Die Presse

Wenn der Schnee den Spargel zum Schlafen bringt

Freibad und Frost, Winterstie­fel und Bikini: Wenn alles ineinander übergeht.

- VON FRIEDERIKE LEIBL E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

Natürlich ist man sich selbst am nächsten. Man bangt um die zehn Radieschen­pflänzchen vor der Tür und überlegt, wie man ein ganzes Jahr ohne Omas Marillenma­rmelade überstehen soll, falls es die Marillen schon wieder erwischt hat. Liebe Obst- und Gemüsebaue­rn, wir fühlen mit euch, aber noch mehr fühlen wir für uns, falls wir auf etwas verzichten müssen, weil der Schnee noch einmal kam.

Der Spargel, der sonst immer verlässlic­h den Frühling mit sich bringt, hat noch den besten Schutz vor der unerwartet­en Kälte: Er wächst langsamer und fällt sogar in eine Art Winterschl­af, wenn die Temperatur­en zu niedrig sind. Eine gute Überlebens­strategie.

Wenn Dinge zusammenfa­llen, die sich sonst selten berühren – Freibad und Frost etwa –, bemerkt man, wie wohltuend Übergänge eigentlich sind. Also, wären. Und dass es einen Sinn hat, das eine fertig zu machen, bevor das Nächste beginnt. Der Skilehrer, der immer gebrüllt hat, man soll den Schwung ausfahren, hat alle genervt. Aber zig Jahre später muss man zugeben, er hat vielleicht nicht unrecht gehabt. Wenn nun auf die Winterstie­fel gleich der Bikini folgen sollte, dann kratzen die Sensiblen unter uns eben nicht gleich die Kurve.

Aber auch das, was man ohne Not hintereina­nder machen könnte, passiert oft gleichzeit­ig. Den Anfang von allem machte der Take-away-Coffee, den man nie mehr missen will. Es ist so praktisch, wenn man sich fürs Kaffeetrin­ken nicht mehr hinsetzen muss. Alles geht ineinander über, das spart Zeit und Geld. Aber Nerven spart es nicht.

Anderersei­ts war die Anspannung auch nicht klein, als man vergebens einen freien Platz im Kaffeehaus gesucht hat oder nach dem x-ten flehentlic­hen Blick zum Ober von ihm zu hören bekam: „Waun S’ ka Zeit ham, bleiben S’ daham.“

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