Die Presse

Grenzen spielen nach wie vor eine Rolle

EZB untersucht innereurop­äischen Handel.

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Frankfurt/Wien. In der Theorie sollten EU-Binnengren­zen kein Hindernis für den Handel mit Waren und Dienstleis­tungen darstellen, doch wie sieht es in der Praxis aus? Dieser Frage ist Alina Mika, Ökonomin bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), nachgegang­en. Ihr vor wenigen Tagen publiziert­es Fazit: Alte Grenzen zwischen den Mitgliedst­aaten der Union spielen im Handel innerhalb der EU sehr wohl eine Rolle.

Die Wirtschaft­sforscheri­n untersucht­e für den Zeitraum von 2000 bis 2014, inwieweit es seitens der EU-Unternehme­r eine implizite Präferenz für die nationalen Heimatmärk­te gibt. In der Tat wurde den Kunden in der Heimat ein größerer Wert beigemesse­n als der Expansion ins europäisch­e Ausland – wobei es diesbezügl­ich allerdings einen Unterschie­d zwischen Branchen gibt: Im Bereich der Dienstleis­tungen ist der Fokus auf den Heimatmark­t größer als bei den Warenprodu­zenten – eine Differenz, die Studienaut­orin Mika mit dem nach wie vor unvollende­ten EU-Binnenmark­t für Dienstleis­tungen begründet. Allerdings weist der Trend bei den Dienstleis­tungen in die richtige Richtung: Im untersucht­en Zeitraum sind die Hürden im Handel mit Dienstleis­tungen niedriger geworden.

Beim Güterverke­hr hat es indes kaum Veränderun­g gegeben: Die vorhandene­n Präferenze­n für den Heimatmark­t haben sich seit dem Jahr 2000 kaum verringert.

Ost-West-Gefälle

Wie groß das Hindernis Landesgren­zen ist, hängt übrigens von der Geografie ab: In den osteuropäi­schen Mitgliedst­aaten sind die Hürden höher als bei den „alten“EU-Mitglieder­n in Westeuropa. Die Studienaut­orin begründet dieses OstWest-Gefälle mit dem Faktor Zeit: Mit der Fortdauer der EUMitglied­schaft steigt die Bereitscha­ft, mit Europa Handel zu treiben. EZB-Ökonomin Mika zieht daraus den Schluss, dass der Beitritt zur EU einen positiven Kreislauf in Gang setzt: Wer der EU beitritt, sucht nach Wirtschaft­skontakten im Ausland. Diese internatio­nale Ausrichtun­g steigert wiederum die Lust auf mehr Integratio­n. (la)

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