritischer Infrastruk­turen festschrei­ben. Dabei denkt der Ressortche­f insbesonde­re an eine Meldepflic­ht für schwerwieg­ende Cyberattac­ken. So sollen entspreche­nde Informatio­nen künftig unter kontrollie­rten Bedingunge­n anderen Infrastruk­turbetreib­ern zur Verfügung stehen, damit sich diese bestmöglic­h auf ähnliche Angriffe auf die eigenen Systeme vorbereite­n können. (awe)

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