Deutschkärntner und Slowenen: Die unendliche Geschichte
Gastkommentar. Wie der immer wieder überraschend aufflackernde Volksgruppenkonflikt in Kärnten nachhaltig gelöst werden könnte.
Der Konflikt um die slowenische Volksgruppe in Kärnten ist offenkundig eine „unendliche Geschichte“. Das Thema gefährdet immer wieder das politische und gesellschaftliche Klima in Österreichs südlichstem Bundesland. Den Leuten in anderen Bundesländern ist dabei das ständig Auf und Ab in der Wertschätzung der slowenischen Volksgruppe nicht verständlich und nur schwer begreifbar zu machen.
Obwohl der Volksgruppenkonflikt längst überwunden scheint, flackert er immer wieder auf. Erreicht er ein bestimmtes Stadium des kollektiven Bewusstseins, kann aus einem kleinen Geplänkel – etwa wegen eines banalen Passus in der Kärntner Landesverfassung – ein Flächenbrand werden. Dann nämlich, wenn sich die Fronten verhärten und sich zwei unversöhnliche Lager formieren: Jene, die die Rechte der slowenischen Volksgruppe mit Vehemenz einfordern – und jene, die ihre Identität paradoxerweise in Abgrenzung gegen einen wichtigen Bestandteil eben dieser Identität schützen und verteidigen wollen.
Irrationale Emotionen
Diese Identitätsproblematik ist einem Nichtkärntner schon darum schwer zu vermitteln, weil es auch für viele Kärntner nicht wirklich rational verständlich ist, worum es eigentlich geht.
Der polarisierende Frontenbildungsprozess setzt ein, wenn irrationale Emotionen wie Neid, Hass, Geltungsbedürfnis und im speziellen Fall das Bedürfnis des Angenommenseins überhandnehmen und das „Es“aus dem von Freud beschriebenen Strukturmodell der Psyche das Steuer übernimmt. Hier kann man, ebenso wie bei Donald Trump, nur schwer mit Argumenten und aristotelischer Logik punkten. Dies bekam zuletzt auch der um Ausgleich bemühte Kärntner Landeshauptmann, Peter Kaiser, schmerzlich zu spüren.
Um das psychodramatische Setting um eine Variable zu erweitern, meldet sich auch die slowenische Regierung zur emotional hochkomplexen Thematik immer wieder zu Wort. Laibach will in den Dialog mit Österreich treten, um eine Schutzmachtfunktion für die slowenische Volksgruppe wahrzunehmen. Die künftige Kärntner Landesverfassung ist so sogar zum Thema im slowenischen Parlament geworden.
Fokus auf Gemeinsamkeiten
Wie soll man das emotionale Dilemma nun mit Vernunft lösen? Das immer wieder auftauchende Problem eines respektvollen Umgangs mit der slowenischen Minderheit ist dann schwer zu bewältigen, wenn die beschriebene Frontenbildung einsetzt. Es gibt eigentlich nur zwei Wege, die man gehen kann. Der eine führt in die Einbahnstraße des erneuten Aufbaus festgefahrener Feindbilder zwischen den Volksgruppen; der zweite führt zur Erkenntnis der Gemeinsamkeiten der Kärntner mit und ohne slowenische Wurzeln.
Die slowenische Volksgruppe ebenso wie auch die um ihre Iden- tität besorgten Deutschkärntner könnten Größe zeigen und einen Schritt zurücktreten. Beide Seiten hätten Vorteile, würden sie stärker kooperieren und das Gemeinsame vor das Trennende stellen. Daraus könnte vielleicht sogar eine Weiterentwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Beziehungen zwischen Kärnten und Slowenien resultieren.
Alle Beteiligten haben es in der Hand, einen Teil des Weges gemeinsam zu gehen, ohne sich jeweils selbst zu wichtig zu nehmen. Dann steht einer nachhaltigen Lösung nichts im Wege.