Blau steht zwischen Rot und Schwarz
Koalitionen. Die FPÖ kann sich nicht zwischen Rot-Blau und Schwarz-Blau entscheiden. Die Debatte wird entlang brisanter Themen geführt: Von Vermögensteuern bis hin zu einem burgenländischen Gesetz, das die Gatterjagd ab 2023 verbietet.
Was Steuern und Gatterjagd mit möglichen Koalitionspartnern der FPÖ zu tun haben.
Wien. Die Zeiten, in denen sich Heinz-Christian Strache regelmäßig beschweren konnte, dass die FPÖ von den anderen Parteien „ausgegrenzt“werde, sind lange her und fast schon vergessen. Das wechselseitige Unglück, als das SPÖ und ÖVP die (ehemals) Große Koalition mittlerweile empfinden, und die Schwäche der anderen Oppositionsparteien hat die FPÖ vom einstigen Schmuddelkind der Innenpolitik zur potenziellen Partnerin werden lassen, um die es sich zu bemühen gilt. Falls sie nicht ohnehin stärkste Partei wird und den Regierungsauftrag bekommt.
Diese neue Wahlfreiheit ist die FPÖ nicht gewohnt. Je näher die Nationalratswahl rückt (und möglicherweise ist sie schon sehr nahe), desto mehr wird die Partnerwahl zur Qual. Zumal sich innerhalb der Partei zwei Lager gebildet haben, die über die richtige Richtung debattieren, wenn nicht schon streiten: Die einen wollen lieber mit der SPÖ koalieren, die anderen tendieren zur ÖVP.
Linz gegen Eisenstadt
Der Rot-Blau-Block wird von den Burgenländern angeführt, die seit Sommer 2015 auf positive Erfahrungswerte mit den Sozialdemokraten verweisen können. Landeshauptmann-Stellvertreter Hans Tschürtz ist der Meinung, dass es mit der SPÖ mehr Überschneidungen gibt, vor allem in der Sozialund in der Arbeitsmarktpolitik. Außerdem habe sich die SPÖ in der Flüchtlingspolitik bewegt – und zwar nach rechts.
Der Schwarz-Blau-Block wiederum, angeführt von den einschlägig erfahrenen Oberösterrei- chern, die ein enges Verhältnis zur Wirtschaft und zur Industrie im Land pflegen, verfolgt einen wirtschaftspolitischen Schwerpunkt und glaubt, dass eine Entlastung der Unternehmen leichter mit der Volkspartei umzusetzen wäre. Als Referenz dient die schwarz-blaue Koalition in Linz, die im Oktober 2015 gebildet wurde.
Und dann wäre da noch eine Sache, die für Irritationen gesorgt hat: Im Burgenland wurde vor Kurzem – mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ, Grünen und Bündnis Liste Burgenland – ein neues Jagd- gesetz beschlossen, das unter anderem die Gatterjagd ab 2023 verbietet. Das schreckte nicht nur die ÖVP auf, sondern auch Teile der FPÖ, vor allem die oberösterreichische Filiale, die etliche Jäger in ihren Reihen hat. Nicht zuletzt den Landesparteiobmann selbst, Manfred Haimbuchner.
Dahinter steht die Befürchtung, dass das relativ tierschutzfreundliche Jagdgesetz zum Exportschlager werden könnte. Dem Vernehmen nach gab es einige Versuche, die burgenländischen Kollegen noch umzustimmen. Allerdings wird das in Linz bestritten: Man habe zwar über das Verbot der Gatterjagd diskutiert, auch im Nationalratsklub. Aber Druck habe man keinen ausgeübt. Man mische sich prinzipiell nicht in die Angelegenheiten anderer Landesparteien ein.
Für die SPÖ-Gegner in der FPÖ ist das neue burgenländische Jagdgesetz jedenfalls ein weiteres Argument gegen Rot-Blau und für eine Verbindung mit der ÖVP. Entscheidend aber ist, was die Parteispitze um Strache und Generalsekretär Herbert Kickl möchte. Nicht wenige glauben, dass die schwarz- blaue Koalition der Nullerjahre, die beinahe zum Ende der FPÖ geführt hätte, eine Art traumatisches Erlebnis für Strache und vor allem Kickl war, weshalb es in der Bundespartei eine Präferenz für die SPÖ gebe. Aber bestätigt ist auch das nicht.
Gretchenfrage Reichensteuer
Erste Aufschlüsse könnte das freiheitliche Wirtschaftsprogramm geben, das im April präsentiert werden soll, wahrscheinlich kurz nach Ostern. Der 160 Seiten dicke Erstentwurf ist fertig, wird aber jetzt intern und danach mit externen Experten diskutiert (Namen werden vorerst keine genannt). Die Gretchenfrage ist, ob Vermögensteuern in irgendeiner Form Eingang in das Programm finden. Das wäre dann wohl ein Zeichen für Rot-Blau. Unwahrscheinlich, sagt ein Freiheitlicher, aber nicht ausgeschlossen.
In der SPÖ wiederum ist man überzeugt, dass sich die FPÖ spätestens in Koalitionsverhandlungen für Vermögensteuern erweichen lässt, weil ein Großteil ihrer Klientel dafür sei. Andererseits wollen die Freiheitlichen auch im bürgerlichen Lager salonfähig werden. Für diesen Plan wären Vermögensteuern nicht wirklich förderlich.
Bei den Themen Mindestlohn, Mindestpension, Arbeitsmarktzugang für Osteuropäer und Aufwertung der Lehre scheint die FPÖ der SPÖ näher zu sein, bei der Verwaltungsreform und der Unternehmerentlastung der ÖVP. Beim Steuerwettbewerb zwischen den Bundesländern, den die Freiheitlichen angeblich befürworten werden, wird man da wie dort Verbündete und Gegner finden. Möglicherweise will sich Strache auch beide Optionen möglichst lange offenhalten. Signale in alle Richtungen erhöhen die Attraktivität.