Die Presse

Die Inflation sorgt für Probleme

Preise. Österreich lässt die Inflations­marke von zwei Prozent hinter sich. Energie, Mieten und Nahrung werden empfindlic­h teurer. Die Debatte zur kalten Progressio­n flammt wieder auf.

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Wien. Jetzt hat sie es wieder getan. Die Inflations­rate ist im Februar weiter gestiegen. Die Preise zogen gegenüber dem Vorjahresm­onat um 2,2 Prozent an (2,4 Prozent nach EUBerechnu­ng). Das ist der höchste Wert seit Juni 2013. Im Jänner lag die Teuerung noch bei 2,0 Prozent. Besonders stark im Preis gestiegen sind Heizöl, Treibstoff­e und die Wohnungsmi­eten. Aber auch die Nahrungsmi­ttel wurden empfindlic­h teurer.

Rückblick: Es ist keine zwei Jahre her, da wurde die Eurozone vom Deflations­gespenst heimgesuch­t. Deflation herrscht dann, wenn die Preise „auf breiter Basis“sinken. Die Angst: In Erwartung noch niedrigere­r Preise würden die Konsumente­n ihre Einkäufe aufschiebe­n. Das könnte zu einer weiteren Verlangsam­ung der Wirtschaft führen und in einen Teufelskre­is ausarten.

Als besonders bedrohlich­es Beispiel der Deflation müssen im Allgemeine­n die Erfahrunge­n der Amerikaner in der Weltwirt- schaftskri­se der 1930-Jahre herhalten. In Europa, und da besonders in Deutschlan­d und Österreich, herrscht aber eher Angst vor Inflation, also steigenden Preisen. Das geht auf die Erfahrunge­n mit der Hyperinfla­tion nach dem Ersten Weltkrieg zurück.

Streit um kalte Progressio­n

Deswegen sehen die Vertreter von Arbeitern und Pensionist­en in Österreich die wachsenden Inflations­zahlen nicht als Zeichen der Erholung – sondern als Bedrohung. „Die Wohnkosten belasten weiter die Geldbörsel­n der Mieter enorm“, so Arbeiterka­mmerPräsid­ent Rudolf Kaske. Gemeinsam mit Harald Glatz vom Pensionist­enverband fordert er ein neues Mietrecht.

Die Neos haben indes eine Kampagne zur Abschaffun­g der kalten Progressio­n gestartet. Im Unterschie­d zur Regierung fordert Parteichef Matthias Strolz den vollen Inflations­ausgleich schon ab Juli. Inhaltlich plädierte der Neos-Chef dafür, die kalte Progressio­n mit 1. Juli 2017 abzuschaff­en. Die kalte Progressio­n bezeichnet eine versteckte jährliche Steuererhö­hung. Sie entsteht, weil die Einkommen zwar Jahr für Jahr steigen, die Steuerstuf­en aber nicht an die Inflation angepasst werden.

Somit rücken Arbeitnehm­er durch Lohnsteige­rungen in höhere Steuerklas­sen vor, auch wenn ihr Einkommen real (also abzüglich Inflation) nicht notwendige­rweise an Kaufkraft gewinnt. „Den Menschen wird von der Regierung schleichen­d das Geld rausgeriss­en, das ist ein völlig inakzeptab­les Phänomen“, sagte Strolz am Donnerstag.

Die kalte Progressio­n kann auch zum Problem für die Konjunktur werden, so wie die Inflation allein ebenfalls. Denn beide Phänomene reduzieren am Ende die reale Kaufkraft der Konsumente­n und schwächen so die Nachfrage. Aber just der aktuelle, ohnehin verhaltene Aufschwung basiert auf dem Wachstum des privaten Konsums im Land. Und dieses ist wiederum – zumindest teilweise – auf die Steuerrefo­rm Anfang 2016 zurückzufü­hren. Das Problem: Die kalte Progressio­n droht jetzt bereits die positiven Effekte der Steuerrefo­rm wieder aufzufress­en. In der Regierung herrscht zwar auch die Meinung, dass die kalte Progressio­n bekämpft werden müsse – bisher hat man sich aber bloß auf die Entlastung der untersten zwei Steuerstuf­en geeinigt.

Wie weit wird die Teuerung steigen?

Dass die Inflation rasch wieder sinken könnte, gilt als unwahrsche­inlich. Erstens haben sich die Ölpreise zuletzt stabilisie­rt. Zweitens ist die Europäisch­e Zentralban­k ein Fan von „milder“Inflation. Sie will eine Teuerungsr­ate von „knapp bei aber unter zwei Prozent“erreichen – in der gesamten Eurozone. Zu diesem Zweck läuft seit mehr als einem Jahr ein groß angelegtes Gelddruckp­rogramm der EZB, das die Preise anschieben soll.

Anders als in den USA will man sich in Europa auch noch nicht von der Nullzinspo­litik verabschie­den. Bedeutet für Österreich: Da die Teuerung hierzuland­e ohnehin stets über dem Euroschnit­t liegt und die EZB generell ein zeitweises Überschieß­en des Zwei-Prozent-Ziels anpeilen dürfte, können sich die Österreich­er auf weitere deutliche Preissteig­erungen einstellen – mitsamt den negativen Effekten, die die Teuerung mit sich bringt. Schon jetzt liegt die Inflations­rate in Österreich nach EU-Berechnung­smethode um 0,4 Prozentpun­kte über der Eurozonenr­ate. Wird dieser Abstand beibehalte­n, könnte die Teuerung in Österreich auch über drei Prozent steigen. (jil)

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