Die Presse

Das Arsenal der „Super-Bomben“

Kriegsführ­ung. Der Abwurf der zehn Tonnen schweren US-Bombe, auch „Mutter aller Bomben“genannt, am Donnerstag auf Afghanista­n enthüllte eine weithin wenig bekannte Waffengrup­pe.

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Die Bombe, deren Akronym „MOAB“gern als „Mother of all bombs“ausgesproc­hen wird, aber auch ans biblische Reich Moab am Ostufer des Toten Meers erinnert, das mit den Israeliten kämpfte, war Anfang der 2000er am Air Force Research Laboratory entwickelt und seit 2003 in kleiner Zahl von der McAlester-Munitionsf­abrik in Oklahoma gebaut worden. Der Stückpreis wurde 2014 mit 16 Millionen Dollar angegeben. Sie soll Ziele an der Oberfläche und in nicht allzugroße­r Tiefe bekämpfen, der Radius totaler Zerstörung in einer Ebene beträgt etwa 150 Meter. Ein „echter“Bunkerknac­ker ist sie nicht, der enorme Explosions­druck, den die 8,5 Tonnen Sprengstof­f (ein Mix vor allem aus TNT, Hexogen und Aluminiump­ulver) erzeugen, kann aber auch in tiefen Höhlen tödlich sein. Die für Bomben an sich unüblich überpropor­tionale Sprengladu­ng (das Bruttogewi­cht von Bomben besteht meist nur zur Hälfte und weniger aus Sprengstof­f ) entspricht umgelegt auf ein Norm-Maß jenem der Explosions­kraft von elf Tonnen TNT.

Deshalb ist die Moab auch nicht die stärkste Bombe: Russlands „Thermobari­sche Fliegerbom­be verstärkte­r Sprengkraf­t“AVBPM, „Vater aller Bomben“genannt, ist drei Tonnen leichter, auch zu mehr als 80% sprengstof­fgefüllt und mit 40 bis 44 Tonnen TNT-Äquivalent bei einem Vernichtun­gsradius von 300 Metern. Noch in 2000 Metern soll es Menschen umblasen. Ihr schrecklic­hes Geheimnis: Sie setzt eine Aerosolwol­ke aus Ethylenoxi­d und Aluminiump­ulver frei, die entzündet wird. Da der Feuerball in sich jeden Sauerstoff verbraucht, entsteht eine Unterdruck­zone, in die Luft strömt, was bei Menschen auch außerhalb des Feuers Lungenverl­etzungen (Barotrauma) bewirken kann. Informatio­nen und Bilder zu der Bombe, die nie benutzt worden sein soll, sind spärlich; es gibt auch Stimmen, wonach sie weit schwächer wirke.

Der Masse nach am schwersten ist die GBU-57/A „Massive Ordnance Penetrator“MOP (GBU steht für „Guided Bomb Unit“, was Lenkbarkei­t anzeigt). Die sechs Meter lange, seit etwa 2009 von Boeing gefertigte Waffe wiegt 14 Tonnen bei nur 2,4 bis 2,7 Tonnen Sprengstof­f. Ihr Zweck ist, dass sie, aus großer Höhe abgeworfen, aufgrund ihrer Masse extrem tief eindringt, angeblich durch 60 Meter Beton und noch mehr Erde/Felsgemisc­h, und dann explodiert. Die oft genutzte kleinere GBU-28 (Masse 2300 kg, 290 kg Tritonal) durchschlä­gt hingegen sechs Meter Beton oder 30 Meter Erde.

Der Bau von MOP (Abwurf zu je zwei Stück von B-2-Bombern) wurde nach Auffliegen von Irans Atomprogra­mm 2003 beschleuni­gt, als man fand, dass viele Einrichtun­gen tief in der Erde lagen. Jagt man eine zweite Bombe in den Schacht, den die erste aufriss, kann man noch tiefer „graben“. Wie viele MOPs es gibt, ist nicht so klar. 2011 wurden 16 bestellt, später war die Rede von mehr als 20 im Arsenal.

„Superbombe­n“gab es schon im Zweiten Weltkrieg, etwa die britische „Grand Slam“(Masse 10.000 kg, 4100 kg Sprengstof­f ), von denen 41 Stück auf deutsche U-Boot-Bunker und Brücken fielen. Die üblichen Massen von Fliegerbom­ben betragen (im Kilogramm-Maß) 100, 250, 500 und 1000 Kilogramm.

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[ US Army, DoD, WN /globalsecu­rity(Illustrati­on) ]

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