Anstiftung zum Kunstgenuss in fürstlichem Ambiente
Art Austria 2017. Ihr Zehn-Jahr-Jubiläum begeht die Art Austria im eleganten Rahmen des Liechtenstein’schen Gartenpalais. 43 Aussteller zeigen einen Querschnitt durch die österreichische Kunst seit 1945.
Für ihr Zehn-Jahr-Jubiläum hat sich die Art Austria einen besonders reizvollen Rahmen ausgesucht: die prunkvollen Räumlichkeiten des Gartenpalais Liechtenstein. Damit kehrt die Gegenwartskunst für vier Tage dorthin zurück, wo sie schon einmal beheimatet war – zwischen 1979 und 2000, als das Palais als Dependance des Museums des 20. Jahrhunderts fungiert hat, ab 1991 unter dem Namen Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig. Diese Ortswahl entspricht der globalen Tendenz, für Kunstmessen interessante Austragungsorte auszuwählen. Zumal das in Zeiten, in denen sich die Veranstalter die Klinke in die Hand geben, auch strategisch eine wichtige Entscheidung ist. Alleinstellungsmerkmale sind gefragt, ein paar Kojenwände allein machen noch keine interessante Kunstmesse aus. Und es kommt auf den Mix an. Der Art Austria, die den Fokus auf österreichischer Kunst bereits im Namen trägt, ist es über die Jahre gelungen, wichtige Protagonisten der heimischen Szene als Säulen zu gewinnen. Mit Galerie bei der Albertina – Zetter, Exner, Kovacek Spiegelgasse, Krinzinger und Ruberl aus Wien, Elisabeth & Klaus Thoman, Wien/ Innsbruck sowie Magnet aus Völkermarkt und dem Salzburger Welz gibt es einen Kern von Ausstellern der ersten Stunde, die seit 2008 an jeder Ausgabe teilgenommen und damit auch die Geschichte der Art Austria mitgeschrieben haben. „Die Art Austria ist besonders in diesem Jahr von großem Interesse, da sie sich neu positioniert“, sagt Ursula Krinzinger. „Die historischen Räume des Palais Liechtenstein sind intelligent gewählt. Die räumliche Situation ist mehr als interessant und geeignet. Es dürfte ein wichtiges zehntes Jahr dieser Messe sein.“
Kontinuität erweist sich auch als Kriterium für Galerien, die später hinzugekommen sind. Skulpturenspezialistin Dagmar Chobot etwa stieg ebenso wie Mario Mauroner im zweiten Messejahr ein. Die Galerie nächst St. Stephan ist seit 2011 dabei. Auch Neugründer wie Lisa Kandelhofer, Wien, und Helmut Reinisch, Spezialist für Nomadenteppiche, der 2012 in Graz als zweites Standbein die Galerie Reinisch Contemporary eröffnete, hatten die Art Austria von Anfang an im Portfolio.
Dialog mit dem Raum
Das kunsthistorisch aufgeladene Ambiente des Palais Liechtenstein mit seiner Kunstsammlung, den Fresken und Trompe-l’oeils von Franceschini, Bellucci, Pozzo, Rottmayr sowie dem imposanten barocken Skulpturenschmuck von Giovanni Giuliani lässt in jedem Winkel die Leidenschaft des Bauherrn, Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein (1657/1662–1712) spürbar werden. Für die Ausstellerinnen und Aussteller stellt dies eine spannende Herausforderung dar, die mitgebrachten Kunstwerke zu inszenieren. Ursula Krinzinger, die an dieser Art Austria ebenso wie auch die Galerie nächst St. Stephan mit einer zusätzlichen Sonderkoje vertreten ist, setzt hier einen starken Akzent mit neuesten Lichtarbeiten von Brigitte Kowanz. Die Künstlerin wird an der bevorstehenden Biennale von Venedig zusammen mit Erwin Wurm den österreichischen Pavillon bespielen. Für die Art Austria hat Kowanz als Ausblick auf Venedig drei Neonschriftzüge produziert, die auf der Handschrift der Künstlerin basieren. „Cognition“, „Extension“und „Outshine“strahlt es da gleich im Entree gelblich-golden oder bläulich in den Raum. Kowanz‘ Schlüsselfragen kreisen um Rhythmus, Codierung und Linie. Worte und Schrift verweisen auf Übersetzungs- und Transformationsvorgänge. Installiert gleich nach dem Entree, treten die Arbeiten zudem in einen Dialog mit der Kutsche, die Fürst Joseph Wenzel I. von Liechtenstein für seinen Einzug als Botschafter Kaiser Karls VI. in Paris beauftragt hat. Für die Hauptkoje der Galerie Krinzinger (Stand 44) hat Kuratorin Angela Stief unter dem Titel „Ornamental Memory“eine Installation mit Arbeiten des Künstlerduos Hanakam & Schuller kuratiert. Zwei Stände bespielt auch die Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder. Sie zeigt eine Solopräsentation von Herbert Brandl. In seinen neuesten Werken, die durch ihre in Schwarz, Weiß und Grau gehaltene Palette auch auf die Mittel der Zeichnung anspie- len, lässt der Meister der Unbestimmtheit ziemlich eindeutige Sujets wie Adler, Hyänen, Flüsse und Berge erkennen. Parallel sind beim Hauptstand der Galerie Arbeiten im Grenzbereich von Installation, Malerei und Skulptur von Luisa Kasalicky zu sehen.
Junge Kunst im Kontext
Eine andere Art des Dialogs von historischer und zeitgenössischer Kunst initiiert Fotogalerist Johannes Faber an seinem Stand: Er zeigt zehn Porträts von Venezianerinnen, die Irene Andessner inszeniert hat, darunter die Komponistin Barbara Strozzi, die Malerin Rosalba Carriera und die Renaissancedichterin und bekannteste Kurtisane ihrer Zeit, Veronica Franco. Als „Donne Illustre“stellt die Serie einen Gegenentwurf zu Giulio Carlinis „Saal der berühmten Männer“im Caff`e Florian in Venedig mit den Porträts berühmter Venezianer von Marco Polo über Tizian bis zu Goldoni dar.
„Austria zuerst“konstatiert Mario Mauroner augenzwinkernd als „langjährig bewährtes Motto der Art Austria“. „Für uns ist das immer die Gelegenheit, zuerst junge Künstler einem großen Publikum vorzustellen.“Mit Arbeiten von Jochen Höller, Stefan Waibel und Markus Hofer – darunter eine witzige Baggerskulptur – untermauert er diesen Zugang. Kontextualisiert werden die Objekte mit einem frühen Lichtobjekt von Brigitte Kowanz und einer imposanten gehackten und geflämmten Holztafel von Alfred Haberpointner. Objekte und Skulpturen bestimmen auch das Angebot von Elisabeth & Klaus Thoman. Mit Werken des zweiten österreichischen Biennale-Vertreters 2017 Erwin Wurm sowie Franz West und Michael Kienzer setzen sie auf Internationalität.
Junge Kunst dominiert im Programm von Lisa Kandlhofer. Sie zeigt u. a. die hyperrealistische Malerei Julia Fabers, poetische Bilder von Alina Kunitsyna, Skulpturen von Karl Karner. Auf herausragende junge Po-
sitionen fokussiert die Präsentation am Stand der Klagenfurter Galerie 3/flux 23 mit zum Teil sehr großformatigen Zeichnungen und Aquarellen von Patrick Roman Scherer, Linda Berger und Annemarie Arzberger.
Messe-Newcomerin Galerie Elisabethzeigt setzt in ihrem Programm auf die Künstler, mit denen sie selbst aufgewachsen ist. Auf ihrem Stand zeigt sie Arbeiten von Anzinger, Kupelwieser, Mosbacher, Schmalix, Stimm, Melichar. „Es gibt Kunst, die einen, einmal gesehen, nicht mehr loslässt“, sagt sie. „So verhält es sich mit dem Programm der Galerie Elisabethzeigt. Gemein ist diesen Künstlern nicht nur ihre jahrzehntelange Verbundenheit, sondern auch ihr entspannter Umgang mit den jeweiligen Zeitgeisterscheinungen. Sie greifen Motive und Themen auf, die ein komplexes Geflecht kultureller Vorstellungen und Zuschreibungen hervorrufen.“Einen sehr persönlichen Zugang zur Kunst hat auch Benedikt Mairwöger. Der Leiter der 2016 gegründeten Galerie Amart ist der Sohn des Malers Gottfried Mairwöger (1951–2003), Otto-Mauer-Preisträger 1982, den er auch auf der Messe neben Werken von Katharina Prantl und anderen präsentieren wird.
Malerei und Aktionismus
Als Medium, das immer Konjunktur hat, dominiert die Malerei naturgemäß das Angebot der meisten Aussteller. Horst Gerersdorfer, mit seiner 1965 gegründeten Galerie einer der längst dienenden Galeristen bei der Art Austria, hat mit Schmalix, Staudacher, Mosbacher und Deborah Sengl vier Vertreter unterschiedlicher Generationen aus seinem Programm ausgewählt. „Es sind spannende Positionen mit einem eigenständigen Erscheinungsbild, die bereit sind, neue Wege zu gehen“, sagt er. „Alle sind Vollblutkünstler, denen die Beschäftigung mit Kunst eine existenzielle Notwendigkeit ist.“
Nach dem Motto „Malerei jetzt!“hat Reinisch Contemporary für die Messe einen Mix aus heimischen Klassikern und jüngeren Künstlern zusammengestellt. Ein früher Hollegha trifft da auf eine Abstraktion von Bohatsch oder die figürliche Malerei eines Anton Petz. Auf Klassiker im Dialog mit Zeitgenossen fokussiert auch die Galerie bei der Albertina – Zetter. Weiler trifft da auf Damisch, beide Gratwanderer zwischen Abstraktion und Figuration. Einem späten Farbbalkenbild von Prachensky steht eine poetisch-explosive Komposition von Thierry Feuz gegenüber, gebürtiger Österreicher des Jahrgangs 1968, der heute in der Schweiz lebt. Skulpturen von Wotruba und Avramidis ergänzen die Präsentation. Ganz sortenrein ist hingegen das Malereiangebot bei Wolfgang Exner, der Franziska Maderthaner, Drago Prelog und Gottfried Salzmann präsentiert.
Nicht fehlen darf auf einer österreichischen Messe der Wiener Aktionismus. Ein Name, der untrennbar damit verbunden ist, ist Francesco Conz, 2010 verstorbener Sammler und Verleger. Die Grazer Galerie Sommer zeigt als Nachlassverwalterin eine Auswahl von Werken österreichischer Künstlerinnen und Künstler aus Conz’ Sammlung, darunter Arbeiten der vier Hauptprotagonisten des Wiener Aktionismus, Brus, Nitsch, Schwarzkogler, Muehl, ergänzt durch Arbeiten von Cibulka, Jaschke, Rühm, Steiger oder Gappmayr, die dem Aktionismus freundschaftlich verbunden waren. Aktionismus findet sich auch beim Wiener Spezialisten Philipp Konzett. Er kombiniert diesen Schwerpunkt mit verwandten Positionen, Rudolf Polanszky etwa oder West sowie jüngeren Künstlern, wie Rita Novak, Christian Eisenberger und Andreas Reiter Raabe im Skulpturenpark. Am Stand der Galerie Steinek, die sich bei dieser Art Austria auf Papierarbeiten konzentriert, finden sich Arbeiten von Muehl und Nitsch neben Rainer, Pichler, Attersee und Renate Bertlmann als Vergleichspositionen.