„Soziale Gerechtigkeit“und andere Unsinnigkeiten von Martin Schulz
In Deutschland beweist der mit 100 Prozent Zustimmung gekürte Kanzlerkandidat der SPD gerade, wie man allein mit heißer Luft politische Energie erzeugt.
Sir Winston Churchill hat einmal angemerkt, das beste Argument gegen die Demokratie sei „ein fünfminütiges Gespräch mit einem ganz durchschnittlichen Wähler“. Dass ein gewisser Martin Schulz nun mit genau 100 Prozent der Delegiertenstimmen zum Kanzlerkandidaten der deutschen SPD gewählt worden ist, seine Partei in den Umfragen binnen kürzester Zeit steil nach oben und auf Augenhöhe mit der Merkel-Partei CDU gepusht hat und deshalb von den Medien zum Superstar hochgejubelt wird, widerlegt Churchills galliges Diktum nicht wirklich.
Denn Schulzens bisher einziges klar erkennbares Talent ist, neben einer zugegebenermaßen beeindruckend großen Klappe, vor allem, nicht Angela Merkel zu sein. Sonst ist weit und breit nicht einmal in Spurenelementen zu erkennen, was Schulz befähigen könnte, Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden.
Vor allem aber ist auch beim allerbesten Willen nicht zu erkennen, wohin Schulz als Kanzler Deutschland eigentlich steuern würde; wofür man ihn also allenfalls überhaupt wählen soll. Seine Programmatik gleicht einem Luftballon ohne Hülle – da ist einfach nichts.
Mit einer einzigen Ausnahme. Die Formulierung, dass es „mehr soziale Gerechtigkeit“brauche, kommt in seinen Reden im Schnitt alle 90 Sekunden vor. Und in riesigen Lettern schwebte sie letztens über der Bühne des Krönungsparteitags der SPD in Berlin. Das ist insofern bemerkenswert, als wir es hier mit der „einfältigsten und hohlsten aller Phrasen der ohnehin schon unterkomplexen politischen Rhetorik“zu tun haben, wie der konservative deutsche Publizist Alexander Grau zu Recht höhnte.
Es macht wenig Hoffnung auf die Zukunftstauglichkeit des demokratischen Verfahrens, wenn jemand ausschließlich mithilfe dieser intellektuell anspruchslosesten aller intellektuell anspruchslosen Phrasen, einem politischen Nullum, das die Intelligenz auch des unintelligentesten Wählers verhöhnt, zum politischen Star werden kann, anstatt von der Bühne gelacht zu werden. Denn es ist zwar jeder, ja wirklich jeder für „soziale Gerechtigkeit“– nur was das eigentlich ist, definiert sich je nach Interessenlage völlig unterschiedlich, wodurch der Begriff jeglichen Sinn verliert.
Ist es etwa „sozial gerecht“, wenn der Staat Schulden macht, mit denen heute Sozialleistungen finanziert werden, die morgen von der nächsten Generation bezahlt werden? Wenn einem Durchschnittsverdiener ein erheblicher Teil seines Einkommens vom Staat weggenommen wird, um damit die Milliardenkosten der Zuwanderungswelle zu finanzieren? Ist es „sozial gerecht“, wenn Martin Schulz als europäischer Spitzenbürokrat jahrelang neben seinen ohnehin stattlichen Bezügen noch 300 Euro netto Sitzungsgeld pro Tag bezogen hat – auch an Tagen, an denen keine Sitzungen stattfanden? Ist es „sozial gerecht“, wenn jene kleinen Leute, die zu vertreten er vorgibt, das mit ihren Steuern auch noch bezahlen dürfen? Oder die SPD ihre Medienunternehmen über eine Briefkastenfirma im ebenso diskreten wie steuerschonenden Hongkong betreibt?
Völlig zu Recht hat der österreichische Ökonomie-Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek schon 1899 in seinem Buch „Die Illusion der sozialen Gerechtigkeit“angemerkt, der Begriff der „sozialen Gerechtigkeit“gehöre „in die Kategorie des Unsinns“. Wer das politisch fordere, meine in der Praxis bloß, bestimmte Gruppen der Bevölkerung zum Schaden anderer Gruppen zu bevorteilen. Weshalb der lebenserfahrene Mensch, sobald er diesen Begriff aus dem Munde eines Politikers vernimmt, gut beraten ist, flugs seine Brieftasche festzuhalten.
„Soziale Gerechtigkeit“zum Hauptmotiv einer Wahlbewegung zu machen, ist deswegen nichts anderes als jener Populismus, den die Sozialdemokratie in Deutschland wie Österreich so lauthals beklagt, wenn es der Populismus der politischen Konkurrenten ist.