„Mia san mia“und Fußball ist das höchste Gut
Champions League. Karl-Heinz Rummenigge, 61, sieht Bayern auf der Erfolgsspur. Der Vorstandsvorsitzende schwärmt vom Viertelfinalschlager gegen Real Madrid, der Globalisierung seines Klubs, den Titelträumen – und er warnt Dietrich Mateschitz.
München. Fußball war, als er noch selbst gespielt hat, Liebhaberei, sagt Karl-Heinz Rummenigge. In der Gegenwart hat er eine Verwandlung vollzogen, jetzt ist es noch immer ein wunderschönes Spiel, aber millionenschwer. Der FC Bayern, dem er als Vorstandsvorsitzender vorsteht, sei „damals ein regionales, ach, ein nationales Phänomen“gewesen. Längst ist der Klub mittlerweile in ganz Europa ein Begriff – und geachtet. Dass man in dieser Saison weiterhin um drei Titel spielt und im Schlager des ChampionsLeague-Viertelfinales auf Real Madrid trifft, ist für ihn besonders aufbauend. Es ist doch der FC Bayern, ein echter „Global Player“.
Jetzt ruft zuerst Europas Königsklasse. Carlo Ancelotti gegen den Ex-Klub, Robben/ Ribery´ gegen Ronaldo: „Das ist ein Klassiker. Das ist das Toplos, das im Topf lag.“Jedoch: Das letzte Duell hatte Real 2014 in überzeugender Manier gewonnen. Die Madrilenen ließen einem 1:0 daheim ein 4:0 in München folgen – es war Bayerns höchste und bisher letzte Heimniederlage im Europacup.
Die Internationalisierung
Es mag auf den ersten Blick durchaus irritieren, dass ein Verein aus München seine Homepage in zwölf Sprachen, neuerdings auch auf Chinesisch, führt. Doch wer Büros in New York oder Shanghai öffnet, müsse auf alles vorbereitet sein. „Wir wollen neue Märkte bespielen, dafür haben wir BayernTV gegründet und Social-Media-Plattformen, forcieren den Online-Store“, erklärte der Europameister von 1980, ehemalige Weltpokal-, zweimalige Europacupsieger und zweimalige deutsche Meister bei einem vom Pay-TV-Sender Sky eingefädelten Treffen im Trainingszentrum an der Säbener Straße. Es gehe doch ums Geschäft.
Um Präsenz zu zeigen und Absätze auf TV- und Merchandisingmärkten zu erhöhen, bestreitet Bayern seit Jahren Trainingslager in Katar oder neuerdings auch Tests in Shanghai. In China spielt der deutsche Rekordmeister im Juli Partien gegen Arsenal und AC Milan, in Singapur warten Chelsea und Inter Mailand, die „Internationalisierung“schreite unaufhaltsam voran. Rummenigge hat daran keinen Zweifel, allerdings eine europäische Superliga komme für ihn nicht infrage. Warum? Es hätte keinen Sinn, es wären nur noch mehr Termine neben Liga, Cup „und der Champions League – sie ist für uns die Kirsche“.
Weil er auch Vorsitzender der European Club Association (ECA) ist, haben seine Worte Gewicht. Dass diese angedachte Eliteliga nicht auf seinem Schreibtisch entworfen wurde, ist offensichtlich. Er sah darin nur die Gefahr einer „Reizüberflutung“, und die gelte es zu vermeiden. Als Beispiel nannte er England, auf der Insel gebe es viel zu viele Bewerbe. Rummenigge ätzte über einen „Milchcup, mit Hin- und Rückspiel“, er grinste. Hauptsache, alles laufe im Live-TV.
Mehr Geld für weniger Teams
Der Trend, dass Großvereine finanziell davonziehen, sei nicht mehr aufzuhalten. „Die Schere ist schon seit dem Bosman-Urteil offen, sie wird nie wieder zugehen.“Und als er bei Größen, Wahn und Aufblähung angekommen war, gab es kein Umhinkommen mehr, mit dem Weltverband Fifa und WMPlänen mit 48 Teams ins Gericht zu gehen. Diese qualitative Verwässerung sei schlecht – für große Nationen und freilich, den Fan.
Rummenigge verstehe aber die Meinung kleiner Länder, also auch die von ÖFB-Präsident Leo Windtner, der diese Expansion begrüße. „Kennen Sie den Unterschied von Qualität und Quantität? Die EM in Frankreich war der Beweis, dass die Gruppenphase ein einziger Irrtum ist, wenn die Albaner eine Woche lang nicht wissen, ob sie sich für das Achtelfinale qualifiziert haben . . .“
Während Bayern international alles daransetze, um bei TV- und Sponsorgeldern („Mehr Geld, bessere Spieler – es wäre naiv, anders zu denken“) aufzuholen, gelte es in der Heimat, die Vormachtstellung zu wahren. Dass mit RB Leipzig ein Konkurrent erwachsen sei, stimmte ihn glücklich. Konkurrenz belebe das Geschäft, wenngleich der Aufsteiger, „das darf man nicht vergessen“, nur deshalb so weit vorn sei, weil er keine Dreifachbelastung habe, nur an Wochenenden spiele. Ob die Rückrunde anders verlaufe für Ralph Hasenhüttl („Macht tollen Job“), bleibe abzuwarten. Rummenigge formulierte es so: Für Bayern sei es der Alltag, zu gewinnen, für Leipzig aber Neuland.
Salzburg oder Leipzig?
In der Frage, ob die Uefa die CL-Teilnahme von Leipzig und Salzburg dulden würde – Artikel 5 untersagt den Start zweier Klubs unter der Führung eines Geldgebers –, hat Rummenigge eine überraschende Antwort parat. „Wie ich Dietrich Mateschitz kenne, wird er eine Lösung haben. Sie könnte darin bestehen, dass er einen Klub veräußert.“Welchen, das ist klar: Salzburg. Roman Abramowitsch beendete übrigens 2004 sein Engagement bei ZSKA Moskau, um Chelseas Europatour nicht zu gefährden. „Eine Lex Mateschitz wird es nicht geben.“
Und jetzt? Im CL-Viertelfinale warten Spitzenspiele, Fußball höchster Güte. Rummenigge sagt, dass nur noch Real im UefaRanking vor den Bayern läge. „Es gilt doch die Regel, dass der Champions-League-Sieger seinen Titel nicht verteidigt, oder?“Also spricht wieder fast alles für „Mia san mia“.
wartet mit zwei Schlagern auf. Titelverteidiger Real Madrid trifft auf Bayern München, Barcelona spielt in der Neuauflage des Finales von 2015 gegen Juventus.
Atletico´ Madrid – Leicester City (Fuchs), Dortmund – Monaco. Hinspiele: 11./12. April.
Schalke (Schöpf, Burgstaller) – Ajax, Anderlecht – Manchester United, Celta Vigo – Genk, Lyon – Besikta¸s.¸