Helden und Antihelden der Wirtschaft
Erfolg wichtiger als Liebe
Im Neuen Raum des Reichenauer Theaters folgte 2013 „Stützen der Gesellschaft“, Nicolaus Hagg hatte den Text hervorragend modernisiert. Marcello de Nardo spielte die Hauptrolle und wuchs als noch jugendlicher, aber beinharter Werftindustrieller, der alles dem Erfolg opfert, Liebe, Familie – sogar seinen einzigen Sohn –, Anstand und soziale Gesinnung, einigermaßen über sich hinaus.
Martin Schwab war diesem Konsul ein donnerndes Gewissen als Schiffsbaumeister und Arbeitervertreter Aune. Schwab spielte 2015 auch die Hauptrolle in Alfred Kirchners düsterer Inszenierung von „Bankier Borkman“, der sich als Pionier, nicht als Gescheiterter betrachtet –, an seiner Seite die Zwillingsschwestern Ella (Julia Stemberger) und Gunhild (Regina Fritsch), für die eine war er die große Liebe, die andere hat sich, erbittert von seinem Fall, von ihm abgewandt.
Mit Baumeister Solness steht nun ein weiterer Held – oder Antiheld – der Industrialisierung zur Diskussion, ein Mann, dem sein Ehrgeiz zum Verhängnis wird. (bp) Kaum zu glauben, dass dieser Mann seinerzeit so missverstanden und angefeindet wurde, dass er einen Gutteil seines Lebens im Ausland verbrachte. Den heutigen Menschen scheint der Norweger Henrik Ibsen (1828–1906) seit Jahrzehnten mit seinen Balanceakten zwischen Realität, Moral und Mystik aus der Seele zu sprechen.
Zum vierten Mal zeigen die Festspiele Reichenau heuer Ibsen. Miguel Herz-Kestranek und Peter Matic´ spielten 2010 in „Ein Volksfeind“die feindlichen Brüder Thomas und Peter Stockmann: Hier der Badearzt, der die Vergiftung des Wassers publik macht, da der Bürgermeister, der verhindern will, dass das Kurbad in Verruf gerät.