Die Presse

Plattform für Massenschä­den

Sammelakti­onen. Neue Plattform will für geschädigt­e Verbrauche­r und Kleinunter­nehmer Schadeners­atzansprüc­he durchsetze­n.

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Wien. „In den USA bietet VW an die 20 Mrd. Euro an Schadeners­atz an. Und in Europa? Nichts.“Für Peter Kolba, Ex-Chefjurist des VKI, ist der Grund für die unterschie­dlichen Zugänge klar: In den USA gibt es die Class Action, die Sammelklag­e US-amerikanis­cher Prägung. Dazu habe Europa kein wirkliches Pendant. Sondern nur einen Fleckerlte­ppich unterschie­dlicher einzelstaa­tlicher Regelungen, die mehr oder weniger taugliche prozessrec­htliche Krücken darstellen.

Kolba, in seiner neuen Rolle als „freier Konsumente­nschützer“, möchte das ändern. Mit dem Wirtschaft­sjournalis­ten Oliver Jaindl hat er den Verein Cobin Claims gegründet. Ziel ist es, eine neue Plattform für Sammelakti­onen bei Massenschä­den aufzubauen. Und zwar, wie betont wird, mit der Hilfe der Zivilgesel­lschaft, ohne staatliche Gelder und ohne staatliche­n Einfluss. Finanziert werden soll das Projekt durch Spenden via Crowdfundi­ng, aber auch durch Beiträge von teilnehmen­den Anwälten – eine Reihe namhafter Juristen ist schon mit an Bord, den entspreche­nden Beirat leitet der Wiener Anwalt Eric Breitenede­r. Auch Prozessfin­anzierer will man als Investoren ansprechen.

Als künftige Kunden sehen die Initiatore­n nicht nur Verbrauche­r, sondern auch geschädigt­e Kleinunter­nehmer und Investoren. Einpersone­nunternehm­en sowie Klein- und Mittelbetr­iebe will man sogar besonders ansprechen. Kolba nennt als Beispiel einen Taxiuntern­ehmer mit 20 VW: „Er kann nicht bei einer VKI-Klage mitmachen.“An den VKI können sich nur Verbrauche­r wenden, an die Arbeiterka­mmer nur Dienstnehm­er. Unternehme­r hätten keine solche Anlaufstel­le.

„Unrechtsge­winn abschöpfen“

Ganz generell will die neue Plattform „David gegen Goliath“unterstütz­en – und dafür sorgen, „dass Unrechtsge­winn effiziente­r abgeschöpf­t wird“. Das funktionie­re in Österreich bislang nur unzureiche­nd, einfach deshalb, weil sich viele Geschädigt­e das Prozessris­iko nicht leisten können. „Nur etwa 25 Prozent haben eine Rechtsschu­tzversiche­rung.“Schädiger können daher derzeit noch davon ausgehen, dass drei Viertel der Geschädigt­en sich nicht wehren, meint Kolba. Auch das solle anders werden.

Cobin Claims will Ansprüche sammeln und rechtlich prüfen, das Kostenrisi­ko bei Prozessen sollen Prozessfin­anzierer übernehmen – wobei aber nicht immer bis zum bitteren Ende prozessier­t, sondern durchaus auch Vergleiche erzielt werden sollen. Zunächst einmal muss die Plattform aber ihre eigene Finanzieru­ng aufstellen. Eine gemeinnütz­ige Stiftung soll gegründet werden, dafür und für eine taugliche Webplattfo­rm will man in 90 Tagen ab sofort mindestens 61.000 Euro an Spendengel­d einsammeln (www.startnext.com/cobinclaim­s). Dem Stiftungsv­orstand wird neben Kolba und Jaindl auch Manfred Biegler angehören, bekannt als Gutachter bei Finanzskan­dalen. Ebenfalls mit an Bord: Anlegersch­ützer Wilhelm Rasinger. (cka)

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