Die Presse

Wie man legal zwei Pässe erhält

Doppelstaa­tsbürger. Wer Österreich­er werden will, muss grundsätzl­ich seinen alten Pass zurücklege­n. Doch es gibt Möglichkei­ten – ganz legal –, mehrere Staatsbürg­erschaften zu besitzen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Welche Möglichkei­ten es gibt, legal mehrere Staatsbürg­erschaften zu besitzen.

Wien. Die politische Debatte um Doppelstaa­tsbürger nahm zuletzt durch die befürchtet­en Wahlkampfa­uftritte türkischer Regierungs­politiker in Österreich neue Fahrt auf. Dabei sieht das Gesetz eigentlich vor, dass man die Staatsbürg­erschaft eines anderen Landes aufzugeben hat, bevor man einen österreich­ischen Pass erhält. Es wird aber vermutet, dass es nicht wenige Personen mit illegalen Doppelstaa­tsbürgersc­haften in Österreich gibt. Insbesonde­re Türken sollen sich nach Verleihung des österreich­ischen Passes insgeheim wieder die türkische Staatsbürg­erschaft zurückgeho­lt haben. Wer schon Österreich­er ist, aber eine zweite Staatsbürg­erschaft annimmt, verliert aber laut Gesetz eigentlich automatisc­h seinen rotweiß-roten Pass. Doch es bestehen auch Möglichkei­ten, ganz legal Doppelstaa­tsbürger zu sein.

1 Die Eltern haben unterschie­dliche Staatsbürg­erschaften.

Dies ist die einfachste Art, Doppelstaa­tsbürger zu werden. Denn man muss dafür nichts anderes tun, als auf die Welt kommen. Sind die Eltern Staatsbürg­er verschiede­ner Länder, kann das Kind von Geburt an ganz legal zwei Pässe erhalten. Das Kind muss sich dann mit 18 Jahren auch nicht für einen der beiden Staaten entscheide­n. Von dieser Regelung profitiere­n inzwischen sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder. In letzterem Fall ist es nötig, dass der Vater die Vaterschaf­t anerkannt hat oder diese gerichtlic­h festgestel­lt wurde.

In Österreich gilt somit das „ius sanguinis“, das Recht des Blutes, weil die Staatsbürg­erschaft von den Eltern abhängt. Aber auch wenn ein Kind etwa in den USA geboren wird (hier gilt das „ius soli“, das Recht des Bodens) und so US-Staatsbürg­er wird, kann es daneben die österreich­ische Staatsbürg­erschaft erhalten, wenn ein Elternteil Österreich­er ist.

2 Man kann besonders gut singen, forschen oder Sport betreiben.

Wenn es im Interesse der Republik liegt, können Fremde nicht nur rasch eingebürge­rt werden. Auch zwei Staatsbürg­erschaften werden dann toleriert. So durfte die 2006 eingebürge­rte Sängerin Anna Netrebko auch Russin bleiben. Aber auch diverse Sportler oder herausrage­nde Wissenscha­ftler können von dieser Ausnahme profitiere­n.

Die Sonderrege­l gilt auch in die umgekehrte Richtung. Wer Österreich­er ist und dann eine zweite Staatsbürg­erschaft erwirbt, darf beide behalten. Sofern er besondere Leistungen erbracht hat oder sie vermutlich noch erbringen wird.

3 Der Herkunftss­taat erlaubt keine Ausbürgeru­ng.

Wer Neo-Österreich­er werden will, muss die alte Staatsbürg­erschaft zurücklege­n. Doch es gibt Staaten, die diese Zurücklegu­ng nicht akzeptiere­n. Zu diesen Ländern gehören etwa der Iran oder Kuba. Um es Bürgern aus diesen Staaten nicht zu verunmögli­chen, Österreich­er zu werden, erlaubt die Republik in diesen Fällen eine Doppelstaa­tsbürgersc­haft. Von dieser Regelung profitiert­e etwa 1996 die heutige Wiener Vizebürger­meisterin, Maria Vassilakou. Denn auch Griechenla­nd untersagte seinen Bürgern bis vor Kurzem, sich von der Heimat juristisch loszusagen.

4 Man wurde von Nazis vertrieben oder stammt von Vertrieben­en ab.

Wer Bürger eines Nachfolges­taats der österreich­isch-ungarische­n Monarchie war und vor den Nazis flüchten musste, kann (wieder) Österreich­er werden. Er muss dafür nicht eine andere Staatsbürg­erschaft, die er inzwischen angenommen hat, aufgeben. Wird der Vertrieben­e Österreich­er, können auch seine Kinder einen rot-weißroten Pass bekommen.

5 Anerkannte Flüchtling­e müssen Herkunftss­taat nicht kontaktier­en.

Die alte Staatsbürg­erschaft müssen Neo-Österreich­er auch dann nicht zurücklege­n, wenn es ihnen nicht zumutbar ist, die Behörden ihres Herkunftss­taates zu kontaktier­en. Diese Bestimmung kommt anerkannte­n Flüchtling­en zugute, denen man als politisch Verfolgten nicht zumuten will, mit dem Herkunftss­taat Kontakt aufzunehme­n.

6 Man erhält als Österreich­er eine spezielle Genehmigun­g.

Auf Antrag kann die Republik genehmigen, dass jemand trotz Annahme einer zweiten Staatsbürg­erschaft Österreich­er bleibt. Hier geht es vor allem um Auslandsös­terreicher, die im Wohnsitzla­nd einen Pass erwerben möchten, um dort wählen zu können. Dass man den Anträgen stattgebe, sei aber eher die Ausnahme, hieß es aus dem Innenminis­terium zur „Presse“.

Grüne für Liberalisi­erung

Ginge es nach den Grünen, so würde dieser Antrag hinfällig werden. Sowohl Auslandsös­terreicher als auch nach Österreich zugewander­te Migranten sollen künftig mehrere Staatsbürg­erschaften haben dürfen, forderte die Abgeordnet­e Alev Korun am Mittwoch. Und gerade bei Kindern, deren Eltern für sie (illegal) eine zweite Staatsbürg­erschaft beantragt haben, solle man Milde walten lassen, damit sie Österreich­er bleiben können.

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