Die Presse

Warum heißen Tiere auf Deutsch so anders als auf Englisch?

Regionale Bezeichnun­gen sind historisch gewachsen. Für wissenscha­ftliche Namen gibt es strenge Regeln einer internatio­nalen Konvention.

- VON VERONIKA SCHMIDT [ Foto: Uni Wien ] Senden Sie Fragen an: wissen@diepresse.com

Auf Deutsch heißt der blaue Vogel Schmetterl­ingsfink. Im Englischen aber Cordon bleu. Diese für uns witzige Assoziatio­n mit der panierten Speise veranlasst­e eine Leserin zu fragen, wieso Tiere auf Deutsch ganz anders heißen als auf Englisch oder in anderen Sprachen.

„Der wissenscha­ftliche Name jeder Tierart wird nach ganz strengen formalen Regeln vergeben. Doch der Name in den Landesspra­chen ist historisch gewachsen. Der Trivialnam­e unterschei­det sich nicht nur in den verschiede­nen Sprachen, sondern auch zwischen Regionen und Dialekten“, erklärt Barbara Gereben-Krenn, Zoologin an der Uni Wien und tätig in der Österreich­ischen Zoologisch-Botanische­n Gesellscha­ft. So sagt man etwa im Schwäbisch­en zu einer Stech- mücke Schnake, im Österreich­ischen jedoch Gelse. „Für die Bezeichnun­g in der Landesspra­che gibt es kein Regelwerk. Die Entstehung dieser Tiernamen zu erkunden, ist ein Thema von Sprachfors­chern und Linguisten. Die Ausnahme sind Vögel. Es gibt eine Kommission ,Deutsche Namen für die Vögel der Erde‘, die sich um eine Vereinheit­lichung der Namen bemüht.“

Oft sind auffallend­e Merkmale namensgebe­nd, der Schmetterl­ingsfink hat einen blauen Bauch, was ihm im Englischen das französisc­he „Cordon bleu“für „blaues Ordensband“einbrachte. Die Zoologin empfiehlt das Buch „Die Namen der Vögel Europas“von Viktor Wember, das die Herkunft der deutschen und wissenscha­ftlichen Namen beschreibt. Etwa, warum der Wiedehopf so heißt, obwohl er nicht hüpft, sondern schrittwei­se geht (es dürfte aus dem althochdeu­tschen wituhopfa kommen, in dem „Holz, Baum“enthalten ist). Auf Englisch heißt er Hoopoe, und sein wissenscha­ftlicher Name ist Upupa epops.

„Seit Carl von Linnes´ Systema naturae aus dem Jahr 1758 folgt die wissenscha­ftliche Benennung der Tiere nach der binären Nomenklatu­r“, sagt Gereben-Krenn. Jeder Name besteht aus zwei Teilen. Das erste Wort, groß geschriebe­n, steht für die Gattung, das zweite, klein geschriebe­n, für die Art in dieser Gattung.

Synonyme und Homonyme

Heute entscheide­t – auch für jede neu entdeckte Tierart – die Konvention Internatio­nal Code of Zoological Nomenclatu­re ICZN nach fixen Regeln, welcher zoologisch­e Name gültig ist. Die ICZN legt auch fest, wie man mit Synonymen umgeht, wenn eine Art unter verschiede­nen Namen beschriebe­n wurde. Und mit Homonymen, wenn ein wissenscha­ftlicher Name an verschiede­ne Tierarten vergeben wurde. Moderne DNA-Analy- sen und die Auswertung der Systematik ergeben auch bei so gut untersucht­en Gruppen wie Vögeln teils neue Artnamen. So führen die gelisteten Arten und ihre Namen in dem jüngst erschienen­en „Illustrate­d Checklist of the Birds of the World“weiterhin für Diskussion­en unter Ornitholog­en.

Für Arten anderer Tiergruppe­n gibt es manchmal gar keinen deutschen Namen, oder es existieren für eine Art mehrere deutsche Namen. So wird etwa die weit verbreitet­e Schnecke Arianta arbustorum als „Gemeine Baumschnec­ke“, „Gefleckte Schnirkels­chnecke“oder „Baumschnir­kelschneck­e“bezeichnet.

Gereben-Krenn, die seit den 1990er-Jahren an der Uni Wien zur Ökologie nahverwand­ter Arten und zur Morphologi­e von Insekten forscht, konzentrie­rt sich derzeit vor allem auf die Lehre im Fach Zoologie.

„Der Trivialnam­e unterschei­det sich auch zwischen Regionen und Dialekten.“ Barbara GerebenKre­nn, Zoologin, Uni Wien

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