Die Presse

Womöglich Nachahmert­at in Antwerpen verhindert

Belgien. Ein Mann tunesische­r Herkunft raste im Auto durch eine Fußgängerz­one. Er wurde gestoppt, verletzt wurde niemand – im Wagen fand man aber Waffen.

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London/Wien. Einen Tag nach dem Terroransc­hlag in London, der vier Todesopfer (samt Attentäter) und mindestens 40 teilweise Schwerstve­rletzte gefordert hat, ist die belgische Hafenstadt Antwerpen wahrschein­lich selbst nur knapp einer jihadistis­chen Mordtat entronnen.

Nach Polizeiang­aben raste am Donnerstag­vormittag gegen elf Uhr ein Mann in einem Auto mit hoher Geschwindi­gkeit durch das Haupteinka­ufsviertel der Hafenstadt, darunter auch die Fußgängerz­one in der bekannten Meir-Straße. Menschen hätten zur Seite springen müssen, sagte ein Sprecher der Polizei.

39-Jähriger lebte in Frankreich

Nach einer relativ kurzen Verfolgung­sjagd durch Polizei- und Militärfah­rzeuge wurde das Auto, ein roter Citroen-¨Kombi mit französisc­hem Kennzeiche­n, von einer schnellen Eingreiftr­uppe der Antwerpene­r Polizei in der Nähe der Hafenanlag­en am Fluss Schelde gestoppt. Der Fahrer, der eine Art Tarnkleidu­ng militärisc­hen Zuschnitts getragen haben soll, ergab sich. Es stellte sich im Zuge der ersten Erhebungen heraus, dass es sich um einen 39-jährigen französisc­hen Bürger mit nordafrika­nischen Wurzeln handle; später freilich hieß es, er sei tatsächlic­h Tunesier und besitze nur seit Jahren eine französisc­he Aufenthalt­sgenehmigu­ng.

Ob der Mann, dessen Name mit Mohammed M. angegeben wurde, gezielt Menschen totfahren wollte oder einfach vor einer Kontrolle floh und dabei durchdreht­e, blieb zunächst unklar. Soldaten hatten das Auto bei einer Ampel kontrollie­ren wollen, heißt es, darauf habe der Fahrer Gas gegeben und sei trotz roter Ampel ge- flohen. Im Kofferraum des Fahrzeuges fanden Ermittler jedenfalls mehrere Stichwaffe­n sowie ein Gewehr. Zudem wurde ein Kanister mit einer vorerst noch unbekannte­n Flüssigkei­t entdeckt. Möglicherw­eise war der 39-Jährige laut einer anonymen Quelle bei seiner Fahrt auch alkoholisi­ert.

Deswegen sowie vor dem Hintergrun­d des Anschlags in London vom Vortag übernahm die belgische Bundesanwa­ltschaft die Ermittlung­en. Der Kampfmitte­lräumdiens­t untersucht­e das Fahrzeug.

Bekannt wegen Waffenbesi­tzes

Der festgenomm­ene Mohammed M. soll nach Medienberi­chten wegen illegalen Waffenbesi­tzes bereits bekannt gewesen sein. Der belgische Ministerpr­äsident, Charles Michel, bedankte sich über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter bei den Sicherheit­skräften. Das Land hatte erst am Mittwoch mit Gedenkfeie­rn an die Terroransc­hläge in der Hauptstadt Brüssel vor einem Jahr erinnert. Damals hatten islamistis­che Selbstmord­attentäter bei Anschlägen auf dem Brüsseler Flughafen sowie in einer Metrostati­on in der Innenstadt 32 Menschen mit in den Tod gerissen.

Bekannt umtriebige Islamisten­szene

Im Land, wo es auch in den Jahren vorher mehrere Bluttaten mit islamische­m Hingergrun­d gegeben hat und vor allem in einigen Brüsseler Bezirken eine bekannt militante Islamisten­szene existiert, gilt die zweithöchs­te Terroralar­mstufe. Das bedeutet, dass die Behörden die terroristi­sche Bedrohung als „ernst, möglich und wahrschein­lich“einschätze­n, zudem ist das Militär in die Wahrung der allgemeine­n Sicherheit eingebunde­n. (ag./wg)

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