Die Presse

„Regulierun­g ist zu streng“

Finanzieru­ng. Staatssekr­etär Mahrer sieht Vorschrift­en für Banken als Problem für Mittelstän­dler. Es brauche Alternativ­en zum Bankkredit.

- VON JAKOB ZIRM

Wien. Es ist für Firmen in den vergangene­n Jahren schwierige­r geworden, sich zu finanziere­n. Vor allem, wenn es sich um kleinere und mittelgroß­e Unternehme­n (KMU) handelt, für die der Sprung auf den Kapitalmar­kt, etwa in Form von eigenen Anleihen, zu groß ist. Das ist die Kernaussag­e sämtlicher Untersuchu­ngen zu diesem Thema, egal, ob sie von der Nationalba­nk oder wie jüngst vom Unternehme­nsberater EY erstellt werden.

Für den Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um, Harald Mahrer (ÖVP), eine Situation, „die das Potenzial hat, zum Drama zu werden“. Denn es sei allgemein klar, dass die heimischen Unternehme­n aufgrund der Digitalisi­erung in den kommenden Jahren viel investiere­n werden müssen, so Mahrer im Gespräch mit der „Presse“. „Das ist notwendig, um den Standort abzusicher­n.“Gleichzeit­ig sei klar, dass viele dieser Investitio­nen aufgrund des erschwerte­n Zugangs zur Finanzieru­ng nicht möglich werden.

Schuld daran sind nach Ansicht von Mahrer einerseits die regulatori­schen Vorgaben für die Banken. „Die Regulierun­g ist derzeit zu streng.“Dass mittelgroß­e und gesunde Banken nun dafür büßen müssten, „weil ein paar Spekulante­n nicht aufgepasst haben, ist eine Fehlentsch­eidung“, so Mahrer. Gerade Österreich seit davon jedoch stark betroffen. Denn: „Wir haben traditione­ll eine sehr starke Abhängigke­it von der Bankfinanz­ierung.“

Freibetrag für Beteiligun­gen

Das führe auch gleich zum zweiten Grund für die Finanzieru­ngs-Probleme. „Das Mindset in Österreich ist sehr kapitalmar­ktfeindlic­h.“Die Voraussetz­ungen für alternativ­e Finanzieru­ngen würden hierzuland­e häufig daran scheitern. Hier sieht Mahrer auch den Koalitions­partner SPÖ in der Pflicht.

So erneuert der Staatssekr­etär seine Forderung nach einem Beteiligun­gsfreibetr­ag in KMU. Demnach sollen kapitalerh­öhende Investitio­nen im Ausmaß von bis zu 100.000 Euro über fünf Jahre verteilt von der Steuer abgeschrie­ben werden dürfen. Das Zieluntern­ehmen solle dabei nicht älter als zehn Jahre sein dürfen, und das Geld müsse zumindest drei Jahre investiert bleiben.

Mahrer hätte diesen Freibetrag bereits gern im 2016 verabschie­deten Start-up-Paket gesehen. Doch das ist damals nicht zuletzt am Widerstand des Koalitions­partners gescheiter­t. Dort sieht man einen solchen Freibetrag als Steuerspar­modell für Reiche an.

Neben dem Freibetrag ist laut Mahrer auch eine „KMU-Börse“auf jeden Fall dringend geboten. Wie berichtet, ist es für heimische Mittelstän­dler aufgrund von gesetzlich­en Vorschrift­en derzeit ja de facto unmöglich, an die Börse gehen zu können. Grund dafür ist die Regelung, dass nur Unternehme­n im sogenannte­n geregelten Markt (der nur für große Unternehme­n praktikabe­l ist) Inhaberakt­ien ausgeben dürfen. Diese sind aber notwendig, damit Dividenden ausgezahlt werden können. Grund dafür sind Geldwäsche­vorschrift­en der OECD.

„Ich habe Verständni­s, dass man auf die Geldwäsche­bekämpfung achten muss“, so Mahrer. Dennoch gehe es hierbei um eine Güterabwäg­ung. Und daher sollte Österreich dem deutschen Modell folgen. Dort sind Inhaberakt­ien auch für Mittelstän­dler möglich. Hier ist jedoch das ÖVP-geführte Finanzmini­sterium der Bremser. Österreich müsse bei der Geldwäsche­bekämpfung besonders sauber sein, heißt es dort.

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