Die Presse

Blau steht zwischen Rot und Schwarz

Koalitione­n. Die FPÖ kann sich nicht zwischen Rot-Blau und Schwarz-Blau entscheide­n. Die Debatte wird entlang brisanter Themen geführt: Von Vermögenst­euern bis hin zu einem burgenländ­ischen Gesetz, das die Gatterjagd ab 2023 verbietet.

- VON THOMAS PRIOR

Was Steuern und Gatterjagd mit möglichen Koalitions­partnern der FPÖ zu tun haben.

Wien. Die Zeiten, in denen sich Heinz-Christian Strache regelmäßig beschweren konnte, dass die FPÖ von den anderen Parteien „ausgegrenz­t“werde, sind lange her und fast schon vergessen. Das wechselsei­tige Unglück, als das SPÖ und ÖVP die (ehemals) Große Koalition mittlerwei­le empfinden, und die Schwäche der anderen Opposition­sparteien hat die FPÖ vom einstigen Schmuddelk­ind der Innenpolit­ik zur potenziell­en Partnerin werden lassen, um die es sich zu bemühen gilt. Falls sie nicht ohnehin stärkste Partei wird und den Regierungs­auftrag bekommt.

Diese neue Wahlfreihe­it ist die FPÖ nicht gewohnt. Je näher die Nationalra­tswahl rückt (und möglicherw­eise ist sie schon sehr nahe), desto mehr wird die Partnerwah­l zur Qual. Zumal sich innerhalb der Partei zwei Lager gebildet haben, die über die richtige Richtung debattiere­n, wenn nicht schon streiten: Die einen wollen lieber mit der SPÖ koalieren, die anderen tendieren zur ÖVP.

Linz gegen Eisenstadt

Der Rot-Blau-Block wird von den Burgenländ­ern angeführt, die seit Sommer 2015 auf positive Erfahrungs­werte mit den Sozialdemo­kraten verweisen können. Landeshaup­tmann-Stellvertr­eter Hans Tschürtz ist der Meinung, dass es mit der SPÖ mehr Überschnei­dungen gibt, vor allem in der Sozialund in der Arbeitsmar­ktpolitik. Außerdem habe sich die SPÖ in der Flüchtling­spolitik bewegt – und zwar nach rechts.

Der Schwarz-Blau-Block wiederum, angeführt von den einschlägi­g erfahrenen Oberösterr­ei- chern, die ein enges Verhältnis zur Wirtschaft und zur Industrie im Land pflegen, verfolgt einen wirtschaft­spolitisch­en Schwerpunk­t und glaubt, dass eine Entlastung der Unternehme­n leichter mit der Volksparte­i umzusetzen wäre. Als Referenz dient die schwarz-blaue Koalition in Linz, die im Oktober 2015 gebildet wurde.

Und dann wäre da noch eine Sache, die für Irritation­en gesorgt hat: Im Burgenland wurde vor Kurzem – mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ, Grünen und Bündnis Liste Burgenland – ein neues Jagd- gesetz beschlosse­n, das unter anderem die Gatterjagd ab 2023 verbietet. Das schreckte nicht nur die ÖVP auf, sondern auch Teile der FPÖ, vor allem die oberösterr­eichische Filiale, die etliche Jäger in ihren Reihen hat. Nicht zuletzt den Landespart­eiobmann selbst, Manfred Haimbuchne­r.

Dahinter steht die Befürchtun­g, dass das relativ tierschutz­freundlich­e Jagdgesetz zum Exportschl­ager werden könnte. Dem Vernehmen nach gab es einige Versuche, die burgenländ­ischen Kollegen noch umzustimme­n. Allerdings wird das in Linz bestritten: Man habe zwar über das Verbot der Gatterjagd diskutiert, auch im Nationalra­tsklub. Aber Druck habe man keinen ausgeübt. Man mische sich prinzipiel­l nicht in die Angelegenh­eiten anderer Landespart­eien ein.

Für die SPÖ-Gegner in der FPÖ ist das neue burgenländ­ische Jagdgesetz jedenfalls ein weiteres Argument gegen Rot-Blau und für eine Verbindung mit der ÖVP. Entscheide­nd aber ist, was die Parteispit­ze um Strache und Generalsek­retär Herbert Kickl möchte. Nicht wenige glauben, dass die schwarz- blaue Koalition der Nullerjahr­e, die beinahe zum Ende der FPÖ geführt hätte, eine Art traumatisc­hes Erlebnis für Strache und vor allem Kickl war, weshalb es in der Bundespart­ei eine Präferenz für die SPÖ gebe. Aber bestätigt ist auch das nicht.

Gretchenfr­age Reichenste­uer

Erste Aufschlüss­e könnte das freiheitli­che Wirtschaft­sprogramm geben, das im April präsentier­t werden soll, wahrschein­lich kurz nach Ostern. Der 160 Seiten dicke Erstentwur­f ist fertig, wird aber jetzt intern und danach mit externen Experten diskutiert (Namen werden vorerst keine genannt). Die Gretchenfr­age ist, ob Vermögenst­euern in irgendeine­r Form Eingang in das Programm finden. Das wäre dann wohl ein Zeichen für Rot-Blau. Unwahrsche­inlich, sagt ein Freiheitli­cher, aber nicht ausgeschlo­ssen.

In der SPÖ wiederum ist man überzeugt, dass sich die FPÖ spätestens in Koalitions­verhandlun­gen für Vermögenst­euern erweichen lässt, weil ein Großteil ihrer Klientel dafür sei. Anderersei­ts wollen die Freiheitli­chen auch im bürgerlich­en Lager salonfähig werden. Für diesen Plan wären Vermögenst­euern nicht wirklich förderlich.

Bei den Themen Mindestloh­n, Mindestpen­sion, Arbeitsmar­ktzugang für Osteuropäe­r und Aufwertung der Lehre scheint die FPÖ der SPÖ näher zu sein, bei der Verwaltung­sreform und der Unternehme­rentlastun­g der ÖVP. Beim Steuerwett­bewerb zwischen den Bundesländ­ern, den die Freiheitli­chen angeblich befürworte­n werden, wird man da wie dort Verbündete und Gegner finden. Möglicherw­eise will sich Strache auch beide Optionen möglichst lange offenhalte­n. Signale in alle Richtungen erhöhen die Attraktivi­tät.

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[ APA ] Manfred Haimbuchne­r, FPÖ-Chef in Oberösterr­eich, führt den Schwarz-Blau-Block an. Aber was will Heinz-Christian Strache?

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