Die Presse

Schwierige Zeiten für Stiftungen

Langsam schleicht sich bei den heimischen Stiftungen der Generation­swechsel ein. Das bringt neue Herausford­erungen für die Unternehme­rfamilie wie auch für den Stiftungsv­orstand.

- VON HANS PLEININGER

Wien. „Aus erbrechtli­cher Überlegung ist eine Stiftung nicht schlecht. Steuerlich ist es heute aber kein Vorteil mehr“, fasst BDO-Partner und Stiftungse­xperte Berndt Zinnöcker das Dilemma der Österreich­ischen Stifter zusammen. Denn die überwiegen­de Zahl der rund 3100 heimischen Stiftungen wurde vor dem Jahr 2000 errichtet – als Stiften steuerlich sehr attraktiv war.

Seither sind rund 15 Gesetzesno­vellen über die Stifter hereingebr­ochen. Viele würden heute gern ihre Stiftung wieder auflösen. „Sie sind aber in der Mausefalle gefangen und kommen nicht heraus“, sagt Zinnöcker. Mit der Auflösung würden 27,5 Prozent KESt aufs Stiftungsv­ermögen fällig – und das ist für viele Unternehme­r untragbar oder auch unbezahlba­r.

„Will wer stärkeren Einfluss und Kontrolle? Da gibt es Möglichkei­ten“, betont Zinnöcker, der generell rät, in regelmäßig­en Abständen die Stiftungsu­rkunde „auf Änderungen in der Rechtsprec­hung zu evaluieren – mindestens jedoch alle fünf Jahre“. Vor allem: Jetzt leben die meisten Stifter noch – und wenn sie das Änderungsr­echt haben, kann man noch viel bewirken.

Es kommen auch neue Herausford­erungen auf die Stiftungen und deren Unternehme­rfamilien zu. „Wir merken, der Generation­swechsel ist im Gang“, sagt Zinnöcker. Einerseits muss der Vorstand neu besetzt werden, anderersei­ts wird die Rolle des Stiftungsv­orstands neu gesehen: „Als profession­elle Aufgabe“, sagt der BDO-Stiftungse­xperte. Früher sei es oft ein „Freundscha­ftsdienst“gewesen, ein Stiftungsm­andat zu übernehmen. „Da sind viele aufgewacht.“

Strengere Judikatur

Durch die governance-mäßige Verschärfu­ng ist ein Stiftungsm­andat auch viel mehr Arbeit wie früher. „Man muss Entscheidu­ngen heute besser dokumentie­ren, sonst kann man in eine schwere Haftungsfa­lle tappen“, warnt Zinnöcker. „Die Judikatur hat sich in den vergangene­n fünf Jahren verschärft. Sie wird bis zu den Stiftungen hinauf exeku- tiert, und Vorstände werden in die Pflicht genommen.

Zinnöcker glaubt, dass es durch die gestiegene Verantwort­ung und die Haftungsri­sken künftig zunehmend schwierige­r sein wird, Stiftungsv­orstände zu finden. „Es wird ähnlich wie die Bestellung der Aufsichtsr­äte werden.“Dort muss jetzt schon fix ein Finanzexpe­rte sein. Der Gesetzgebe­r sieht auch vor, dass ein Aufsichtsr­atsmitglie­d Branchener­fahrung aufweisen muss. „Bei einer Mindestzah­l von drei sind so schon zwei vorgezeich­net“, sagt Zinnöcker. Als Dritter tue ein Anwalt nicht schlecht. „Jedenfalls wird es immer wichtiger, ein gemischtes Set-up zu haben“, betont der Experte – auch bei Stiftungen.

„Einige Stifter gehen bereits gezielter vor, die Mandatsträ­ger auszuwähle­n“, sagt Zinnöcker. Die Stifter laden sich dazu, in Headhunter­manier, mehrere Leute ein.

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[ Peroutka ] BDO-Partner Berndt Zinnöcker: „Einige Stifter gehen bereits gezielter vor, die Mandatsträ­ger auszuwähle­n.“

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