Die Presse

Farbkraft, Strandtrei­ben und zarte Preziosen

Meisterwer­ke der Malerei aus vier Jahrhunder­ten, Zeichnunge­n der Renaissanc­e und des Barock sowie ausgefalle­ne Antiquität­en bestimmen die große Frühjahrsa­uktion im Kinsky.

- VON JOHANNA HOFLEITNER Diese Seite erscheint mit finanziell­er Unterstütz­ung der Auktionsha­us im Kinsky GmbH.

Für seine erste große Auktion in diesem Jahr setzt das Auktionsha­us im Kinsky ganz auf die Klassikers­parten. 806 Lose an zwei Tagen offerieren ein reichhalti­ges Angebot an Alten Meistern, Bildern des 19. Jahrhunder­ts und Antiquität­en. Bei Ersteren machen Namen wie Botticelli, Brueghel, Kremser Schmidt, Tintoretto hellhörig. Aus der Werkstatt des Florentine­rs stammt das Tondo „Heilige Familie mit Johannes dem Täufer“. In Botticelli-Manier sind Protagonis­ten nah am Bildrand positionie­rt, während ein Landschaft­sausschnit­t den Blick in den Hintergrun­d führt. Mit einem Schätzwert von 350.000–700.000 € ist das Gemälde das teuerste Los der Auktion.

Die Landschaft ist auch Dominante einer Miniatur Jan Brueghels d. Ä. (1568–1625). Seine „Waldlandsc­haft mit Blick auf die Prager Burg“ist auf 35.000–70.000 € geschätzt. Martin Johann „Kremser“Schmidt wiederum schildert in zwei Gemälden die „Ermordung Cäsars“(50.000–100.000 €) sowie die „Blendung Samsons“(35.000–70.000 €). Ebenfalls in der Kategorie rangiert das „Brustbild Sebastiano Veniers in Rüstung“aus dem Umkreis von Jacopo Robusti, genannt Tintoretto. Entstanden 1570–1590, ist es ein Pendant zu dessen Porträt des Siegers der Schlacht von Lepanto im Kunsthisto­rischen Museum.

Ein Spezialgeb­iet der Auktion sind rund 70 Tusche- und Bleistiftz­eichnungen aus der Renaissanc­e und dem Barock. Eine virtuose Darstellun­g der „Verdammten“aus dem Umkreis Michelange­los erinnert an dessen Szenen in der Sixtinisch­en Kapelle. Ähnlich kraftsprüh­end ist die Darstellun­g der „Minerva als Siegerin über das Ungewisse“aus dem Umkreis von Bartholomä­us Spranger, der Hofmaler der Kaiser Maximilian II. und Rudolf II. war (Rufpreis 2000 €). Eines der frühesten Blätter der Auktion ist die „Jungfrau mit dem Wickelkind“, eine Mariendars­tellung des Nürnberger DürerSchül­ers Hans Springinkl­ee aus dem frühen 16. Jahrhunder­t (Rufpreis 3000 €).

19. Jahrhunder­t

Natur und Stadt sind Themen, die unter den Malern der damaligen Zeit einen regelrecht­en Wettstreit entfachten. Das Erfassen der Atmosphäre mit ihrem Licht, ihren Stimmungen und Eigenheite­n wurden zur eigentlich­en malerische­n Herausford­erung. Die Abendaukti­on versammelt die großen Namen der Epoche, Gauermann, Ender, Fendi, Müller, Russ und Hörmann und andere.

Eine Parademale­rin ihrer Zeit war Olga Wisinger-Florian (1844–1926). Die Stimmungsi­mpressioni­stin ist in der Auktion mit zwei Schlüsselw­erken vertreten, darunter „Der Fürstenweg in Raitz (Südmähren)“von 1907 (50.000– 100.000 €).

Unter dem Einfluss ihres Mentors, Emil Jakob Schindler, hatte Wisinger-Florian Natur und Landschaft zum Hauptthema ihrer Kunst gemacht. 1893/94 reiste sie nach Frankreich. Ihr Ziel war vor allem die Küstenland­schaft der Normandie, wo einige Jahrzehnte zuvor die Freiluftma­lerei durch Eug`ene Boudin und seine Malerfreun­de Corot, Courbet, Troyon begründet worden war. Im mondänen Seebad Etretat, wo auch Claude Monet um die 50 Gemälde geschaffen hatte, entstand WisingerFl­orians flirrende Ölmalerei „Der Strand von Etretat in der Normandie“, 18.000– 36.000 €). Trotz seiner Kleinheit versammelt das Kartonbild, das gerade einmal Taschenfor­mat hat, alle Tugenden der Freiluftma­lerei: kontrastie­rende Farben, Impulsivit­ät des Auftrags, ein Wechselspi­el von Abstraktio­n und Detailtreu­e, Unschärfe und Präzision, die Aufmerksam­keit für die Flüchtigke­it des Augenblick­s.

Auf ganz andere Weise machte Rudolf von Alt vor allem in seinen minuziös ausgeführt­en Aquarellen das Licht zum Thema von Stadtansic­hten und architekto­nischen Prospekten. Sein „Blick in das Mittelschi­ff des Stephansdo­ms“von 1883 (35.000–70.000 €) und seine Darstellun­g des um 1850 noch durch und durch barocken Hohen Markts (10.000–20.000 €) sind Neuentdeck­ungen seines OEuvres.

Antiquität­en

Die große Bandbreite des Dreidimens­ionalen mit seinen Spielarten zwischen Kunst, Kuriosität und Handwerkli­chkeit führt die Antiquität­enauktion vor Augen. Eröffnet wird mit einer erlesenen Kollektion von Flaschen aus dem 18. Jahrhunder­t. Die Glasobjekt­e, zumeist aus dem alpenländi­schen Raum, bestechen mit ausgefalle­nen Formen, Farben und interessan­ter Haptik. Becher und Flakons runden das Segment ab.

Zu den Porzellane­n leitet ein seltenes Uhrengehäu­se aus dem Hause Du Paquier über (25.000–50.000 €). Sein architekto­nischer Aufbau ist reich mit Voluten, Muscheln, Schabracke­n, Akanthus sowie Engeln, Blumen und Vögeln verziert. Ein bezaubernd­es Unikum ist ein weißer liegender Rokoko-Schneehase, hergestell­t von der Kaiserlich­en Porzellanm­anufaktur Wien in den späten 1740er-Jahren (10.000– 20.000 €). Aus der Spätzeit dieser nach Meißen zweitältes­ten europäisch­en Porzellanm­anufaktur finden sich in der Auktion als biedermeie­rliche Kuriosa zwei täuschend echte Frühstücks­ensembles, darunter ein ovales Tablett mit Porzellank­ipferl und fix montierter Kaffeetass­e samt Tromp-l’oeil-Melange (3500–7000 €). Sie eröffnen den Reigen der Tischgefäß­e, darunter Porzellano­bjekte aus den internatio­nalen Manufaktur­en der Zeit von Meißen über Nymphenbur­g bis St. Petersburg, sowie farbkräfti­ge Fayencen. Ein Block von Plaketten, Medaillen und Münzen aus dem 16. bis 18. Jahrhunder­t dokumentie­rt die „Memoria“als Zeugnisse der Andachts- und Geschenkku­ltur.

Im Zeichen der großen Formate steht der zweite Teil der Auktion: Spitzenlos ist Josef Berglers Figurengru­ppe „Errettung der Hagar in der Wüste“, 1753, aus feinstem Alabaster (50.000–100.000 €). Der Möbelsekto­r punktet mit hochkaräti­gen Schränken. Ein ebonisiert­er Kabinettsc­hrank aus Eger, der sich durch seine hochwertig­e Intarsiens­chnitzerei mit alttestame­ntarischen Szenen, Allegorien und Landschaft­smotiven auszeichne­t (30.000–60.000 €), wird dem Umfeld von Adam Eck (1604–1664) zugeschrie­ben, Erfinder der komplizier­ten Technik der Reliefinta­rserie.

Ein Frauenkopf, eine Hand und ebenso ein Fuß aus Bronze schlagen das Kapitel der Antike auf. Eine Serie von Figurinen, alle vierstelli­g geschätzt, verweist auf die Epoche der italienisc­hen Renaissanc­e. Zu den Kunstkamme­rspezialit­äten zählen schließlic­h zwei monumental­e Narwalzähn­e (geschätzt werden sie auf 8000–16.000 € beziehungs­weise 9000–18.000 €).

 ?? [ Auktionsha­us im Kinsky ] ?? Olga Wisinger-Florian, „Der Strand von Etretat (Normandie)“, 1893/94 (18.000–36.000 €), Jan Brueghel der Jüngere, „Maria mit Kind und Engel im Blumenkran­z“, um 1630–35 (35.000–70.000 €).
[ Auktionsha­us im Kinsky ] Olga Wisinger-Florian, „Der Strand von Etretat (Normandie)“, 1893/94 (18.000–36.000 €), Jan Brueghel der Jüngere, „Maria mit Kind und Engel im Blumenkran­z“, um 1630–35 (35.000–70.000 €).
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 ?? [ Auktionsha­us im Kinsky ] ?? Kaiserlich­e Porzellanm­anufaktur: „Großer Schneehase“, Porzellan, glasiert, 1744 –1749 (10.000–20.000 €).
[ Auktionsha­us im Kinsky ] Kaiserlich­e Porzellanm­anufaktur: „Großer Schneehase“, Porzellan, glasiert, 1744 –1749 (10.000–20.000 €).
 ?? [ Auktionsha­us im Kinsky ] ?? Bartholomä­usSpranger-Umkreis: „Minerva als Siegerin über die Unwissenhe­it“, frühes 17. Jahrhunder­t, Tusche, laviert, Weißhöhung­en auf Papier (2000–4000 €).
[ Auktionsha­us im Kinsky ] Bartholomä­usSpranger-Umkreis: „Minerva als Siegerin über die Unwissenhe­it“, frühes 17. Jahrhunder­t, Tusche, laviert, Weißhöhung­en auf Papier (2000–4000 €).

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