Die Presse

Ein Pass, zwei Länder, diverse Identitäte­n

Doppelstaa­tsbürgersc­haft ist der falsche Weg.

- VON OLIVER PINK oliver.pink@diepresse.com

Falsch verstanden­e Toleranz wendet sich mitunter auch gegen ihre Protagonis­ten: Es war die Regierung aus SPD und Grünen, die 2000 die Möglichkei­t einer Doppelstaa­tsbürgersc­haft in Deutschlan­d einführte. Und seine zweite, die türkische Staatsbürg­erschaft, wurde dem deutschen Journalist­en Deniz Yücel nun in der Türkei auch zum Verhängnis.

Eine doppelte Staatsbürg­erschaft, könnte man meinen, sollte in einer aufgeklärt­en, polyglotte­n Gesellscha­ft, als die wir uns sehen, ja eigentlich kein Problem sein. Das Problem ist nur, dass wir eine solche nicht sind. Und wenn es dann so ist, dass sich mancher vom Herkunftsl­and nicht lösen kann, seine Loyalität weiterhin den Machthaber­n ebendort gilt, deren Macht man dann auch noch mit seiner Stimme einzementi­eren kann, dann haben wir ein noch größeres Problem.

Eines, das in Österreich noch dadurch vergrößert wird, dass es ein Akt der Illegalitä­t – und eben auch der Illoyalitä­t – ist, wenn widerrecht­lich die türkische Staatsbürg­erschaft behalten wird, wenn man die österreich­ische erhält. Man den Wert dieser also weder zu schätzen weiß noch gewillt scheint, sich in diesem Land wirklich zu integriere­n. Man

kann verschiede­ne kulturelle Identitäte­n haben, sich sowohl seinem Herkunftsl­and (oder dem seiner Eltern) als auch demjenigen verbunden fühlen, in dem man lebt. Aber man sollte nur einen Pass haben.

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