„FPÖ light“gilt nun auch für die FPÖ
Analyse. Zuletzt ist es ruhiger geworden um die FPÖ. Auch insgesamt scheint es die Partei nun etwas moderater anzugehen: in der Wirtschafts- und, wie es scheint, auch in der Migrationspolitik.
Es war ein nicht unwesentliches Problem in den Neunzigerjahren – und zwar weniger für die FPÖ, denn sie profitierte ja davon, sondern für den Diskurs im Land: Die FPÖ hatte die Zuwanderungspolitik als Thema erkannt – wogegen auch nichts zu sagen gewesen wäre. Allerdings hat die Freiheitliche Partei dieses Thema für parteipolitische Zwecke missbraucht, es emotional hochgekocht. Der größte Heuler im Bierzelt war es stets, wenn Jörg Haider Fälle krimineller Ausländer hervorzauberte. Hier wurde Stimmung gemacht, die sich in Stimmen niederschlagen sollte.
Eine sachliche, emotionsfreie Debatte zum Thema war damit kaum noch möglich. Wer die mit der Zuwanderung einhergehenden Probleme ansprechen oder diese gar begrenzen wollte, lief Gefahr selbst ins „rechtspopulistische“FPÖ-Eck gestellt zu werden. Haider locuta, causa finita.
Mittlerweile hat sich die Debatte jedoch versachlicht. Auch SPÖ und ÖVP scheuen sich nicht mehr, das Thema aufzugreifen, Probleme zu benennen und auch – durchaus restriktivere – Maßnahmen zu setzen. Rot und Schwarz sind gewissermaßen dabei, der FPÖ ihre Unique Selling Proposition, ihr politisches Alleinstellungsmerkmal, abzunehmen und ihr damit das Wasser abzugraben. Von einer „FPÖ light“ist im Zusammenhang mit den beiden Regierungsparteien bereits die Rede – vor allem der Politikwissenschaftler Anton Pelinka hat diese These zuletzt medial breitflächig unters Volk gebracht.
Volksbefragung statt -begehren
Die Frage ist: Was macht jetzt die FPÖ? Versucht sie wiederum, eins draufzusetzen? Derzeit, wenn überhaupt, ist das nur in Ansätzen erkennbar. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl schlug diese Woche etwa eine Volksbefragung zur Zuwanderung vor. Kein Volksbegehren, was für die FPÖ ein viel stärkerer Kampagnisierungsmotor wäre. Eine Volksbefragung hingegen bleibt eine reine Wunschvorstellung. Die FPÖ kann das allein gar nicht durchsetzen. Und gegen mehr Zuwanderung sind mittlerweile ohnehin fast alle – wenn man von den Grünen (und da längst auch nicht mehr alle) und einer Minderheit in der SPÖ absieht.
Honoratiorenpartei-Programm
Auch beim bereits seit Längerem angekündigten neuen Wirtschaftsprogramm scheint die FPÖ eher einen moderateren Weg zu beschreiten. Ein prononciert protektionistisches Programm mit linken Anklängen – wie es etwa Marine Le Pens Front National hat – dürfte es nicht werden. Sondern vielmehr eines, das eher an Positionen der alten freiheitlichen Honoratiorenpartei anschließt. Laut „Standard“erinnere der Entwurf „streckenweise sogar an die deutsche FDP“.
Deregulierung, Zurückdrängen der Staatsquote, Abgaben- und Steuersenkungen – so in etwa könnte das blaue Wirtschaftsprogramm dann aussehen. Vom Tisch ist die ursprünglich angedachte Steuerhoheit für die Länder in manchen Bereichen. Dafür habe sich jetzt keine Mehrheit gefunden, das sei zu einem späteren Zeitpunkt aber durchaus noch möglich, ist aus der FPÖ zu hören. Keinesfalls geben wird es vermögensbezogene Steuern, das wurde auch gar nicht andiskutiert.
„Nach dem jahrelangen Fokus auf die Sozialpolitik wird nun das Wirtschaftliche wieder stärker in den Vordergrund treten“, sagt ein führender Freiheitlicher über die ideologische Ausrichtung.
Flügelkampf in der FPÖ
Ganz ausdiskutiert ist das allerdings freilich noch nicht, darum dauert das auch so lang mit dem Wirtschaftsprogramm. Denn in dieser Frage stehen sich in der FPÖ der wirtschaftsfreundliche Flügel um Oberösterreichs Landesparteichef, Manfred Hainbuchner, und der sozialpolitisch eher linke Flügel um Generalsekretär Herbert Kickl gegenüber. Derzeit werde das Programm noch „endredi- giert“, wie es in der FPÖ heißt. Laut Herbert Kickl soll es dann im Mai oder Juni präsentiert werden.
Norbert Hofers Manko
Die FPÖ nun also selbst als „FPÖ light“? Der maßvollere Kurs ist auch eine Lehre aus der Bundespräsidentschaftswahl. Die entscheidenden Prozentpunkte haben Norbert Hofer unter anderem wohl auch deshalb gefehlt, weil der Gegenkandidat letztlich einfach seriöser und – somit präsidentieller – gewirkt hat.