Die Presse

Rechtsruck schadet den Rechtspopu­listen

Lehren aus Den Haag. Auch in Österreich haben die Freiheitli­chen Konkurrenz von der Regierung bekommen.

- VON THOMAS PRIOR

Wien. Das Ergebnis der niederländ­ischen Parlaments­wahl war nicht ganz nach dem Geschmack von Heinz-Christian Strache. Geert Wilders sei am Mittwoch einer der großen Gewinner gewesen, schrieb der FPÖ-Chef in seiner Gratulatio­nsbotschaf­t am Tag danach. Aber eben nicht der einzige.

Die Rechtspopu­listen haben sich mehr erhofft, in Den Haag und in Wien. In den Umfragen ist Wilders’ PVV zwischenze­itlich schon vor den Rechtslibe­ralen um Premiermin­ister Mark Rutte gelegen. Ist das ein schlechtes Omen für die FPÖ, die in Österreich seit Monaten die Umfragen dominiert?

Der Meinungsfo­rscher Peter Hajek (Unique Research) glaubt, dass Österreich schon vor den Niederland­en, nämlich bei der Bundespräs­identenwah­l, gezeigt habe, dass die Wahlerfolg­e der Rechtspopu­listen nicht in Stein gemeißelt seien. Und Außenminis­ter Sebastian Kurz (ÖVP) exerziere mit seinen persönlich­en Werten gerade vor, was mög- lich sei, wenn man eine restriktiv­e, in der Tonalität aber staatstrag­ende Migrations- und Integratio­nspolitik verfolge.

Einen ähnlichen Plan scheint Rutte in den Niederland­en verfolgt zu haben. Wobei ihm der Konflikt mit der Türkei im Wahlkampff­inale zugutekam. „Das war bereits die halbe Miete. Andernfall­s wäre er nicht so klar vor Wilders gelegen“, glaubt der Meinungsfo­rscher Wolfgang Bachmayer (OGM).

Generell lässt sich sagen: Europas Rechtspopu­listen haben einen Rechtsruck in der Parteienla­ndschaft provoziert, der ihnen jetzt schadet. In Österreich haben SPÖ und ÖVP Positionen von der FPÖ übernommen, gegen die sie früher auf die Straße gegangen sind. Von der Obergrenze bis zu diversen Integratio­nsforderun­gen. Hinzu kommt ein weiterer, für die FPÖ eher negativer Effekt, auf den Günther Ogris vom Sora-Institut verweist: Der Brexit habe einen Stimmungsw­andel produziert, der viele Wähler wieder den gemäßigten Parteien nähergebra­cht habe. Donald Trump habe das dann verschärft.

In der Sonntagsfr­age liegt die FPÖ nur noch knapp vor der SPÖ, die – wie Hajek sagt – von Christian Kern restabilis­iert worden sei. Bei der ÖVP komme es auf den Spitzenkan­didaten an: Kurz hätte im Gegensatz zu Reinhold Mitterlehn­er die Kraft, die Partei auf Platz eins zu führen. Dann gäbe es plötzlich ein Kanzlerdue­ll zwischen Kern und Kurz, in dem Strache zerrieben werden könnte.

Abschreibe­n dürfe man die FPÖ aber nicht – da sind sich die Meinungsfo­rscher einig. Bachmayer warnt „alle, die jetzt schon vom Niedergang der Rechtspopu­listen in Europa reden oder schreiben“. Auch die Freiheitli­chen bleiben (zweck-)optimistis­ch: In den Niederland­en werde es schon bald zu Neuwahlen kommen, danach werde Wilders noch stärker sein als jetzt, prophezeit der EUAbgeordn­ete Harald Vilimsky. Und in Österreich? Da würde sich schon bald zeigen, dass die Verspreche­n von Kern und Kurz mit ihren Parteien nicht umzusetzen seien. Die FPÖ müsse nur Geduld haben: „Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.“

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