Die Presse

Wie viel „Tax“braucht das Tampon?

Steuern. In den USA, Frankreich und Großbritan­nien wurde schon über einen geringeren Steuersatz von Damenhygie­neprodukte­n diskutiert. Jetzt ist die Debatte auch in Österreich angekommen.

- VON IRIS BONAVIDA

Wien. Sie haben sich also diese Zeitung gekauft. Damit fließen zehn Prozent des Einkaufspr­eises an das Finanzamt. Nehmen wir an, Sie sehen sich im Anschluss an die Lektüre noch einen Film im Kino an. Dann wird Ihre Eintrittsk­arte mit 13 Prozent besteuert. Falls Sie auf dem Weg noch in einer Drogerie haltmachen würden, um sich eine Packung Tampons zu kaufen, beträgt der Steuersatz zwanzig Prozent.

Der Grund: Für Damenhygie­neprodukte gilt nämlich die übliche Umsatzsteu­er von 20 Prozent – und kein ermäßigter bzw. speziell ermäßigter Steuersatz wie in den ersten beiden Beispielen.

Ist das nachvollzi­ehbar? Nein – zumindest, wenn es nach dem Start-up Erdbeerwoc­he geht (das unter anderem Biodamenhy­gieneprodu­kte anbietet). Gemeinsam mit der Initiative aufstehn (www.aufstehn.at) wurde vor wenigen Tagen eine Unterschri­ftenaktion für eine Steuerredu­ktion gestartet. Bis Donnerstag­nachmittag haben rund 3800 Menschen die Kampagne unterzeich­net.

„Soziales Ungleichge­wicht“

Die Argumente der Plattform: In Österreich seien zahlreiche Güter – von Lebensmitt­eln über Wandkarten – geringer besteuert. Tampons und Damenbinde­n hingegen nicht. Das sei „absurd“, weil sich Frauen nicht aussuchen könnten, ob sie diese Produkte brauchen oder nicht. Im Gegensatz etwa zu Rasierern. Und: „Es verstärkt auch das soziale Ungleichge­wicht“, sagt Koinitiato­rin Annemarie Harant, Tampons und Binden seien per se ohnehin nicht preiswert, Frauen würden daher „doppelt zur Kasse gebeten“werden.

Die Initiative soll einerseits die Aufmerksam­keit auf die Debatte lenken – und anderersei­ts den Druck auf Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) erhöhen: Bereits vor einem Jahr erteilte der Ressortche­f der Initiative eine Absage. Und dabei bleibt er auch noch heute: Man wolle – wie EUweit verlangt – eine Vereinheit­lichung der Umsatzsteu­er, und nicht weitere Ausnahmen, heißt es aus seinem Büro. Außerdem würden Hygieneart­ikel ganz allgemein mit 20 Prozent besteuert – beispielsw­eise auch Kondome. Und: Im Jahr 2009 sei die Steuer auf Arzneiware­n bereits gesenkt worden. Hier sei die Kostenredu­ktion aber nicht beim Konsumente­n angekommen.

Und der Koalitions­partner? Die politische Linie der SPÖ ist zu dem Thema noch recht unausgegor­en. Im Büro der neuen Gesundheit­sund Frauenmini­sterin Pamela Ren- di-Wagner wollte man auf Anfrage der „Presse“(noch) keine Stellungna­hme dazu abgeben.

Die Neos hingegen würden sich eine breitere Debatte über die Kategorisi­erung von Produkten wünschen – und darüber, ob es unterschie­dliche Steuersätz­e überhaupt braucht. „Der geringere Steuersatz für Arzneimitt­el gilt zum Beispiel auch für homöopathi­sche Mittel“, meint die Abgeordnet­e Claudia Gamon. Man könnte darüber diskutiere­n, ob eine geringere Besteuerun­g von Damenhygie­nemitteln nicht eher angebracht wäre.

Proaktiv sprechen sich allein die Grünen für einen geringeren Steuersatz aus: Die Abgeordnet­e Berivan Aslan hat dazu bereits einen Antrag vorbereite­t, der in den nächsten Wochen im Finanzauss­chuss eingebrach­t werden soll.

Thema im Brexit-Wahlkampf

Die Debatte rund um eine „Tampon Tax“(also Tamponsteu­er) wurde vor Österreich jedenfalls schon in anderen Ländern geführt. Unter anderem in den USA, wo der ehemalige Präsident Barack Obama in einem Interview damit konfrontie­rt wurde. Die Besteuerun­g liege wohl „daran, dass Männer diese Gesetze gemacht haben“, antwortete Obama. In Großbritan­nien war die Tamponsteu­er sogar Thema im Brexit-Wahlkampf: Die EU schreibt nämlich einen ermäßigten Mehrwertst­euersatz von mindestens fünf Prozent vor. Frankreich senkte die Steuer auf Damenhygie­neprodukte zuletzt auf 5,5 Prozent. Irland ist eine Ausnahme: Tampons sind steuerbefr­eit.

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[ Reuters ] Andere Länder, andere Steuern: Für Damenhygie­neprodukte gilt in Österreich der übliche Steuersatz von 20 Prozent.

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