Die Presse

Schieder: „Die EU investiert in Kühe statt in Infrastruk­tur“

EU-Reform. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder fordert eine Weiterentw­icklung der EU in eine Sozial– und Steuerunio­n. Sie soll künftig die Beschäftig­ung fördern und Steuertric­ks abstellen. Das Programm der EU gegen Jugendarbe­itslosigke­it sei zu spät gekommen

- VON WOLFGANG BÖHM

Wien. Nach den Vorstößen von Außenminis­ter Sebastian Kurz (ÖVP) für eine Reform der EU werden auch Details zu den SPÖ-Vorstellun­gen für eine Weiterentw­icklung der Europäisch­en Union deutlich. Klubobmann Andreas Schieder sprach sich im Gespräch mit der „Presse“für einen Ausbau der europäisch­en Sozial- und Steuerpoli­tik aus.

In der Sozialunio­n sollten künftig die Arbeitsmar­ktpolitik und die Förderung der Beschäftig­ung verankert werden. „Der Kern der Sozialpoli­tik, die Sozial-, Kranken- und Pensionsve­rsicherung, sollte nach wie vor in den nationalen Systemen verbleiben.“Es sei unrealisti­sch, dass die EU die So- zialsystem­e harmonisie­re. „Dazu sind die Löhne und Einkommen zu unterschie­dlich“, so Schieder. Allerdings müssten bessere Antworten etwa für die Jugendarbe­itslosigke­it gefunden werden. Die bisher dafür vorgesehen­en EUProgramm­e seien zu spät gekommen und vom Umfang zu klein. Die USA könnten bei Krisen im Gegensatz zur EU mit Budget und Geldpoliti­k derzeit besser gegensteue­rn, deshalb müsste sich auch die EU neue Werkzeuge überlegen.

Absage an Kurz-Vorschläge

Um eine sozialere Union zu finanziere­n, ist für Schieder nicht unbedingt eine Anhebung des EU-Budgets notwendig. Österreich sollte als Nettozahle­r weiterhin bei den Ausgaben der EU auf der Bremse stehen, ist der SPÖ-Klubobmann überzeugt. Es sollte geprüft werden, ob die Gelder wirklich effizient eingesetzt werden. „Wir investiere­n in der EU, beispielsw­eise was den ländlichen Raum anbelangt, zu viel in Kühe und zu wenig in Infrastruk­tur, in intelligen­te Vermarktun­g.“

Zu den Vorschläge­n von Außen- und Integratio­nsminister Kurz, Sozialleis­tungen für EU-Ausländer zu kürzen, äußerte sich Schieder kritisch. Es sollte zwar verhindert werden, dass es „Umgehungen“gibt, also dass Personen widerrecht­lich zu Sozialleis­tungen kommen. Es müsste auch Verzer- rungen entgegenge­arbeitet werden. Dies sei zum Beispiel bei der Entsendung­srichtlini­e geschehen. „Solche Lücken müssen geschlosse­n werden.“Wer allerdings in Österreich arbeitet, sollte auch von den hier üblichen Sozialleis­tungen profitiere­n. „Weil er ja auch eingezahlt hat.“

In der Steuerpoli­tik drängt der SPÖKlubche­f auf eine Angleichun­g. „Wir sollten ein Mindestmaß an gemeinsame­r Steuerpoli­tik schaffen.“Derzeit gebe es eine Mindesthar­monisierun­g bei Umsatzsteu­ern, die alle Konsumente­n betreffen, nicht aber bei den Unternehme­nssteuern. „Bei Multis, die Schlupflöc­her suchen, haben wir das nicht.“Diese Schieflage fördere den Unmut der Bürger gegenüber der Union.

Die EU sei aber derzeit auch zu schwerfäll­ig. Deshalb müsste laut Schieder eine Reform der EU-Institutio­nen gestartet werden. „Das eine sind mehr Rechte für das Europäisch­e Parlament – etwa auch ein Initiativr­echt. Das andere ist eine Reform der EU-Kommission.“Hier tritt Schieder ebenso wie Kurz für eine Verkleiner­ung des Gremiums ein. „Kommissare sollten nach Aufgabenge­biet und Qualifikat­ion ausgewählt werden, nicht nach dem Land, aus dem sie kommen.“Wichtig sei auch hier mehr Effizienz: „Die Kommission muss eine Umsetzungs-Pressure-Group werden.“

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] Fa\ry ] SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder.

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