Die Darstellung der Welt und die Dummheit der politisch Korrekten
Selbst ein mathematischer Beweis bringt die von kruder Ideologie Getriebenen nicht davon ab, ihr verbohrtes Weltbild als das einzig wahre anzupreisen.
Es gibt mannigfache Belege dafür, dass wir in einer verrückten Welt leben. Vor Kurzem hat es, wie „Spiegel“, „Welt“und andere melden – ohne sich des blamablen Stumpfsinns ihrer Berichte bewusst zu sein – die Schulbehörde in Boston, Massachusetts, im buchstäblichen Sinn auf die Spitze getrieben. Doch alles der Reihe nach:
Wandert man auf einem Globus vom Nordpol aus entlang des Greenwich-Meridians nach Süden, schneidet dieser südlich von Togo den Äquator im rechten Winkel. Wandert man vom Nordpol aus entlang des Meridians 90° westlicher Länge via New Orleans nach Süden, schneidet dieser westlich von Ecuador ebenfalls den Äquator im rechten Winkel.
Die beiden Meridiane schließen am Nordpol ebenfalls einen rechten Winkel ein. Auf diese Weise bilden die beiden Meridianhälften auf der Nordhalbkugel zusammen mit dem zwischen ihnen liegenden Viertelkreisbogen des Äquators auf der Kugelfläche ein sogenanntes sphärisches Dreieck, das drei rechte Winkel als Innenwinkel besitzt.
Die Meridiane und der Äquator sind als kürzeste Verbindungen von auf ihnen (im Bereich einer Halbkugel) gelegenen Punkten auf der Kugelfläche Gegenstücke zu den geradlinigen Verbindungen in der Ebene. Aber ein Dreieck in der Ebene, dessen geradlinigen Seiten an allen drei Ecken rechte Winkel einschließen, gibt es nicht. Allein diese Beobachtung beweist, dass es prinzipiell unmöglich ist, die Erdkugel maßstabsgetreu auf eine ebene Karte zu projizieren.
Jede ebene Kartenprojektion der Welt weist Verzerrungen auf. Die Meisterleistung des im 16. Jahrhundert lebenden Geografen Gerhard Mercator war es, eine Weltkarte zu entwerfen, die winkeltreu ist. Das bedeutet, dass der Steuermann eines Schiffes auf hoher See bei Kenntnis seiner Position auf der Mercatorkarte mit einem Lineal den Punkt, wo sich das Schiff befindet, mit dem Punkt des Zielhafens verbindet, den Winkel zwischen dieser Linie und dem Meridian misst, der von der Position des Schiffes zum Nordpol weist, und damit zugleich den Winkel kennt, den das Schiff einschlagen muss, um zum Zielhafen zu gelangen. Die Winkeltreue der Mercatorkarte wird mit argen Verzerrungen der Flächen erkauft: Grönland scheint ein Kontinent zu sein, größer als Südamerika. Schon Mercator war sich dessen bewusst und betonte, dass seine Karte vornehmlich für die Navigation auf hoher See gedacht sei.
Flächentreue Weltkarten gibt es natürlich auch, in denen jeder Staat proportional zu der von ihm beanspruchten Fläche abgebildet wird. Johann Heinrich Lambert fand eine solche schon im 18. Jahrhundert und eine einfach herzustellende Variante wurde vom Historiker Arno Peters 1974 propagiert mit der Absicht, damit das seiner Meinung nach ungerechte eurozentrische Weltbild konterkarieren zu können. Jahrzehntelang nahm praktisch niemand Peters von kruder Ideologie getriebenen Vorschlag ernst, zumal weitaus bessere Kartenentwürfe der Welt existieren, die erträgliche Mittelwege zwischen Winkel- und Flächenverzerrungen schließen.
Nun aber behaupten die Herolde der politischen Korrektheit in der Bostoner Schulbehörde, dass die Karten von Mercator wegen ihrer Bevorzugung von Europa und den USA – die Mercator in Wahrheit nie im Sinn hatte – aus den Atlanten der Schüler verbannt gehören und die „maßstabsgetreuere“– was ein glatter Unsinn ist – Weltkarte von Peters als einzig gültige betrachtet werden müsse.
„Die Mercator-Projektion zeigt Europa als Zentrum der Welt“, sagt dem „Spiegel“zufolge Colin Rose, der bei der Bostoner Schulbehörde für das Pilotprojekt zuständig ist. Mit den neuen Weltkarten wolle man „den Lehrplan entkolonialisieren“und nicht mehr nur die „weiße Sicht der Geschichte“zeigen.
Mathematisch ist es beweisbar, dass man die Welt nicht „gerecht“abbilden kann. Doch die politisch Korrekten ficht das in ihrer Dummheit nicht an.