Die Presse

Volkswagen will Europas größter Uber werden

Bilanz. VW schließt das Jahr 2016 trotz Dieselskan­dals mit einem neuen Absatzreko­rd ab. Künftig will sich der Konzern neu ausrichten, mehr Elektroaut­os anbieten und dem Fahrtendie­nst Uber Konkurrenz machen.

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Wolfsburg. Man habe VW für 2016 ein „Schreckens­jahr“vorhergesa­gt, meinte Matthias Müller. Solche Vorhersage­n würde sich der Vorstandsv­orsitzende der Volkswagen AG wahrschein­lich öfter wünschen. Denn trotz des Dieselskan­dals und massenhaft­er negativer Schlagzeil­en hat der Autoherste­ller das vergangene Jahr mit einem neuen Rekord abgeschlos­sen: 10,3 Millionen Fahrzeuge wurden 2016 weltweit ausgeliefe­rt – vier Prozent mehr als 2015 und so viele, wie noch nie in der Geschichte. Volkswagen war damit deutlich vor Toyota der größte Autoherste­ller der Welt.

„Ich verstehe das vor allem als Vertrauens­beweis unserer Kunden“, erklärte Müller gestern, Dienstag, auf der Bilanzpres­sekonferen­z in der Konzernzen­trale in Wolfsburg. VW sei jedenfalls „wieder auf dem richtigen Weg“.

Wie der aussieht, erläuterte Finanzvors­tand Frank Witter im De- tail: Ein Umsatz von 217,3 Milliarde Euro, vier Milliarden mehr als 2015. Das operative Ergebnis lag vor „Sondereinf­lüssen“bei 14,6 Milliarden Euro. Die Sondereinf­lüsse – 7,5 Milliarden Euro – waren in erster Linie noch immer Folge des Dieselskan­dals, sie lagen aber deutlich unter den Aufwendung­en von 16,2 Milliarden Euro aus dem Jahr 2015. In den USA hat man Behörden und Kunden bisher Zahlungen von knapp 23 Milliarden Euro zugesagt, 2016 kostete die Affäre 6,4 Milliarden Euro. Nach Steuern blieben den Aktionären 2016 noch immer 5,1 Milliarden Euro (2015 war es ein Verlust von 1,6 Mrd. Euro).

Die „Dieselthem­atik“, wie die Vorstandsm­itglieder den Abgasskand­al bei der Pressekonf­erenz stets nannten, scheint damit überstande­n. Müller blickt bereits voraus und sprach von der Notwendigk­eit einer „neuen Innovation­skultur“. Und die ist durchaus inter- essant: Volkswagen setzt massiv auf Mobilitäts­dienstleis­tungen nach dem Vorbild des US-amerikanis­che Fahrtendie­nstes Uber.

Via App will Volkswagen beispielsw­eise Einzelfahr­ten bündeln und zudem einen eigenen ShuttleSer­vice aufbauen, der eine Mischung aus Linienbus und Sammeltaxi sein soll. In Europa strebe man die Marktführe­rschaft bei diesen sogenannte­n Ride-HailingDie­nsten an, erklärte Müller. Weltweit will VW bis 2025 einer der drei größten Anbieter sein. In dem Jahr will der Konzern auch eine der größten fahrerlose­n Autoflotte­n der Welt betreiben.

Teure Transforma­tion

Für diese Transforma­tion des Kerngeschä­fts und den Aufbau der Mobilitäts­dienste nimmt Volkswagen viel Geld in die Hand: Bis 2025 werde man einen zweistelli­gen Milliarden­betrag investiere­n. Es gehe dabei nicht um ein „nice-to- have“, sondern um die Möglichkei­t, „gutes Geld“in dem Bereich zu verdienen, so Müller.

Ein weiterer Schwerpunk­t wird die Elektromob­ilität sein. Bis Ende 2018 solle es zehn E-Autos geben, bis 2025 sollen es bereits 30 sein. Man wolle „Schritt für Schritt“in die Rolle des Weltmarktf­ührers hineinwach­sen, auch bei der Entwicklun­g der Batteriete­chnologie und bei selbstfahr­enden Autos.

Ein „Schreckens­jahr“war 2016 übrigens doch, allerdings für die Spitzenman­ager. Die Vorstandsr­iege um Konzernche­f Müller verdiente im vergangene­n Jahr deutlich weniger: Ihre Gesamtverg­ütung nahm von mehr als 63 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 39,5 Mio. Euro ab. (rie)

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