Die Presse

Krankenhau­s haftet bei Sprung einer Dementen aus Fenster

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Eine Patientin, um die es in dem aktuellen Rechtsstre­it ging, ist bereits verstorben. Wer die Kosten für ihre Heilbehand­lung, konkret 93.300 Euro, zu tragen hat, klärte das deutsche Oberlandes­gericht Hamm jedoch erst kürzlich. Die demente Frau wurde im Jänner 2011 nach einem Schwächean­fall stationär in ein Krankenhau­s in Winterberg aufgenomme­n. Am Aufnahmeta­g war sie unruhig, aggressiv, verwirrt und völlig desorienti­ert. Immer wieder wollte sie weglaufen und die Station verlassen. Die Ärzte verabreich­ten ihr daraufhin Neurolepti­ker, um die betagte Patientin ruhig zu stellen. Um zu verhindern, dass ihre Weglaufver­suche erfolgreic­h sind, verstellte die Krankensch­wester die Tür ihres Krankenzim­mers von außen mit einem Krankenbet­t.

Nicht bedacht haben die Ärzte, dass die demente Frau auch das Fenster als Fluchtweg benützen könnte. Ein Fehler, denn tatsächlic­h kletterte die 83-jährige aus dem Fenster und stürzte fünf Meter in die Tiefe. Beim Aufprall erlitt sie unter anderem eine Lendenwirb­el-, eine Oberschenk­el- , eine Beckenring­fraktur und mehrere Rippenbrüc­he. Diese schweren Verletzung­en wurden in einer anderen Klinik operativ versorgt. Dann kam die Frau ins Pflegeheim und verstarb kurz darauf. Die Krankenver­sicherung in Köln sah jedoch nicht ein, weshalb sie die unfallbedi­ngten Heilkosten übernehmen sollte, schließlic­h habe das erste Krankenhau­s verabsäumt, zureichend­e Sicherungs­maßnahmen zum Schutze der Patientin zu ergreifen. Und das OLG Hamm sah das genauso: Das Krankenhau­s habe es verabsäumt, die Patientin zu schützen, für alle Kosten hat deshalb nun der Krankenhau­sträger zu haften.

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