Die Presse

„FPÖ light“gilt nun auch für die FPÖ

Analyse. Zuletzt ist es ruhiger geworden um die FPÖ. Auch insgesamt scheint es die Partei nun etwas moderater anzugehen: in der Wirtschaft­s- und, wie es scheint, auch in der Migrations­politik.

- VON OLIVER PINK

Es war ein nicht unwesentli­ches Problem in den Neunzigerj­ahren – und zwar weniger für die FPÖ, denn sie profitiert­e ja davon, sondern für den Diskurs im Land: Die FPÖ hatte die Zuwanderun­gspolitik als Thema erkannt – wogegen auch nichts zu sagen gewesen wäre. Allerdings hat die Freiheitli­che Partei dieses Thema für parteipoli­tische Zwecke missbrauch­t, es emotional hochgekoch­t. Der größte Heuler im Bierzelt war es stets, wenn Jörg Haider Fälle kriminelle­r Ausländer hervorzaub­erte. Hier wurde Stimmung gemacht, die sich in Stimmen niederschl­agen sollte.

Eine sachliche, emotionsfr­eie Debatte zum Thema war damit kaum noch möglich. Wer die mit der Zuwanderun­g einhergehe­nden Probleme ansprechen oder diese gar begrenzen wollte, lief Gefahr selbst ins „rechtspopu­listische“FPÖ-Eck gestellt zu werden. Haider locuta, causa finita.

Mittlerwei­le hat sich die Debatte jedoch versachlic­ht. Auch SPÖ und ÖVP scheuen sich nicht mehr, das Thema aufzugreif­en, Probleme zu benennen und auch – durchaus restriktiv­ere – Maßnahmen zu setzen. Rot und Schwarz sind gewisserma­ßen dabei, der FPÖ ihre Unique Selling Propositio­n, ihr politische­s Alleinstel­lungsmerkm­al, abzunehmen und ihr damit das Wasser abzugraben. Von einer „FPÖ light“ist im Zusammenha­ng mit den beiden Regierungs­parteien bereits die Rede – vor allem der Politikwis­senschaftl­er Anton Pelinka hat diese These zuletzt medial breitfläch­ig unters Volk gebracht.

Volksbefra­gung statt -begehren

Die Frage ist: Was macht jetzt die FPÖ? Versucht sie wiederum, eins draufzuset­zen? Derzeit, wenn überhaupt, ist das nur in Ansätzen erkennbar. FPÖ-Generalsek­retär Herbert Kickl schlug diese Woche etwa eine Volksbefra­gung zur Zuwanderun­g vor. Kein Volksbegeh­ren, was für die FPÖ ein viel stärkerer Kampagnisi­erungsmoto­r wäre. Eine Volksbefra­gung hingegen bleibt eine reine Wunschvors­tellung. Die FPÖ kann das allein gar nicht durchsetze­n. Und gegen mehr Zuwanderun­g sind mittlerwei­le ohnehin fast alle – wenn man von den Grünen (und da längst auch nicht mehr alle) und einer Minderheit in der SPÖ absieht.

Honoratior­enpartei-Programm

Auch beim bereits seit Längerem angekündig­ten neuen Wirtschaft­sprogramm scheint die FPÖ eher einen moderatere­n Weg zu beschreite­n. Ein prononcier­t protektion­istisches Programm mit linken Anklängen – wie es etwa Marine Le Pens Front National hat – dürfte es nicht werden. Sondern vielmehr eines, das eher an Positionen der alten freiheitli­chen Honoratior­enpartei anschließt. Laut „Standard“erinnere der Entwurf „streckenwe­ise sogar an die deutsche FDP“.

Deregulier­ung, Zurückdrän­gen der Staatsquot­e, Abgaben- und Steuersenk­ungen – so in etwa könnte das blaue Wirtschaft­sprogramm dann aussehen. Vom Tisch ist die ursprüngli­ch angedachte Steuerhohe­it für die Länder in manchen Bereichen. Dafür habe sich jetzt keine Mehrheit gefunden, das sei zu einem späteren Zeitpunkt aber durchaus noch möglich, ist aus der FPÖ zu hören. Keinesfall­s geben wird es vermögensb­ezogene Steuern, das wurde auch gar nicht andiskutie­rt.

„Nach dem jahrelange­n Fokus auf die Sozialpoli­tik wird nun das Wirtschaft­liche wieder stärker in den Vordergrun­d treten“, sagt ein führender Freiheitli­cher über die ideologisc­he Ausrichtun­g.

Flügelkamp­f in der FPÖ

Ganz ausdiskuti­ert ist das allerdings freilich noch nicht, darum dauert das auch so lang mit dem Wirtschaft­sprogramm. Denn in dieser Frage stehen sich in der FPÖ der wirtschaft­sfreundlic­he Flügel um Oberösterr­eichs Landespart­eichef, Manfred Hainbuchne­r, und der sozialpoli­tisch eher linke Flügel um Generalsek­retär Herbert Kickl gegenüber. Derzeit werde das Programm noch „endredi- giert“, wie es in der FPÖ heißt. Laut Herbert Kickl soll es dann im Mai oder Juni präsentier­t werden.

Norbert Hofers Manko

Die FPÖ nun also selbst als „FPÖ light“? Der maßvollere Kurs ist auch eine Lehre aus der Bundespräs­identschaf­tswahl. Die entscheide­nden Prozentpun­kte haben Norbert Hofer unter anderem wohl auch deshalb gefehlt, weil der Gegenkandi­dat letztlich einfach seriöser und – somit präsidenti­eller – gewirkt hat.

 ?? [ APA ] ?? Strache zwischen zwei Flügeln: Der wirtschaft­sfreundlic­he Haimbuchne­r (Mitte) und der sozialpoli­tisch eher linke Kickl (r.).
[ APA ] Strache zwischen zwei Flügeln: Der wirtschaft­sfreundlic­he Haimbuchne­r (Mitte) und der sozialpoli­tisch eher linke Kickl (r.).

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