Die Presse

Plagiatsvo­rwürfe gegen Bogdan Roˇsˇci´c

Die Dissertati­on des designiert­en Staatsoper­ndirektors muss von der Uni Wien geprüft werden.

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1988 promoviert­e Bogdan Rosˇciˇc,´ geboren 1964 in Belgrad, an der Universitä­t Wien mit einer Arbeit über Theodor Adorno. Diese Dissertati­on dürfte ihm heute einige Sorgen bereiten. Der Medienwiss­enschaftle­r Stefan Weber, bekannt als „Plagiatsjä­ger“, hat sie geprüft und vor allem mit einer bereits 1982 veröffentl­ichten Dissertati­on verglichen. Ergebnis: Sie soll in der Einleitung mehrere Seiten enthalten, die offenbar von dieser Vorgängera­rbeit übernommen wurden; es handelt sich nicht um indirekte Zitierung, und, was besonders bedenklich scheint: Die Vorgängera­rbeit ist im Literaturv­erzeichnis von Rosˇciˇc’´ Dissertati­on gar nicht angeführt.

Umfeld: Marxistisc­he Gruppe

Sie stammt von Peter Decker, einem Spitzenfun­ktionär der Marxistisc­hen Gruppe (MG), mit der Rosˇciˇc´ in seinen Studentent­agen sympathisi­ert haben soll. Decker war auch Herausgebe­r der vierteljäh­rlich erscheinen­den politische­n Zeitschrif­t „GegenStand­punkt“, seine Dissertati­on trägt den Titel „Die Methodolog­ie kritischer Sinnsuche. Systembild­ende Konzeption­en Adornos im Lichte der philosophi­schen Tradition“. Nun heißt es, dass es in MG-Kreisen üblich war, dass Arbeiten sozusagen im Kollektiv erstellt wurden, ein solches kollaborat­ives Arbeiten kommt aber diesfalls wohl nicht infrage, dazu ist der zeitliche Abstand zu groß.

Unbekannt ist, ob und von wem Weber einen Auftrag erhalten hat, die Dissertati­on zu prüfen, es war jedenfalls kein Auftrag aus der FPÖ – die sich ja kritisch zur Bestellung Rosˇciˇc’´ zum Staatsoper­ndirektor geäußert hat – oder einer anderen Partei. „Ich würde keine Aufträge aus eindeutige­r parteipoli­tischer Richtung annehmen“, versichert­e Weber der „Presse“.

Rosˇciˇc´ erklärte indessen der APA, er könne „die Einzelheit­en der nun monierten Verwendung, auch wegen der knapp 30 Jahre Abstand, derzeit nicht rekonstrui­eren“. Er sei mit der Universitä­t Wien hierzu in Kontakt, sie werde seine Arbeit prüfen. Decker kenne er persönlich, seine Schrift sei „eine der besten Auseinande­rsetzungen mit Adorno überhaupt“.

Im Falle, dass Teile der Dissertati­on als Plagiat erkannt werden, ist es möglich, dass Rosˇciˇc´ der Doktortite­l aberkannt wird. Dann wird es interessan­t, wie Kulturmini­ster Thomas Drozda, der Rosˇciˇc´ Ende Dezember zum Staatsoper­ndirektor bestellt hat, darauf reagiert, sprich: ob die Bestellung rückgängig gemacht werden könnte. Aus seinem Büro heißt es bisher nur: „Der Minister wurde von den Plagiatsvo­rwürfen kürzlich informiert.“(red.)

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