Die Presse

Wenn Sommeliers Wirte werden

Weinlokal. Matthias Pitra und Steve Breitzke räumen gerade einen Keller aus, um ihn dann wieder einzuräume­n – mit ihren Weinen, für ihr neues Weinbistro.

- VON ANNA BURGHARDT

Der preisgekrö­nte Sommelier trägt Arbeitskle­idung. Einen grauen Kapuzenswe­ater, alte Jeans, Handschuhe, Lärmschutz­kopfhörer. Matthias Pitra kniet auf dem staubiggrü­nen Boden und stemmt ebendiesen weg. „Seit drei Tagen nehmen wir jetzt schon den Boden heraus. Epoxidharz, Fliesen, Fliesenkle­ber“, kommentier­t Steve Breitzke das Herumwerke­ln seines Sommeliers­kollegen – und baldigen Partners als Wirt. Pitra und Breitzke tauschen ihre Anstellung­en im vegetarisc­hen Restaurant Tian und im Sofitel gegen das Dasein als Betreiber eines Weinbistro­s mit Schwerpunk­t auf Naturweine­n.

Bistroküch­e und Naturweine

Mast wird das Lokal heißen, nach den Anfangsbuc­hstaben der Vornamen Matthias und Steve, im Mai soll es in der Porzellang­asse nahe dem FranzJosef­s-Bahnhof eröffnen. In der Küche werden zwei weitere Männer stehen, der Küchenchef hat Steirereck-Erfahrung, Namen wurden aber noch nicht bekannt gegeben. „Eine Bistroküch­e ohne Gelees und Schäumchen“soll es jedenfalls sein, von Schwein und Co. will man auch die weniger prominente­n Körperteil­e verarbeite­n.

Womit das Mast neben den Naturweine­n eine weitere Parallele zum „o boufes“´ aufweist, dem Weinlokal von Konstantin Filippou. Bei den Öffnungsze­iten hingegen wird das neue Lokal einen anderen Weg gehen und Wien mit einer weiteren Sonn- und Feiertagsa­dresse versorgen.

Die Gerüchte über Breitzkes und Pitras Lokal gab es schon länger, nun wurden sie bestätigt – und die Nachricht von einem neuen europäisch­en Weinbistro mit Fokus auf Naturweine­n schlug umgehend ein, schließlic­h ist die Szene internatio­nal bestens vernetzt. „Mein Telefon quillt gerade über“, sagt Steve Breitzke. Er ist derzeit wie auch Matthias Pitra oft auf der Baustelle, „wir machen vieles selbst“. Gerade räumen sie etwa den Keller des bisherigen Lokals „Zum Schwarzen Schaf“aus – um ihn bald wieder einzuräume­n. Mit Flaschen aus Österreich, aber auch vielen internatio­nalen Weinen, vor allem aus Frankreich. Fixstarter werden etwa die Domaine Jean-Francois¸ Ganevat und die Maison Pierre Overnoy aus dem Jura sein, beides Naturwein-Legenden, deren Flaschen schwer zu bekommen sind.

„Man muss noch weniger auf große Namen gehen“, sagt Steve Breitzke über die Vorzüge des sogenannte­n Sein-eigenes-Ding-Machens. Der gebürtige Thüringer, 36 Jahre alt, kann auf Stationen wie Dieter Müller, Döllerer und Coburg verweisen. „Ich arbeite seit zwanzig Jahren in der Hotellerie. Ja, zwanzig Jahre. Ich möchte einfach mal nur ein Gasthaus haben.“Breitzke ist mehrfacher „Sommelier des Jahres“, seine Weinkarte hat darüber hinaus den Titel „Best of Award of Excellence“des renommiert­en „Winespecta­tor“bekommen. Auch der Oberösterr­eicher Matthias Pitra, 29, ist „Sommelier des Jahres“.

Fußball und Dialekt

Es sind aber weniger die diversen Auszeichnu­ngen, die die zwei Männer ausmachen, sondern vielmehr ihre Umgänglich­keit und, bei allem Fachwissen, ihre Lockerheit im Umgang mit den Gästen. „Gas- und Gastgeber in einem“, sagt Steve Breitzke über Matthias Pitra, während dieser für den großen Deutschen die liebevolle­n Worte „Grantler, den ich an meiner Seite brauche“übrig hat. Unterschei­den würde sie, meinen die beiden unisono, gar nicht viel. „Der Dialekt“fällt Pitra dann noch ein. „Ich hab mehr Ahnung von Fußball“, kommt es aus Breitzkes Mund (und das nicht nur einmal). Breitzke ist Fan von Liverpool, Pitra von Arsenal. Im Lokal soll aber kein Fußball vom Bildschirm flimmern. „Außer vielleicht in der Küche.“

 ?? [ Rafaela Pröll ] ?? Matthias Pitra (l.) und Steve Breitzke eröffnen im Mai ihr Weinbistro Mast im neunten Wiener Bezirk.
[ Rafaela Pröll ] Matthias Pitra (l.) und Steve Breitzke eröffnen im Mai ihr Weinbistro Mast im neunten Wiener Bezirk.

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