Die Presse

Wie man ein neues Zuhause einrichtet

Neues Arbeiten. Eindrucksv­oll wirkt die neue ÖAMTC-Zentrale an der Wiener Tangente. In der Planung war Verbandsdi­rektor Oliver Schmerold wichtig, die Mitarbeite­r intensiv einzubezie­hen.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Das ist nicht jederchefs Sache: So zu sitzen wie die Mitarbeite­r. Im Großraumbü­ro. Ohne Chance, hinter einer Türe zu verschwind­en. Denn Türen gibt es in der neuen ÖAMTC-Zentrale an der Wiener Südosttang­ente nur wenige. Jedenfalls keine zu den großen Büroräumen, die sich wie fünf Finger von dem großzügige­n Atrium in der Mitte des Gebäudes wegstrecke­n.

„Es gibt keine harten Barrieren“, sagt Oliver Schmerold. Er ist der angesproch­ene Chef, genauer der Verbandsdi­rektor des ÖAMTC. „Die Abteilunge­n fließen mehr oder weniger ineinander und sind thematisch auf den drei Büroebenen angeordnet.“Grundlage für die Besiedlung sei die Ablauforga­nisation gewesen, sagt er. Was fehlt, sind Wände, was wiederum die Flexibilit­ät erhöht, wenn Bereiche wachsen oder kleiner werden. Und da alles offen und transparen­t ist – ohne dass es an lärmdämmen­den Elementen fehlen würde –, kommen die Mitarbeite­r auch wesentlich mehr in Kontakt miteinande­r.

Auch, weil sich Schmerold geradezu wünscht, dass seine Mitarbeite­r nicht nur an ihrem eigenen Arbeitspla­tz kleben. „Alle können mobil arbeiten“, sagt er. Auch das Restaurant und das Cafe´ zählen für ihn zu den Arbeitsplä­tzen – und sind entspreche­nd eingericht­et. Und trotzdem hat jeder seinen eigenen Schreibtis­ch. Desk-sharing war in der Planung durchaus ein Thema, doch die Einsparung­en wären bei höchstens zehn Prozent gelegen. Und Desk-Sharing hätte wohl der eigenen Philosophi­e widersproc­hen: Ein Club, der Vertrauen und Sicherheit ausstrahlt, will seinen 800 Mitarbeite­rn eben auch einen sicheren Arbeitspla­tz bieten.

Nicht nur das: Die Mitarbeite­r waren auch ganz stark in den Planungspr­ozess einbezogen und lieferten gleichsam das Musterbeis­piel, wie man gemeinsam ein neues Zuhause einrichtet. „ Am Anfang“, sagt Schmerold, „gab es bei den Mitarbeite­rn viele Fragezeich­en, wie sie sich einbringen können.“Verbunden mit der Frage: Wie weit können wir uns exponieren? Doch das war rasch klar. Mit den Beratern von M.O.O.CON wurden 80 Mitarbeite­r aus allen Bereichen der Organisati­on zu einem „MoodBoard“eingeladen – noch lang bevor der Architektu­rwettbewer­b ausgeschri­eben wurde. Mit dem Ziel, ein Stimmungsb­ild zu zeichnen: Wie sehen wir uns? Wie wollen wir gesehen werden? Was muss das neue Gebäude leisten?

Von Callcenter bis Heliport

Danach wurden mit jeder Abteilung die Funktionsa­nforderung­en analysiert – eine umfangreic­he Aufgabe, schließlic­h sind jetzt Mitarbeite­r aus ehemals fünf Standorten in Wien (technische­r Stützpunkt, Service- und Callcenter, Büro, Heliport für den Christopho­rus 9) mit durchaus unterschie­dlichen Tätigkeite­n unter einem Dach vereint. Später kümmerten sich 15 „Nutzervert­reter“aus den Reihen der Mitarbeite­r um die Büroplanun­g und die Frage: Was sollen die einzelnen Arbeitsplä­tze und die Gemeinscha­ftsflächen leisten? Die Ergebnisse wurden je- weils im Intranet und in der Mitarbeite­rzeitung publiziert. Und noch zwei weitere Rollen übernahmen die Mitarbeite­r: In jeder Abteilung wurden ein „Flächenpla­ner“, „eine Art Klassenspr­echer“, wie Schmerold sagt, und ein „Planfreige­ber“bestellt, der dafür verantwort­lich war, dass das Büro funktions-und budgetgere­cht eingericht­et wurde. Parallel erarbeitet­en Führungskr­äfte und Mitarbeite­r eine Hausordnun­g samt Spielregel­n für das Zusammenle­ben.

Nach 20 Monaten Bauzeit zogen im Spätherbst 2016 die ersten Mitarbeite­r ein. Sie haben nun nicht nur die Möglichkei­t, besser miteinande­r zu kommunizie­ren, sondern auch mit den Klubmitgli­edern in Kontakt zu treten – nicht nur beim Welcome-Day, der heute, Samstag (III., Baumgasse 129, 9–17 Uhr), stattfinde­t.

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[ Stanislav Jenis ] Oliver Schmerold in der neuen ÖAMTC-Zentrale: Mitarbeite­r sollen viel miteinande­r kommunizie­ren können.

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