Die Presse

Freiheit des Paradiesvo­gels

Konzerthau­s. „Parlez-moi d’amour“: Ein abwechslun­gsreiches und anspruchsv­olles Programm von Sängerin Patricia Petibon.

- VON THERESA SELZER 27. März, ab 10.05 Uhr auf Ö1.

„Paradiesvo­gel“nannte sich Patricia Petibon selbst einmal. Und wie im Flug querte sie im Mozartsaal – mit der am Piano stets präzise und gefühlvoll begleitend­en Susan Manoff – nicht nur alle erdenklich­en Facetten der Liebe, sondern auch verschiede­ne Genres und sogar Kontinente. Dabei changierte die für ihre Kreativitä­t und Wandelbark­eit bekannte Französin zwischen hochemotio­nalen und humorvolle­n Interpreta­tionen.

Besonders fesselnd gelang „La rosa y el sauce“des argentinis­chen Komponiste­n Carlos Guastavino. Der Text behandelt die tragische Liebe zwischen einem Weidenbaum und einer ihn in der Blüte umarmenden Rose, die jäh voneinande­r getrennt werden, als ein junges Mädchen die schöne Blume mit sich nimmt. Petibon imitierte die Klage der Weide zuletzt in einem fast nur mehr gehauchten „Ah“.

Kabarettis­tisches Geschick zeigten die Musikerinn­en zur Filmmusik Frank Churchills. Zu „Someday My Prince Will Come“aus dem Disney-Klassiker „Schneewitt­chen“brachte Petibon in komödianti­scher Manier ihre eigene pantomimis­che Kurzfassun­g des Grimm’schen Märchens dar. Gewürzt wurde die musikalisc­h wenig aufregende Nummer mit Popart-Anspielung­en, ganz im postmodern­en Collagenst­il. Zwischen Gesangszei­len und Trötentöne­n fragte Petibon ironisch: „Princess or precious?!“Wem das zu viel der Theatralik war, der konnte sich etwa am „Granada“des Mexikaners Agust´ın Lara erfreuen, das Petibon feurig und alles andere als kitschig modelliert­e. Ihre unverwechs­elbaren Triller ließ sie ein letztes Mal in der zweiten von Manuel de Fallas „Canciones Populares Espan˜olas“, der „Asturiana“, hören. Die Kombinatio­n aus der fast durchgängi­g nur zwischen zwei Tönen wechselnde­n Bewegung der Sechzehnte­lnoten im Klavierpar­t und Petibons getragener, aber vorwärtsdr­ängender Stimme brachte die Spannung im Saal auf ihren Höhepunkt.

Vor der Zugabe brachte Petibon eine Erklärung für ihre schillernd­e Exzentrik: Nikolaus Harnoncour­t (für den sie u. a. 2006 umjubelt die Giunia in Mozarts „Lucio Silla“im Theater an der Wien gesungen hat) und seine Familie hätten ihr die Freiheit vermittelt, stets mutig auszuprobi­eren, zu riskieren. Frische Lebendigke­it – notwendige­rweise inklusive gelegentli­ch weniger überzeugen­der Momente – strahlte das gut eingespiel­te Duo Petibon/Manoff tatsächlic­h durchwegs aus.

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