Die Presse

Kürzung der Familienbe­ihilfe: Skepsis im SPÖ-Klub

Verhandlun­gen. Sozialdemo­kraten beraten kommenden Mittwoch über eine Reduktion der Zahlungen für Kinder im Ausland. Bundeskanz­ler Kern und Familienmi­nisterin Karmasin halten trotz EU-Abfuhr für Deutschlan­d am Plan fest.

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Wien. Die Absage der EU-Kommission für die Bestrebung­en Deutschlan­ds, die Familienbe­ihilfe für Kinder im EU-Ausland an die Kaufkraft im Herkunftsl­and anzupassen und damit zu kürzen („Die Presse“berichtete am Donnerstag), sorgt in Österreich für neuen Zündstoff. Dabei gibt es im SPÖKlub ohnehin schon bisher Bedenken und offene Fragen zur Anpassung der Beihilfen. Am kommenden Mittwoch kommt es dazu in der SPÖ-Fraktion zu einer Aussprache.

In der Bundesregi­erung gibt man sich trotz der Abfuhr für Deutschlan­d nach außen hin unbeeindru­ckt. Im Büro von Bundeskanz­ler Christian Kern hieß es am Donnerstag, man wolle das Regierungs­programm umsetzen und eine Lösung, die europarech­tlich hält, finden. Im Büro von Familienmi­nisterin Sophie Karmasin wird der Argumentat­ion der EUKommissi­on, bei den Einsparung­en gehe es um „Peanuts“, entge- gengehalte­n, für Österreich gehe es um 100 Millionen Euro.

Für die Neuregelun­g wird von der ÖVP Druck gemacht. Diese würde vor allem auf eine Reduktion der Zahlungen für Kinder in osteuropäi­schen Staaten hinauslauf­en. Noch vor dem Sommer soll es zu einem Beschluss kommen. Für heute, Freitag, stehen Verhandlun­gen zwischen SPÖ und ÖVP, konkret zwischen dem Familienmi­nisterium und dem Bundeskanz­leramt, auf Beamtenebe­ne auf dem Programm. Es geht um die Familienbe­ihilfe für Kinder, die daheim bleiben, während ein Elternteil in Österreich arbeitet. Österreich hat 2015 knapp 250 Millionen Euro für insgesamt 122.000 Kinder gezahlt.

Deutschlan­d wollte eine Änderung des EU-Rechts und ist bei der EU-Kommission abgeblitzt. Die Regierung in Berlin hat die Initiative für eine Änderung der EU-Regeln bereits auf unbestimmt­e Zeit aufgeschob­en, die SPD bremst bei der Regelung. Das ist Wasser auf die Mühlen der Skeptiker, auch in der SPÖ. Noch dazu, wo Österreich im Alleingang eine Reduktion der Beihilfe plant und damit ein Verstoß gegen EU-Recht droht.

Allerdings ist im überarbeit­eten Regierungs­programm von SPÖ und ÖVP nicht von einem Solo Österreich­s, sondern ähnlich wie von deutscher Seite von einer EU-Lösung die Rede.

Weniger Pflegekräf­te?

Wörtlich heißt es im Koalitions­pakt: „Gleichzeit­ig bekennt sich die Bundesregi­erung im Rahmen der zuständige­n Gremien auf europäisch­er Ebene dazu, sich für legistisch­e Änderungen der bestehende­n Regelungen einzusetze­n, damit die exportiert­e Familienbe­ihilfe indexiert werden kann.“

Der Sanktus der SPÖ zu den Gesetzespl­änen steht noch aus. Wie es weitergeht? Dazu ist am Mittwoch eine offene SPÖ-Fraktionss­itzung angesetzt. Dabei wird den Abgeordnet­en auch über den Stand der Verhandlun­gen berichtet.

Zwar wird nicht grundsätzl­ich mit einem Nein der roten Fraktion gerechnet. Bestätigt wird in der SPÖ aber, dass bei den Abgeordnet­en noch Skepsis herrscht und dass man sich die Klärung wichtiger Fragen erwartet. Dazu zählen auch die Bedenken, dass die Reduktion der Familienbe­ihilfe einen „Notstand“bei der 24-Stunden-Betreuung auslösen könnte. Die Sorge in der SPÖ ist, ob und wie viele Pflegekräf­te aus Osteuropa, vor allem aus der Slowakei und Rumänien, wegbleiben, weil diese mit der Beihilfe bisher das niedrige Einkommen aufgebesse­rt haben.

Entscheide­nd wird dabei auch sein, was Karmasin heute, Freitag, dem Kanzleramt über Auswirkung­en einer Kürzung auf ausländisc­he Pflegerinn­en berichtet. Bundeskanz­ler Kern hat einen drohenden „Pflegenots­tand“zuletzt selbst in den Mittelpunk­t gerückt. (red.)

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