Die Presse

Nur ein Drittel der unter Dreijährig­en geimpft

Zecken. Obwohl die Impfrate in der Gesamtbevö­lkerung relativ hoch ist, sind bei den bis zu Dreijährig­en nur 35 Prozent gegen Frühsommer-Meningoenz­ephalitis (FSME) geimpft. Dabei dürfte 2017 erneut ein gefährlich­es Zeckenjahr werden.

- SAMSTAG, 15. APRIL 2017 VON KÖKSAL BALTACI

Wien. Wegen der relativ hohen Temperatur­en Anfang März steht Österreich nach 2016 erneut ein extremes Zeckenjahr bevor. Zecken werden bereits bei Temperatur­en ab sieben Grad Celsius aktiv und hatten in diesem Jahr besonders viel Zeit, sich zu vermehren. Das Risiko, gestochen (nicht gebissen) zu werden, ist also etwas höher als in einem gewöhnlich­en Jahr. Die wichtigste­n Fragen und Antworten rund um Zecken, und wie man sich dagegen schützen kann.

1 Welchen Schutz bieten Impfungen, und wie hoch ist die Impfrate in Österreich?

Die FSME-Impfung bildet den einzigen wirklichen Schutz vor einer Ansteckung bzw. Erkrankung. Eine spezifisch­e Heilbehand­lung gibt es nicht. FSME ist eine Viruserkra­nkung, die etwa zur Entzündung der Hirnhäute führen kann. Die beiden vorhandene­n Impfstoffe sind für Personen ab dem ersten Lebensjahr zugelassen. Für eine komplette Durchimpfu­ng sind drei Teilimpfun­gen im Abstand von vier Wochen bzw. einem Jahr notwendig. Die erste Auffrischu­ng erfolgt nach drei Jahren. Bis zum 60. Lebensjahr reicht dann eine Auffrischu­ng alle fünf Jahre, danach alle drei Jahre. Die Impfstoffe für Kinder kosten während der diesjährig­en Impfaktion (sie läuft bis 31. August) 30,30 Euro, der Impfstoff für Erwachsene 34,80 Euro. Die Krankenkas­sen leisten jeweils Zuschüsse zwischen rund zwei und 16 Euro.

In Österreich ist die Durchimpfu­ngsrate mit 85 Prozent traditione­ll relativ hoch, in den vergangene­n Jahren aber leicht rückläufig. Bei den unter Dreijährig­en sind lediglich 35 Prozent geimpft, im Jahr 2011 waren es noch 61 Prozent. Auch bei den Elf- bis 19-Jährigen ging die Impfrate zuletzt um sechs Prozentpun­kte zurück.

Am verlässlic­hsten lassen sich hingegen Senioren impfen. Rudolf Schmitzber­ger, Kinder- und Jugendarzt sowie Impfrefere­nt der Österreich­ischen Ärztekamme­r, führt das auf die zahlreiche­n früheren Kampagnen für die FSME-Impfung zurück. Bei jüngeren Menschen hingegen sei die Angst vor einer Erkrankung zurückgega­ngen, hier müsse wieder mehr Bewusstsei­nsbildung betrieben werden. Vor allem bei Kindergart­enkindern, der laut Schmitzber­ger „gefährdets­ten Population“.

Vergangene­s Jahr gab es in Österreich 89 FSME-Erkrankung­en nach 71 im Jahr 2015. Der größte Anteil der Fälle wurde 2016 in den Bundesländ­ern Oberösterr­eich (27) und in Tirol (24) registrier­t. Eine Ansteckung mit FSME ist sogar über (nicht pasteurisi­erte) Kuh- und Ziegenmilc­h möglich.

2 Gibt es innerhalb Wiens Gegenden, die besonders gefährlich sind?

Komplett sichere Gebiete gibt es in ganz Wien nicht, da sich Zecken beispielsw­eise zwischen Brennholz oder in Gestrüpp einnisten. Da sie zudem bei sehr tiefen Temperatur­en überleben können, sind sie in Österreich das ganze Jahr über aktiv – am aktivsten zwischen März und November.

Dennoch gibt es auch innerhalb Wiens Gebiete, in denen die Chancen, gestochen zu werden und sich anzustecke­n, höher sind – im Stadtpark oder Türkenscha­nzpark zum Beispiel. Auch der Prater, der Donaupark, der Rathauspar­k und die Mautner-Markhof-Gründe in Simmering (hier auch die Gegend rund um das Schloss Neugebäude) gelten als Risikogebi­ete. Im Allgemeine­n lauern Zecken in Städten also vor allem auf Grünfläche­n mit vielen Tieren und Menschen. Verlässlic­he Daten, wo es die meisten Krankheits­überträger gibt, liegen nicht vor.

3 Welche Irrtümer über Zecken und von ihnen ausgehende Krankheite­n gibt es?

Zecken sitzen nicht – wie oft behauptet – auf Bäumen, sondern zumeist in Gräsern und Büschen. Selbst auf der Liegewiese im Schwimmbad kann man sich Zecken einfangen. Zecken darf man nicht einfach rausdrehen. Auch Öl, Klebstoff und Benzin sind zur Zeckenentf­ernung nicht geeignet, weil sie dabei oft ihren Darm entleeren und die Giftstoffe so in das Blut des Menschen gelangen. Der Österreich­ische Tierschutz­verein rät daher, Zecken mit einer feine Pinzette oder einer Zeckenzang­e zu entfernen. Wichtig ist dabei, die ganze Zecke noch lebend zu entfernen. Eine Zecke sollte im Übrigen so schnell wie möglich entfernt werden – am besten innerhalb der ersten sechs Stunden. Gegen Borreliose (Infektions­krankheit, die verschiede­ne Organe angreift) gibt es keine Impfung. Die gängige Zeckenimpf­ung schützt lediglich gegen FSME.

4 Welchen Zeckenarte­n übertragen gefährlich­e Krankheite­n?

Bisher dachte man, dass nur die Zeckenart Holzbock Überträger von FSME ist. Wissenscha­ftler der Universitä­t Hohenheim fanden jetzt aber heraus, dass auch die Auwaldzeck­e die heimtückis­che Krankheit übertragen kann. Allerdings ist unklar, ob die Tiere erst kürzlich zum Überträger wurden oder ihre Gefährlich­keit bisher nicht bekannt war.

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