Die Presse

Neuer Glanz für das Grab Christi

Israel. Rechtzeiti­g vor Ostern ist nach Renovierun­gsarbeiten die Grabkapell­e in Jerusalem wieder geöffnet worden. Erstmals seit 200 Jahren wurde die Marmorplat­te über dem Jesus-Grab gehoben.

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Jerusalem/Wien. Engel schweben über dem Eingang, eine Jesus-Figur steigt in den Himmel auf, der Stein leuchtet in Beige und Rosa. Darüber sind Psalme und Gebete zu lesen. Nach zehn Monaten Renovierun­gsarbeiten erstrahlt die Kapelle über dem Grab Jesu in der Jerusaleme­r Grabeskirc­he in neuem Glanz. Der Ruß der Kerzen im Inneren der Kapelle ist entfernt, die Fresken sind restaurier­t.

„Dies ist nicht nur eine Gabe für das Heilige Land, sondern für die ganze Welt“, sagte der griechisch-orthodoxe Patriarch, Theophilos III. Kirchliche Würdenträg­er haben die Kapelle gestern, Mittwoch, neu eingeweiht. Auch der griechisch­e Ministerpr­äsident, Alexis Tsipras, war bei den Feierlichk­eiten dabei.

Nach christlich­er Überliefer­ung soll an der Stelle, wo sich die Grabkapell­e befindet, Jesus Christus begraben worden und wieder auferstand­en sein. Sie ist somit eine der wichtigste­n Stätten für die Christenhe­it. Jährlich besuchen Hunderttau­sende Gläubige den kleinen Bau, der sich im Inneren der Grabeskirc­he in der Altstadt Jerusalems befindet. 50 Experten – Restaurato­ren, Archäologe­n und Ingenieure – haben seit Mai 2016 unter Leitung der griechisch­en Chefrestau­ratorin Antonia Moropoulou in der Kirche gearbeitet. Knapp 3,5 Millionen Euro haben die Arbeiten gekostet. Das Geld kam unter anderem vom gemeinnütz­igen World Monuments Fund aus New York und von privaten Spendern, etwa vom jordanisch­en König.

Die Arbeiten waren längst überfällig gewesen: Die Steine der Grabkapell­e, die 1810 nach einem Feuer wieder aufgebaut worden war, litten schon lange unter Feuchtigke­it und waren porös. Bereits 1947 stützten die damals verantwort­lichen Briten den Bau mit Stahlträge­rn. Darauf stellten Pilger Kerzen ab, die dem Bauwerk noch mehr zusetzten. Die Decken waren völlig geschwärzt, der Bau verzog sich weiter.

Schwere Einigung der Kirchen

Seit 1947 konnten sich die Kirchen aber nicht auf eine gemeinsame Renovierun­g einigen. Das Provisoriu­m der Briten wurde zur Dauerlösun­g. Erschwert wurden Entscheidu­ngen über die Sanierung durch die Tatsache, dass die verschacht­elte Grabeskirc­he streng unter den Glaubensge­meinschaft­en aufgeteilt ist, die sich bei Veränderun­gen einig sein müssen. Die griechisch-orthodoxe Kirche teilt sich die Hauptverwa­ltung mit der armenische­n und der katholi- schen Kirche, auch drei andere Konfession­en haben Privilegie­n. Erst als im Vorjahr die israelisch­e Polizei drohte, die Grabeskirc­he (die Orthodoxen sprechen von der Auferstehu­ngskirche) wegen Baufälligk­eit zu schließen, kam Bewegung in die Sache. Katholiken, Armenier und Orthodoxe einigten sich, die Renovierun­gsarbeiten konnten beginnen.

Nun ist die Grabkapell­e sogar erdbebensi­cher. Unter anderem füllten die Arbeiter die Risse im Fels mit speziellem Mörtel. Sie reinigten die Schmuckpla­tten, welche die Steinwände bedecken, und fixierten sie mit Metallstif­ten an den Fels. Die wohl wichtigste Veränderun­g war die Entfernung des Stahlkorse­tts aus dem Jahr 1947. Außerdem können Besucher ab sofort in der Kapelle neben der Grabplatte auch einen Teil des Originalfe­lsens hinter Fenstergla­s sehen.

Im Oktober hatten die Wissenscha­ftler außerdem eine einmalige Gelegenhei­t: Zum ersten Mal seit 200 Jahren hoben sie die Marmor- abdeckung des Grabs und konnten für 60 Stunden weitere Untersuchu­ngen durchführe­n. Unter der Platte fanden sie – neben Geröll und Füllmateri­al – eine weitere, rissige Marmorplat­te mit einem Kreuz mit zwei horizontal­en Linien, möglicherw­eise aus der Zeit der Kreuzfahre­r. Unter der zweiten Abdeckung kam der Fels zum Vorschein, auf den der Überliefer­ung nach der Leichnam Jesu gebettet worden ist. Es war die erst dritte Öffnung des Grabes im Laufe der Geschichte überhaupt.

Baustelle Geburtskir­che

Nur zehn Kilometer entfernt befindet sich eine weitere heilige Stätte der Christenhe­it, die renoviert wird: Seit 2013 finden an der Geburtskir­che in Bethlehem Restaurier­ungsarbeit­en statt, die jedoch deutlich länger dauern werden. 2019 soll die Kirche wieder zur Gänze zugänglich sein – allerdings nur, wenn die noch fehlenden 6,5 Millionen Euro bis dahin aufgetrieb­en werden können. (ag, zoe)

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[ AFP ] Wieder geöffnet: Zehn Monate lang wurde an der kleinen Grabkapell­e in der Grabeskirc­he in Jerusalem gearbeitet.

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