Österliche Klänge via Computer oder TV
Die verschiedenen Klassik-Plattformen bieten zum Ausklang der Karwoche passende Livestreams und platzieren auch einschlägige Mitschnitte. Außerdem ermöglichen sie einen Blick auf die Kulturpolitik.
Fulminanter Auftakt des künftigen Chefs Kirill Petrenko in Berlin
Für die ganze Welt musizieren dank der HD-Plattform Digital Concert Hall mittlerweile die Berliner Philharmoniker. Das Archiv, das dank der konsequenten Livestreams der Berliner Konzerte abrufbar ist, gehört zu den bemerkenswerten Errungenschaften des Digitalzeitalters. Auch, weil es die enorme Bandbreite des Berliner philharmonischen Repertoires dokumentiert und zugänglich macht.
Viele Zaungäste sind freilich an den Gastauftritten von Stars interessiert, und natürlich auch an der Frage: Wie geht es mit den Berlinern nach Sir Simon Rattles Abgang, 2018, weiter? Die Wahl von Kirill Petrenko nach nur drei Konzertprogrammen zum künftigen Chefdirigenten hat Aufsehen erregt. Nun kehrte der russische Maestro erstmals nach der Kür an das Pult zurück. Ein historischer Moment, der nun jederzeit „nachkontrolliert“werden kann. Außer Tschaikowskys „Patheti-´ que“und einer von Georg Nigl immerhin herrlich wohltönend gesungenen zeitgenössischen Petitesse gab es Mozart, die gefährlichste Probe aufs Exempel – und man hört: Die Entscheidung für Petrenko war gut. Die „Haffnersymphonie“, brillant musiziert, rhythmisch federnd, eloquent phrasiert: Wo die Klassiker so gut aufgehoben sind, läuft es richtig . . . digitalconcerthall.com
Der neue „Parsifal“aus der Staatsoper Alvis Hermanis/Semyon Bychkov
Die Wogen gingen hoch, wie sich das bei der Premiere einer Wagner-Inszenierung gehört. Nun bewährt sich die Neuinszenierung des „Bühnenweihfestspiels“durch Alvis Hermanis im österlichen Repertoire. Über das Festtagswochenende ist der Livestream der Gründonnerstagsaufführung für Abonnenten der Staatsopern-Onlineplattform abrufbar. Die Premierenbesetzung mit der fabelhaften Nina Stemme als Kundry und Christopher Ventris als jugendfrischem Parsifal singt unter Semyon Bychkovs Leitung – und Kwangchul Youn stößt als neuer Gurnemanz hinzu: ein Gralsritter von edelstem vokalen Zuschnitt.
Apropos: OMV sponsert einen kostenlosen Livestream der kommenden „Tosca“mit Jonas Kaufmann und Angela Gheorghiu am 8. Mai! www.staatsoperlive.com
Die Lied-Meisterin giãt Unterricht Brigitte Fassbaenders Masterclass
Einen Blick in internationale Konzertsäle vermittelt medici.tv. Vor allem für Freunde der Kammermusik und des Liedgesangs ist die Plattform interessant, denn sie schneidet konsequent Veranstal- tungen in der Londoner Wigmore Hall mit. Unter anderem steht eine zweiteilige Dokumentation der Meisterklasse online, die Brigitte Fassbaender im vergangenen November dort abgehalten hat.
Die Fassbaender gehört ja zu den größten Liedgestalterinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ihre Kunst, Textdeutlichkeit und melodische Linie auszubalancieren, ist legendär. Spannend zu erleben, wie eine Interpretin dieses Formats ihr Können an die nächste Generation weiterzugeben versucht. medici.tv
Mussorgskis Gogol-Komödie in Berlin wiederentdeckt „Der Jahrmarkt von Sorotschinzy“
Für Modest Mussorgski sollte das so etwas wie eine Erholung zwischen den beiden großen historischen Dramen „Boris Godunow“und „Chowanschtschina“werden – doch die Partitur wurde nie fertig: „Der Jahrmarkt von Sorotschinzy“nach Gogol blieb Fragment. Wissarion Schebalin hat 1932 aus den Skizzen eine Spielfassung hergestellt und uns damit neben den beiden „Volksdramen“auch die „Volkskomödie“Mussorgskis geschenkt. Barrie Kosky hat das pralle, nicht ganz den Vorschriften der heutigen politischen Korrektheit entsprechende Stück in Berlin inszeniert. www.theoperaplatform.eu
Karsamstag mit dem „roten Priester“ Vivaldi in Klosterneuburg
Schon zum vierten Mal bittet man in Klosterneuburg zum Osterkonzert. Ruben Dubrovsky und sein Bach-Consort widmen sich heuer Musik von Antonio Vivaldi, dem venezianischen Meister, der so tragisch-seltsam mit der Wiener Kulturgeschichte verbunden ist. Der „rote Priester“, wie ihn die Zeitgenossen wegen seiner Haarfarbe und seiner Tätigkeit im Pensionat nannten, starb in der kaiserlichen Hauptstadt, ohne dass wir wüssten, was ihn nach seinen Erfolgen in Italien hierhergeführt hat. Am 15. April (18 Uhr) wird das VivaldiKonzert gestreamt. www.myfidelio.at
Ostersonntag mit Händels „Messias“ Osterkonzert, Klosterneuburg 2016
Als Aufzeichnung zum Streamen bietet die Fidelio-Plattform den Mitschnitt der vorjährigen Übertragung aus Klosterneuburg. Da leitete Dubrovsky eine Aufführung von Georg Friedrich Händels „Messias“, der für viele Musikfreunde so etwas wie der Inbegriff des Oratoriums ist, die Lebensgeschichte Jesu in einem großen dramatischen Bogen erzählt und musikalisch-theologisch „kommentiert“. www.myfidelio.at