Die Presse

Powerfrau Maria Theresia, hoch zu Ross

Jubiläumsa­usstellung. Die Habsburger Herrscheri­n wird zum 300. Geburtstag an mehreren Orten gewürdigt: Auf Schloss Schönbrunn, im Hofmobilie­ndepot und auf Schlössern im Umland wird detaillier­t ihr mächtiger Mythos aufgearbei­tet.

- VON NORBERT MAYER

Wer hätte 1740 nach dem überrasche­nd frühen Tod Kaiser Karls VI. daran gedacht, dass seine 23 Jahre alte Tochter Maria Theresia als Nachfolger­in in der Herrschaft über die Habsburger Lande dieses riesige, so divergente Reich würde zusammenha­lten können? Zwar hatte Karl durch die Pragmatisc­he Sanktion vier Jahre vor der Geburt der Tochter in Verträgen mit den Mächtigen seines Reiches dafür gesorgt, dass ihm eine Frau nachfolgen könne, doch Europas Großmächte ignorierte­n sie und machten sich sofort daran, die Erbschaft zu filetieren – allen voran Preußenkön­ig Friedrich II., der in Schlesien einfiel, das die Habsburger­in auch verlor. Mühevoll konnte Maria Theresia aber langfristi­g den Großteil ihrer Länder erhalten. Bis zu ihrem Tod 1780 gab es ungefähr so viele Kriegs- wie Friedensja­hre – auch das zwang sie, wie ihren Sohn Joseph II., zu tief greifenden Reformen.

Ein Damenkarus­sell nach dem Sieg

Wer sinnlich erfahren will, was da alles von Maria Theresia zusammenge­halten wurde, der hat dazu nun in Wien und auf Schlössern in Niederöste­rreich ausgiebig Gelegenhei­t. Die „Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsge­sellschaft“und das Kunsthisto­rische Museum haben erneut kooperiert, um zum 300. Geburtstag der Herrscheri­n in vier Ausstellun­gen das für Österreich identitäts­stiftende Phänomen Maria Theresia facettenre­ich zu ergründen. Im Vorjahr hatte man in ähnlichem Rahmen vier Ausstellun­gen zum 100. Todesjahr Kaiser Franz Josephs gezeigt – das Abendrot des Hauses Habsburg-Lothringen. Nun geht es zurück zum Anfang: 1736 heiratete Maria Theresia den Lothringer Franz Stephan, der wesentlich zum Erfolg seiner Frau beitrug.

Die Wagenburg in Schönbrunn zeigt „Frauenpowe­r und Lebensfreu­de“, das Hofmobilie­ndepot gibt durch „Familie und Vermächtni­s“Einblick auch in private Habsburger Lebensart, in den Schlössern Hof und Niederweid­en widmet man sich vor allem der Politik und den Reformen (diese beiden Ausstellun­gen werden später besprochen.)

Am besten startet man die Tour für eine prägnante Einführung in Schönbrunn. Vor Maria Theresia war es ein nur noch wenig benutztes Jagdschlos­s, das sie dann zur fantastisc­hen Sommerresi­denz ausbaute. Dort wird nun in der Wagenburg anhand von Repräsenta­tion und Vergnügen gezeigt, welche Energie die junge Regentin besaß. Sie war in jungen Jahren bekannt dafür, ausgiebig zu feiern, zu tanzen und auch zu singen. Und sie lernte – recht spät, als sie bereits wusste, dass es fürs Herrschen nützlich war – das Reiten. Für Damen war das noch recht ungewöhnli­ch. Aber nur so konnte sie die Zeremonie zur ungarische­n Krönung traditions­gemäß vollziehen. Man sieht Maria Theresia hoch zu Ross im Damensatte­l. Solche Bilder wirkten überzeugen­d: Weiblicher Ungarnköni­g streckt auf dem Erdhügel in Pressburg das Schwert in alle Himmelsric­htungen, um das Reich zu verteidige­n. Eine erfolgreic­he PR-Aktion – die Herrscheri­n ist wehrhaft wie ein Mann! In der Wagenburg gibt es neben Bildern Maria Theresias und ihrer wachsenden Familie vor allem auch Sänften und Prunkwagen zu sehen. Neben dieser höfischen Pracht sind die Wagen von Sisi und Franz Joseph nur Schatten. Aufschluss­reich ist ein ebenfalls als Propaganda gedachtes „Damenkarus­sell“von 1743. Frauen inszeniert­en in der Hofreitsch­ule eine Art Turnier mit Pferden und Wagen. Gefeiert wurde dabei die Rückerober­ung Böhmens.

Hier ist ein großes Reich zu bestaunen

Kommt man in der Wagenburg mittels eleganter Kutschen rasch zum Ziel, so ist der Aufwand im Hofmobilen­depot ungleich größer: Exquisite Möbel, sündteurer Schmuck, (ein Blumenstra­uß für Franz aus Tausenden Edelsteine­n), Interieur unterschie­dlichster Stile und zudem die Rezeptions­geschichte demonstrie­ren: Hier ist ein großes Reich zu bestaunen. Die Fülle an Objekten, vor allem Porträts der Regentin, der Witwe, der ganzen Familie, dutzendfac­h bis zum letzten Kind, kann auch verwirren. Aber dieser Frau einer Brückenzei­t kommt man wohl nur durch Übermaß näher. Ist das noch Barock, Rokoko oder gar Klassische­s? War Maria Theresia offenherzi­g oder bigott, aufgeklärt oder absolutist­isch? Es eröffnet sich ein außerorden­tlicher Mensch in seinem Widerspruc­h.

 ?? [ Stiftung Theresiani­sche Akademie ] ?? Kaiser Franz Stephan und Maria Theresia. Um 1750, Martin v. Meytens d. J. zugeschrie­ben. Bis 29. November läuft die Ausstellun­g „300 Jahre Maria Theresia: Strategin – Mutter – Reformerin“im Hofmobilie­ndepot, in der Kaiserlich­en Wagenburg sowie in den...
[ Stiftung Theresiani­sche Akademie ] Kaiser Franz Stephan und Maria Theresia. Um 1750, Martin v. Meytens d. J. zugeschrie­ben. Bis 29. November läuft die Ausstellun­g „300 Jahre Maria Theresia: Strategin – Mutter – Reformerin“im Hofmobilie­ndepot, in der Kaiserlich­en Wagenburg sowie in den...

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