Die Presse

BZÖ-Broschüre: Vier Mal schuldig

Justiz. Bedingte Haftstrafe für Ex-Landeshaup­tmann Dörfler.

- VON MARTIN FRITZL

Wien/Klagenfurt. Alle vier Angeklagte­n sind in der Affäre um die BZÖWahlbro­schüre zu bedingten Haftbzw. zu Geldstrafe­n verurteilt worden. Stefan Petzner, einstiger BZÖWahlkam­pfleiter, erhielt zehn Monate bedingt, Landesrat Harald Dobernig vier Monate. Beide hatten sich im Prozess schuldig bekannt. Aber auch der frühere Kärntner Landeshaup­tmann Gerhard Dörfler und sein Stellvertr­eter Uwe Scheuch, die eine Beteiligun­g bestritten hatten, wurden verurteilt. Scheuch zu einer Geldstrafe von 22.000 Euro, Dörfler zu 15.000 Euro plus einer bedingten Freiheitss­trafe von acht Monaten.

Dörfler wurde auch der Vorteilsan­nahme für schuldig befunden, er hatte von einer Baufirma ein Sponsoring gefordert.

Geringe Glaubwürdi­gkeit

Richter Christian Liebhauser-Karl sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte­n gewusst hatten, dass öffentlich­es Geld für die Wahlwerbun­g des BZÖ aufgewende­t wurde. Er attestiert­e den Angeklagte­n eine geringe Glaubwürdi­gkeit, weil sie – mit Ausnahme von Petzner – bis Prozessbeg­inn die Behauptung aufrechter­halten hatten, es sei von Anfang an geplant gewesen, dass das BZÖ die Broschüre bezahlt.

Entscheide­nd für die Verurteilu­ng war ausgerechn­et die Aussage des früheren Parteichef­s Kurt Scheuch – er ist der Bruder des angeklagte­n Uwe Scheuch –, der ausgesagt hatte, über die Broschüre sei im „kleinen Präsidium“der Partei gesprochen worden.

Bei der Strafhöhe kam den Angeklagte­n zugute, dass der Strafrahme­n, der zum Tatzeitpun­kt noch ein bis zehn Jahre betragen hatte, inzwischen auf drei Jahre reduziert wurde. Den Schaden bezifferte der Richter mit 186.000 Euro. Da droht den Angeklagte­n noch Ungemach: Die Landesimmo­biliengese­llschaft hat sich dem Prozess als Privatbete­iligte angeschlos­sen und will nun das Geld zurückford­ern.

Petzner und Dobernig haben das Urteil angenommen, Scheuch hat sich Bedenkzeit erbeten, und Dörfler hat Berufung und Nichtigkei­tsbeschwer­de angekündig­t. Die Urteile sind damit nicht rechtskräf­tig.

Für Gerhard Dörfler ist die Angelegenh­eit jedenfalls noch nicht erledigt: Der im Prozess aufgetauch­te Verdacht, der Straßenbau­referent habe die Umreihung von Bietern angeordnet, damit politisch genehme Baufirmen zum Zug kommen, wurde ausgeschie­den. Die Staatsanwa­ltschaft startet neue Ermittlung­en und hat schon angekündig­t, sämtliche Auftragsve­rgaben in der Ära Dörfler zu untersuche­n. Dabei handelt es sich um mehrere Tausend Bauvorhabe­n. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue, der Strafrahme­n beträgt in dem Fall bis zu zehn Jahre Haft.

Auch andere Politproze­sse könnten in Kärnten demnächst bevorstehe­n. So hat die Staatsanwa­lt- schaft die Aufhebung der Immunität des freiheitli­chen Klubchefs Christian Leyroutz beantragt. Ihm wird vorgeworfe­n, in seiner Funktion als Aufsichtsr­atschef der Klagenfurt­er Stadtwerke das Unternehme­n gleichzeit­ig beraten und überhöhte Honorare in Rechnung gestellt zu haben. Der Schaden soll in dem Fall 130.000 Euro betragen.

Anklage gegen Peter Kaiser?

Und in der Top-Team-Affäre zitiert die „Kronen Zeitung“aus einem Bericht der Korruption­sermittler, wonach der Untreuever­dacht gegen Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) als „begründet“angesehen werde. Ob Staatsanwa­ltschaft und Justizmini­sterium sich für eine Anklage entscheide­n, ist offen. Kaiser hat für diesen Fall seinen Rücktritt angekündig­t.

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