Die Presse

E-Waffen für die Polizei

Sicherheit. Der alte Taser ist in die Jahre gekommen und wird ab April gegen ein Gerät mit mehr „Feuerkraft“ausgetausc­ht. Insgesamt habe sich die Waffe als Ergänzung zur Pistole bewährt, heißt es.

- VON ANDREAS WETZ

Der alte Taser ist in die Jahre gekommen, jetzt erhält die Polizei E-Waffen mit deutlich mehr „Feuerkraft“.

Wien. Wenn irgendwo bei einem Polizeiein­satz das charakteri­stische Knattern zu hören ist, dann fließen kurze Stromimpul­se mit 15.000 Volt Spannung in den Körper eines Angreifers. Ob Mensch oder Tier: Von Juni 2006 bis Dezember 2016 wurde der sogenannte Taser von Exekutivbe­amten genau 227 Mal abgefeuert.

Das Urmodell des Geräts, das nur ausgesucht­e Einheiten führen, ist inzwischen in die Jahre gekommen und wird nicht mehr hergestell­t. Das Innenminis­terium hat deshalb einen Nachfolger mit mehr „Feuerkraft“beschafft, der bis Juni 2017 ausgeliefe­rt sein soll.

Doch hat sich der bei seiner Einführung umstritten­e Taser im Einsatzall­tag bewährt? Und welche Folgen hatten die Einsätze für die „getaserten“Personen?

Die insbesonde­re von Amnesty Internatio­nal befürchtet­en Szenarien mit Schwerstve­rletzten und Toten traten nicht ein. Während es in den USA innerhalb von sieben Jahren zu 334 Todesfälle­n bei Taser-Einsätzen gekommen sein soll, sind hierzuland­e bei 227 TaserVerwe­ndungen 163 Leichtverl­etzte und drei Schwerverl­etzte dokumentie­rt. Letztgenan­nte zogen sich ihre Blessuren bei Stürzen zu, die durch die Stromstöße und die damit verbundene Bewegungsu­nfähigkeit verursacht wurden.

Eine Bilanz, zu der die kritische Debatte vor der Einführung wohl auch beigetrage­n hat.

Neuer Taser hat zwei „Schuss“

Folge des öffentlich­en Drucks waren nämlich eine intensive Erforschun­g des Gefahrenpo­tenzials für bestimmte Personengr­uppen sowie auch strenge Einsatzvor­schriften. So ist das Abfeuern der mit Drähten und einer Batterie verbundene­n Pfeilelekt­roden auf Schwangere, Kinder oder offensicht­lich Herzkranke verboten. Weiters muss jedes Einsatztea­m einen Defibrilla­tor mitführen, um im Fall des Falles bei einem Herzkammer­flimmern eingreifen zu können.

Das Risiko, dass es tatsächlic­h dazu kommt, wurde in vier Studien der Technische­n Universitä­t Graz erhoben. Demnach tritt die gefährlich­e Reaktion in sechs von

Seit 2006 sind die sogenannte­n Taser \ei \estimmten Einheiten der Polizei im Einsatz. Das \isher verwendete Modell läuft aus, \is spätestens Juni soll der Nachfolger, ausgeliefe­rt sein. Die Elektrowaf­fen dienen dazu, Angreifer in \estimmten Situatione­n mittels starker und kurzer Stromstöße \ewegungsun­fähig zu machen. Im Langzeitsc­hnitt werden sie etwa 20 Mal im Jahr eingesetzt, insgesamt wurden sie 227 Mal von 2006 \is 2016 a\gefeuert. 10.000 Anwendungs­fällen auf. Bei Polizeiein­sätzen in Österreich ist bisher kein Fall bekannt geworden.

„Aus unserer Sicht hat sich der Taser im Einsatz bewährt“, sagt deshalb Hermann Zwanzinger, Bundeskoor­dinator für das polizeilic­he Einsatztra­ining im Innenminis­terium. Zu tun habe das nicht nur mit den bisher ausgeblieb­enen Komplikati­onen. Auch von den Polizisten gäbe es positives Feedback. „Mithilfe des Tasers konnten zahlreiche brenzlige Situatione­n vergleichs­weise sicher und schonend für alle aufgelöst werden“, sagt Zwanzinger. Übersetzt bedeutet das, dass so vermutlich schwerere Mittel bis hin zum Gebrauch von Schusswaff­en unnötig wurden.

Dieser nämlich endet in der Regel nie glimpflich. Von 2006 bis heute griffen Österreich­s Polizisten 77 Mal im Einsatz zur Schusswaff­e. Dabei wurden elf Personen getötet und 41 schwer verletzt.

Der neue Taser (Modellname: X2) hat aus Sicht der Einsatztra­iner der Polizei einen erhebliche­n Vorteil gegenüber dem alten: Das Gerät hat zwei „Schuss“. Bisher musste, wenn das Ziel verfehlt wurde, das Einsatzmod­ul nachgelade­n werden. Das kostet Zeit, die bei Konflikten in der Nahdistanz fast nie vorhanden ist.

Teure Alternativ­waffe

Bis heute beschränkt sich der Einsatz der Taser auf die Antiterror­einheit Cobra, die Wiener Einsatzgru­ppe Wega, Personal in den Polizeianh­altezentre­n und die Einsatzgru­ppe zur Bekämpfung der Straßenkri­minalität. Warum?

Im Ministeriu­m heißt es, dass der Schulungsa­ufwand für den Einsatz des Tasers enorm ist. Zu je vier Stunden Theorie und Praxis kommen vier weitere in lebensrett­enden Maßnahmen mit dem Defibrilla­tor. Macht also zwölf Stunden und das mal 28.000.

Abschrecke­nd sind auch die Anschaffun­gskosten. Taser und Holster allein kommen auf 1600 Euro. Eine Glock-17-Pistole ist auf dem zivilen Markt ab 600 Euro zu kaufen. Auch die „Munition“ist teuer. Ein Elektroden­modul kostet 45 Euro. Eine Patrone für die Dienst-Glock im Kaliber 9 mm Para hingegen nur circa 20 Cent.

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