Wer kontrolliert die Finanzaufsicht?
Kapitalmarkt. Eine Gruppe börsenotierter Firmen übt heftige Kritik an der Finanzmarktaufsicht und verlangt eine Reform der FMA. Vor allem beim Aufsichtsrat bestehe Handlungsbedarf.
Wien. In ihrem im Jänner vorgestellten Programm für die letzten eineinhalb Regierungsjahre haben SPÖ und ÖVP auch die Reform der Finanzmarktaufsicht (FMA) festgeschrieben. Bis Oktober 2017 soll eine entsprechende Gesetzesnovelle fertig sein. Primär hat die Regierung dabei die Bankenaufsicht und die Arbeitsteilung zwischen FMA, Nationalbank und EZB im Visier. Eine Gruppe von großen börsenotierten Firmen will, dass diese Reform nun auf die Kapitalmarktaufsicht erweitert wird und übt heftige Kritik am Status quo. Der „Presse“liegen die Positionen der Gruppe vor. Die Firmen wollen allerdings nicht namentlich genannt werden, weil sie von der FMA beaufsichtigt werden.
Hauptkritikpunkt der Unternehmen ist die aus ihrer Sicht mangelhafte Aufsicht für die FMA. So besteht der Aufsichtsrat der FMA vornehmlich aus Vertretern der Nationalbank (wie Nationalbank-Chef Ewald Nowotny) und des Finanzministeriums. Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, die Geschäftsführung der FMA zu überwachen. Mitglied im FMA-Aufsichtsrat ist unter anderem Beate Schaffer, die im Finanzministerium arbeitet. Sie ist mit Erich Schaffer verheiratet, der in der FMA den Bereich Wertpapieraufsicht leitet. Herr Schaffer ist für so wichtige Agenden wie Wertpapierfirmen sowie für die Markt- und Börsenaufsicht zuständig.
Unabhängige Experten
Große börsenotierte Konzerne würden ein solches Verwandtschaftsverhältnis zwischen Aufsichtsräten und leitenden Mitarbeitern nicht tolerieren, kritisieren die Firmen. Der Fall des Ehepaares Schaffer zeige exemplarisch den Reformbedarf bei der FMA auf.
Die Unternehmen sprechen sich daher dafür aus, dass der Aufsichtsrat der FMA aus unabhängigen Experten bestehen soll. Diese sollen die Tätigkeit der FMA-Geschäftsführung kontrollieren. Es brauche ein klares Regelwerk für das Verhältnis zwischen FMA-Vorstand und -Aufsichtsrat. Derzeit hat die FMA zwei Vorstände, wobei einer der SPÖ und einer der ÖVP zugerechnet wird. Auch soll klargestellt werden, dass es keine Verwandtschaftsverhältnisse von Aufsichtsratsmitgliedern und FMAFührungspersonal geben soll.
Das Finanzministerium sieht beim Ehepaar Schaffer keine Unvereinbarkeit. Denn der Aufsichtsrat der FMA sei mit dem Aufsichtsrat eines Unternehmens nicht vergleichbar. Sollte im Aufsichtsrat ein Thema den Anschein einer möglichen Befangenheit erwecken, verlasse Frau Schaffer den Raum. Sie nehme dann weder an der Diskussion noch an der Abstimmung teil, heißt es.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die steigenden Kosten: Als die FMA im Jahr 2002 gegründet wurde, hatte die Behörde 137 Vollzeitbeschäftigte. Der Personalaufwand lag damals bei 9,6 Mio. Euro. Mittlerweile hat sich der Personalauf- wand auf 37,8 Mio. Euro erhöht. Die Zahl der Mitarbeiter kletterte auf 373. Die FMA begründet dies mit den Aufgabensteigerungen in den vergangenen Jahren. Die Gruppe der börsenotierten Unternehmen sieht das anders.
Das Problem ist, dass laut Gesetz die FMA-Kosten zum überwiegenden Teil von den Beaufsichtigten selbst getragen werden müssen. Aus Sicht der Unternehmen wird die von der Regierung regelmäßig versprochene Entbürokratisierung durch steigende Kosten und Anforderungen der FMA konterkariert.
Zu hohe Prospektauflagen?
Die Gruppe der börsenotierten Unternehmen hat darüber hinaus eine Liste mit Mängeln zur FMATätigkeit ausgearbeitet. Die Firmen sagen, die Aufsicht gehe bei ihren Interpretationen vielfach über die Grenze der Zulässigkeit hinaus. Als Beispiele werden erhöhte Prospektauflagen und die Erstellung von Bilanzierungsrichtlinien genannt. Die FMA weist das zurück.
Weiters werfen die Firmen der Aufsicht „absolutes Willkürpotenzial“bei den „Fit & Proper“-Tests vor. Dabei handelt es sich um Eignungsprüfungen für Aufsichtsräte und Geschäftsleiter. So könne die Behörde selbst entscheiden, welche Aussagen sie als ausreichend und welche sie als nicht ausreichend ansieht. Die FMA kontert, dass es sich dabei um „kein willkürliches, sondern dem Einzelfall angemessenes Verfahren“handelt.
Ein anderer Kritikpunkt lautet, dass es bei der FMA oftmals Strafverfolgungen bei Formvergehen gibt, auch wenn diese im Einzelfall keine materielle Wirkung für Gläubiger oder Anleger haben. Dazu sagt die FMA: „Ob und wie die Behörde zu sanktionieren hat, legt der Gesetzgeber fest. Dabei geht der Gesetzgeber nicht nur von einer etwaigen materiellen Wirkung eines Verstoßes auf Gläubiger und Anleger aus.“