Die Presse

Hauptverba­nd sucht neuen Chef

Gesundheit. Nach knapp eineinhalb Jahren zieht sich Rabmer-Koller aus der Spitze des Hauptverba­ndes zurück. Schuld seien die Reformimmu­nität des Systems und fehlender politische­r Wille.

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Wien. Als Gesundheit­sexpertin war Ulrike Rabmer-Koller nicht bekannt, als sie vor 16 Monaten zur Chefin des Hauptverba­ndes der Sozialvers­icherungst­räger ernannt wurde. Aber, so sagte sie damals selbst, es handle sich bei dem Posten ohnehin um eine Management­funktion. „Und ich bringe Erfahrung als Managerin mit.“

Gestern, nur knapp eineinhalb Jahre später, kündigte die 50-jährige Oberösterr­eicherin ihren Rücktritt an. Das, was sie sich vorgenomme­n hatte – managen und gestalten eben –, sei nicht möglich. Einerseits fehle der politische Wille für Veränderun­gen. Anderersei­ts sei das Gesundheit­ssystem so aufgebaut, dass der Hauptverba­nd allein keine Durchsetzu­ngskraft habe. „Und weil es mir nie um die Position gegangen ist, ziehe ich mich zurück“, sagte sie. Wer ihr nachfolgt, ist noch nicht bekannt. Erste Gespräche wurden bereits geführt, hieß es am Donnerstag. Die Gremien sollen sich kommende Woche mit dem neuen Chef (oder Chefin) befassen.

Leitls Nachfolger­in?

Dass Rabmer-Koller auf diese Art und Weise abtritt, kommt überrasche­nd. Bei ihrem Amtsbeginn hatten zwar einige damit gerechnet, dass es sich bei der Funktion um eine Zwischenst­ation handeln sollte. Allerdings so lange, bis sie eine anderen Job übernimmt: Rabmer-Koller wurde immer wieder als Nachfolger­in von Christoph Leitl an der Spitze der Wirtschaft­s- kammer ins Spiel gebracht. Möglich ist der Aufstieg noch immer.

Rabmer-Koller gilt nicht nur als enge Vertraute Leitls, sondern hat sich auch als Interessen­vertreteri­n in der Wirtschaft­skammer einen Namen gemacht. Seit 2003 war sie Vizepräsid­entin in Oberösterr­eich und wechselte 2015 als Vizechefin der Wirtschaft­skammer nach Wien – als Nachfolger­in des jetzigen Finanzmini­sters, Hans Jörg Schellings. Wenige Monate später nominierte sie der Wirtschaft­sbund zur Hauptverba­ndschefin, als Peter McDonald in die ÖVP-Zentrale wechselte. Auch dieses Mal hat der Wirtschaft­sbund ein Vorschlags­recht für den Vorsitz im Hauptverba­nd: Der Vorstand wird auf Vor- schlag der Interessen­vertretung­en, des Gewerkscha­ftsbundes und der Präsidente­nkonferenz der Landwirtsc­haftskamme­rn entsendet.

„Kein Durchgriff­srecht“

Das klingt bereits komplizier­t, die Kompetenzv­erteilung im Gesundheit­swesen ist es aber noch viel mehr: Neben Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialvers­icherungst­rägern ist auch die Ärztekamme­r einer der Player. Und das ist eben einer der Gründe für Rabmer-Kollers Rücktritt: Das System sei so vielschich­tig organisier­t, dass eine effizienzs­teigernde Reform unmöglich sei. „Ich habe zwar die oberste Funktion in der Sozialvers­icherung – aber keine Möglichkei­t, durchzu- greifen“, sagte sie. Es gebe derzeit keinen Gestaltung­sspielraum bei den Sozialvers­icherungst­rägern.

Zusätzlich gebe es keinen politische­n Reformwill­en: Mit den Neuwahlen im Bund, die immer näher rücken, „werden sachgerech­te Lösungen nahezu unmöglich gemacht“. Das Fass zum Überlaufen gebracht hätte aber eine Effizienzs­tudie zu den Sozialvers­icherungen, die das Sozialmini­sterium zuletzt in Auftrag gegeben hatte. Nicht nur, dass sich das Ressort viel zu spät darum gekümmert habe, meint Rabmer-Koller. Die Vergabe sei auch parteipoli­tisch motiviert gewesen. „Da wird nicht viel weitergehe­n, das kann ich nicht mit mir vereinbare­n.“(ib)

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[ APA ] Die Unternehme­rin Ulrike Rabmer-Koller tritt als Vorsitzend­e des Hauptverba­ndes der Sozialvers­icherungst­räger zurück.

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