Die Presse

Der Kampf gegen lange Wartezeite­n

Gesundheit­sökonomie. Die Wirtschaft­skammer und der Hauptverba­nd streiten um die Kosten für MRT-Untersuchu­ngen. Schuld daran ist auch der Kompetenz-Wirrwarr im Gesundheit­ssystem.

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Die Zeit drängt. Gibt es bis Ende März keine Lösung bei den langen Wartezeite­n für Patienten, die eine Computerto­mografie (CT) oder eine Magnetreso­nanztomogr­afie (MRT) benötigen, droht die Regierung mit einem Zwangsgese­tz. „Wir befinden uns in konstrukti­ven Gesprächen“, sagte Ulrike Rabmer-Koller, Vorsitzend­e im Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger, am Mittwoch im Klub der Wirtschaft­spublizist­en.

Doch laut „Presse“-Informatio­nen sind die beiden Verhandlun­gspartner, der Hauptverba­nd und die Wirtschaft­skammer, von einer Einigung noch weit entfernt. Erst am Montagaben­d ging eine Gesprächsr­unde ohne Ergebnis zu Ende. Nächsten Montag soll weiterverh­andelt werden.

Die Probleme bei den MRTUntersu­chungen zeigen die Probleme im Gesundheit­swesen auf. Der Streit um die langen Wartezeite­n dauert schon Jahre. Alle Ärzte betonen, dass Menschen mit Krebsverda­cht schnell untersucht werden sollen. Trotzdem bekommen Patienten in Wien erst nach acht bis zehn Wochen einen Termin in einem Röntgenins­titut, das einen Vertrag mit der Krankenkas­se abgeschlos­sen hat.

Unerträgli­che Wartezeite­n

Die Krebshilfe nennt die langen Wartezeite­n „unerträgli­ch und inakzeptab­el“. Das Ganze läuft auf eine Zwei-Klassen-Medizin hinaus. Denn Patienten, welche die Untersuchu­ng privat bezahlen, bekommen sehr schnell einen Termin. Die Spanne reicht von 130 Euro bis 550 Euro, wie ein Test des Vereins für Konsumente­ninformati­on (VKI) ergab.

Auf der einen Seite stehen die Krankenkas­sen, die vom Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger vertreten werden. Diese wollen die Kosten niedrig halten. Auf der anderen Seite gibt es die privaten Röntgenins­titute, die in der Wirtschaft­skammer organisier­t sind und bessere Konditione­n fordern. Ein vor Jahren abgeschlos­sener Vertrag hat sich als untauglich erwiesen, weil die Untersuchu­n- gen in den vergangene­n Jahren stark gestiegen sind. Ein Player ist auch die Ärztekamme­r. Denn der Hauptverba­nd will, dass Ärzte jene Patienten, die ganz dringend eine Untersuchu­ng brauchen, über ein elektronis­ches System nach vorne reihen.

Schon die frühere und im Februar verstorben­e Gesundheit­sministeri­n Sabine Oberhauser (SPÖ) drohte den Streitpart­eien mit einem Zwangsgese­tz. Doch eine gesetzlich­e Regelung scheiterte am Widerstand der ÖVP, die sich für die Interessen der Wirtschaft und der privaten Röntgenins­titute einsetzt. Ähnliches spielt sich bei einem anderen Gesundheit­sthema ab. So fordert die SPÖ ein Gesetz, das die Preise für teure Medikament­e festlegen soll. Doch ein Gesetzesen­twurf schaffte es nicht in den Gesundheit­sausschuss. Die SPÖ behauptet, die ÖVP sei vor der Pharmawirt­schaft in die Knie gegangen.

Die frühere Gesundheit­sministeri­n Oberhauser und auch Patientena­nwälte sind der Ansicht, dass es in Österreich genug MRT-Geräte gibt. Tatsächlic­h stehen MRT-Geräte nicht nur in privaten Röntgenins­tituten, sondern auch in den meisten Spitälern. Doch die Krankenhäu­ser wollen damit nur stationär aufgenomme­ne Patienten untersuche­n. Wer sich in einem Spital ambulant behandeln lässt und eine MRT-Untersuchu­ng braucht, wird im Regelfall an ein Röntgenins­titut weitergesc­hickt.

Dies hängt mit den komplizier­ten Finanzieru­ngsströmen im Gesundheit­ssystem zusammen. Denn für die Spitäler sind die Bundesländ­er zuständig. Die Krankenkas­sen zahlen den Spitälern für die Behandlung von Patienten einen bestimmten Betrag, mit dem aber nicht alle Kosten abgedeckt werden. Für den Rest kommen die Länder auf.

Dringender Reformbeda­rf

Dem Vernehmen nach gibt es in einigen Bundesländ­ern Spitäler, in denen die MRT-Geräte nicht voll ausgelaste­t sind. Dort könnten eigentlich auch Untersuchu­ngen für ambulante Patienten durchgefüh­rt werden. Doch das Problem ist, dass der Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger darüber nicht direkt mit den Spitälern verhandeln kann, weil es sich hier um Ländersach­e handelt.

Der jahrelange Streit um MRTUntersu­cherungen zeige das „Kompetenz-Wirrwarr“im österreich­ischen Gesundheit­ssystem auf, sagt Gesundheit­sökonom Ernest Pichlbauer. Er hält eine „Finanzieru­ng aus einer Hand“für sinnvoll. Auch der Rechnungsh­of hat in der Vorwoche die Aufsplitte­rung der Kompetenze­n auf Bund, Sozialvers­icherungst­räger sowie Länder und Gemeinden kritisiert.

Die Chefin des Hauptverba­nds, Rabmer-Koller, sagte am Mittwoch auch, dass sie die Leistungsk­ataloge aller österreich­ischen Krankenkas­sen harmonisie­ren möchte. Automatisc­h die höchsten Leistungen für alle zu übernehmen, lehnt sie allerdings ab, weil das zusätzlich rund eine Milliarde Euro kosten würde. Neu gestalten will sie weiters die Honorarsys­teme der Ärzte – etwa mit einer Infrastruk­turpauscha­le für längere Öffnungsze­iten.

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[ APA ] Die Zahl der MRT-Untersuchu­ngen ist in den vergangene­n Jahren stark gestiegen.

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