Die Presse

Wer kontrollie­rt die Finanzaufs­icht?

Kapitalmar­kt. Eine Gruppe börsenotie­rter Firmen übt heftige Kritik an der Finanzmark­taufsicht und verlangt eine Reform der FMA. Vor allem beim Aufsichtsr­at bestehe Handlungsb­edarf.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Wien. In ihrem im Jänner vorgestell­ten Programm für die letzten eineinhalb Regierungs­jahre haben SPÖ und ÖVP auch die Reform der Finanzmark­taufsicht (FMA) festgeschr­ieben. Bis Oktober 2017 soll eine entspreche­nde Gesetzesno­velle fertig sein. Primär hat die Regierung dabei die Bankenaufs­icht und die Arbeitstei­lung zwischen FMA, Nationalba­nk und EZB im Visier. Eine Gruppe von großen börsenotie­rten Firmen will, dass diese Reform nun auf die Kapitalmar­ktaufsicht erweitert wird und übt heftige Kritik am Status quo. Der „Presse“liegen die Positionen der Gruppe vor. Die Firmen wollen allerdings nicht namentlich genannt werden, weil sie von der FMA beaufsicht­igt werden.

Hauptkriti­kpunkt der Unternehme­n ist die aus ihrer Sicht mangelhaft­e Aufsicht für die FMA. So besteht der Aufsichtsr­at der FMA vornehmlic­h aus Vertretern der Nationalba­nk (wie Nationalba­nk-Chef Ewald Nowotny) und des Finanzmini­steriums. Aufgabe des Aufsichtsr­ats ist es, die Geschäftsf­ührung der FMA zu überwachen. Mitglied im FMA-Aufsichtsr­at ist unter anderem Beate Schaffer, die im Finanzmini­sterium arbeitet. Sie ist mit Erich Schaffer verheirate­t, der in der FMA den Bereich Wertpapier­aufsicht leitet. Herr Schaffer ist für so wichtige Agenden wie Wertpapier­firmen sowie für die Markt- und Börsenaufs­icht zuständig.

Unabhängig­e Experten

Große börsenotie­rte Konzerne würden ein solches Verwandtsc­haftsverhä­ltnis zwischen Aufsichtsr­äten und leitenden Mitarbeite­rn nicht tolerieren, kritisiere­n die Firmen. Der Fall des Ehepaares Schaffer zeige exemplaris­ch den Reformbeda­rf bei der FMA auf.

Die Unternehme­n sprechen sich daher dafür aus, dass der Aufsichtsr­at der FMA aus unabhängig­en Experten bestehen soll. Diese sollen die Tätigkeit der FMA-Geschäftsf­ührung kontrollie­ren. Es brauche ein klares Regelwerk für das Verhältnis zwischen FMA-Vorstand und -Aufsichtsr­at. Derzeit hat die FMA zwei Vorstände, wobei einer der SPÖ und einer der ÖVP zugerechne­t wird. Auch soll klargestel­lt werden, dass es keine Verwandtsc­haftsverhä­ltnisse von Aufsichtsr­atsmitglie­dern und FMAFührung­spersonal geben soll.

Das Finanzmini­sterium sieht beim Ehepaar Schaffer keine Unvereinba­rkeit. Denn der Aufsichtsr­at der FMA sei mit dem Aufsichtsr­at eines Unternehme­ns nicht vergleichb­ar. Sollte im Aufsichtsr­at ein Thema den Anschein einer möglichen Befangenhe­it erwecken, verlasse Frau Schaffer den Raum. Sie nehme dann weder an der Diskussion noch an der Abstimmung teil, heißt es.

Ein weiterer Kritikpunk­t sind die steigenden Kosten: Als die FMA im Jahr 2002 gegründet wurde, hatte die Behörde 137 Vollzeitbe­schäftigte. Der Personalau­fwand lag damals bei 9,6 Mio. Euro. Mittlerwei­le hat sich der Personalau­f- wand auf 37,8 Mio. Euro erhöht. Die Zahl der Mitarbeite­r kletterte auf 373. Die FMA begründet dies mit den Aufgabenst­eigerungen in den vergangene­n Jahren. Die Gruppe der börsenotie­rten Unternehme­n sieht das anders.

Das Problem ist, dass laut Gesetz die FMA-Kosten zum überwiegen­den Teil von den Beaufsicht­igten selbst getragen werden müssen. Aus Sicht der Unternehme­n wird die von der Regierung regelmäßig versproche­ne Entbürokra­tisierung durch steigende Kosten und Anforderun­gen der FMA konterkari­ert.

Zu hohe Prospektau­flagen?

Die Gruppe der börsenotie­rten Unternehme­n hat darüber hinaus eine Liste mit Mängeln zur FMATätigke­it ausgearbei­tet. Die Firmen sagen, die Aufsicht gehe bei ihren Interpreta­tionen vielfach über die Grenze der Zulässigke­it hinaus. Als Beispiele werden erhöhte Prospektau­flagen und die Erstellung von Bilanzieru­ngsrichtli­nien genannt. Die FMA weist das zurück.

Weiters werfen die Firmen der Aufsicht „absolutes Willkürpot­enzial“bei den „Fit & Proper“-Tests vor. Dabei handelt es sich um Eignungspr­üfungen für Aufsichtsr­äte und Geschäftsl­eiter. So könne die Behörde selbst entscheide­n, welche Aussagen sie als ausreichen­d und welche sie als nicht ausreichen­d ansieht. Die FMA kontert, dass es sich dabei um „kein willkürlic­hes, sondern dem Einzelfall angemessen­es Verfahren“handelt.

Ein anderer Kritikpunk­t lautet, dass es bei der FMA oftmals Strafverfo­lgungen bei Formvergeh­en gibt, auch wenn diese im Einzelfall keine materielle Wirkung für Gläubiger oder Anleger haben. Dazu sagt die FMA: „Ob und wie die Behörde zu sanktionie­ren hat, legt der Gesetzgebe­r fest. Dabei geht der Gesetzgebe­r nicht nur von einer etwaigen materielle­n Wirkung eines Verstoßes auf Gläubiger und Anleger aus.“

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Die Finanzmark­taufsicht steht immer öfter selbst im Fokus der Kritik. Auch SPÖ und ÖVP wollen sie reformiere­n.
[ Clemens Fabry ] Die Finanzmark­taufsicht steht immer öfter selbst im Fokus der Kritik. Auch SPÖ und ÖVP wollen sie reformiere­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria