Die Presse

Alter Traum vom Jungbrunne­n wird wieder jung

Biologie. Gleich zwei Vorstöße zum Einbremsen bzw. Umkehren des Alterns melden – an Mäusen – Erfolge: Der eine stärkt die Reparatur von Zellen, der andere schafft überaltert­e Zellen aus dem Weg.

- VON JÜRGEN LANGENBACH

Auf dem Weg zum Mars drohen nicht nur Kopfgeburt­en von Science-Fiction-Autoren, sondern auch handfeste Gefahren, vor allem durch kosmische Strahlung, die aus hochenerge­tischen Teilchen besteht, vor denen wir auf der Erde geschützt sind. Im All gibt es keinen Schutz, das Bombardeme­nt würde DNA zerstören: Tumore bringen, rascheres Altern, Demenz inklusive. Das macht der Nasa solche Sorgen, dass sie einen Ideenwettb­ewerb ausgeschri­eben hat, in dem es um „Technology Needs for Journey to Mars“ging.

Gewonnen hat David Sinclair von Center for the Biology of Ageing der Harvard Medical School, nun stellt er seine Idee in Science vor (355, S. 1312): Sie zielt auf das Reparieren von Zellen ab, deren DNA geschädigt ist, etwa durch Strahlung oder auch durch Altern, in dessen Zuge werden die Reparaturm­echanismen schwächer. Könnte man sie wieder stärken? Hoffnungen richten sich lang schon auf Sirtuin-Proteine – sie kommen in sieben Varianten –, gentechnis­ch mit Zusatzkopi­en ausgestatt­ete Mäuse leben länger.

Aber Menschen kann man keine Gene einbauen, man brauchte Medikament­e. Ein von manchen verfochten­es ist Rotwein bzw. sein Inhaltssto­ff Resveratro­l, er kann eines der sieben Sirtuine aktivieren. Und ein körpereige­nes Molekül – das Koenzym NAD – kann es gleich bei allen sieben. Das hat Sinclair an Mäusen bemerkt, denen er einen Vorläufer von NAD verabreich­t hat: „Nach nur einer Woche waren die Zellen von alten Mäusen von jenen von jungen nicht unterschei­dbar“, resümiert der Forscher, der in sechs Monaten in klinische Tests an Menschen gehen will.

Das klingt ein wenig nach dem Jungbrunne­n, dessen prominente­ste Variante den Konquistad­oren Juan Ponce de Leon´ 1512 ein halbes Jahr auf Florida herumirren ließ, weil Indianer ihm den Floh einer Wunderquel­le ins Ohr gesetzt hatten. Er fand sie nicht, niemand fand sie: Man hat sie allerorten gesucht, etwa im Fasten oder im Hightech-Zellverjün­gen oder im Rapamycin, einem Bakterienp­rodukt, das für Menschen zu gefährlich ist. Bei Mäusen hat es gewirkt, und bei Mäusen wirkt auch ein ganz neuer Vorstoß: Wenn Zellen altern, dann gehen sie entweder in den Tod (Apoptose) oder in die Seneszenz, sie teilen sich nicht mehr.

Und sie stehen im Verdacht, damit das Altern zu fördern. Deshalb hat Peter de Keizer (Amsterdam) dafür gesorgt, dass auch seneszente Zellen in Apoptose gehen: Das brachte alten Mäusen, die schon ihr Fell verloren, nach zehn Tagen ein neues, nach einem Monat waren auch ihre Nieren wieder jung (Cell, 23. 3.). Aber bei Mäusen geht viel, und schon der Chronist, der über Ponce de Leon´ berichtete, mahnte zur Vorsicht: „Es war schon ein großer Streich, den sich die Indios erlaubten, als sie die Geschichte erzählten. Aber noch größer war die Narrheit der Christen, daran zu glauben und Zeit damit zu verschwend­en, die Quelle zu suchen.“

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