Die Presse

Post prüft Rückzug aus der Türkei

Strategie. In dem seit mehr als einem Jahr schwelende­n Konflikt um die Beteiligun­g am türkischen Partner Aras Kargo vollziehen die Österreich­er einen überrasche­nden Schwenk.

- VON HEDI SCHNEID

Wien. Seit mehr als einem Jahr liegt die Österreich­ische Post mit dem türkischen Logistiker Aras Kargo, an dem sie 25 Prozent hält und eine Option auf 75 Prozent hat, im Clinch. Inzwischen wird der Konflikt, in dem sich beide Seiten harte Bandagen liefern, vor mehreren Gerichten ausgetrage­n. Seit ebenso langer Zeit verweist Post-General Georg Pölzl auf die bestehende­n Verträge, die er einzuhalte­n gedenke, und lässt damit die Interpreta­tion unwiderspr­ochen, dass er den vereinbart­en Zukauf durchziehe­n wolle.

Jetzt vollzieht die Post jedoch einen spektakulä­ren Schwenk – sie stellt ihre Beteiligun­g an Aras Kargo auf den Prüfstand. Interessan­terweise war es aber nicht Pölzl, der am Donnerstag bei der Hauptversa­mmlung den Aktionären den Kurswechse­l in Richtung Ausstieg signalisie­rte. „Die schwierige­n politische­n Rahmenbedi­ngungen und die wirtschaft­liche Entwicklun­g geben Anlass, die Zukunft der Beteiligun­g zu überdenken“, sagte vielmehr Post-Aufsichtsr­atspräside­ntin Edith Hlawati.

Die allseits einen exzellente­n Ruf genießende Rechtsanwä­ltin, die schon als Aufsichtsr­ätin der Telekom Austria ihr Geschick bei der Lösung heikler Causen bewiesen hatte, dürfte auch im aktuellen österreich­isch-türkischen Konflikt eine wichtige Rolle spielen.

2013 ist die Post bei Aras Kargo eingestieg­en. Schon bald danach verschlech­terte sich jedoch das Verhältnis. Firmenchef­in und Anteilsinh­aberin Evrim Aras beschuldig­te die Post, die Entwicklun­g zu bremsen, wichtige Entscheidu­ngen zu blockieren und so das Unternehme­n sukzessive zu ruinieren. Damit könne sie letztlich den Preis für den Zukauf drücken. Was Pölzl naturgemäß in Abrede stellte. Faktum ist, dass die Firma weniger Ertrag liefert als im Businesspl­an vorgesehen.

Schon Ende 2015 schaltete Evrim Aras Hlawati ein, um zu vermitteln, wie die Unternehme­rin in einem ihrer raren Interviews der „Presse“erzählte (29. März). Die Juristin brachte auch tatsächlic­h die Streitpart­eien an einen Tisch – und es soll sogar eine Vereinbaru­ng zustande gekommen sein, dass Aras mit dem Verkauf ihres Firmenante­ils von 26 Prozent komplett aussteigt.

Dann jedoch wurde nichts aus diesem Plan – und die Post zog letztlich im vorigen Juni im Gegenzug die Option. Danach eskalierte die verkorkste Lage. Die Post rief im Winter das internatio­nale Schiedsger­icht an, das Verfahren läuft noch. Mitte Februar entschied dann ein ebenfalls eingeschal­tetes türkisches Gericht, die Führung der Avras Kargo zumindest vorübergeh­end einem Treuhänder zu übergeben.

In dieser Pattsituat­ion drehte Evrim Aras den Spieß um. Sie machte der Post ein Angebot, deren Anteil zurückzuka­ufen – mit einem rund 40-prozentige­n Aufschlag auf den ursprüngli­chen Kaufpreis von rund 125 Mio. Lira (damals 52 Mio. Euro), wie sie betonte. Aber Pölzl blieb hart und konterte, er habe kein rechtsverb­indliches Angebot auf dem Tisch. Ein solches würde er sich allerdings ansehen.

Abwertung „frisst“Kaufpreis

Dem widersprac­h Evrim Aras prompt: In einem der „Presse“vorliegend­en Brief, datiert bereits mit 1. September 2016, drückt sie ihr Interesse aus, alle Aktien der Post an Aras Kargo zu kaufen. Als Kaufpreis nennt sie 207,136 Millionen Lira, berechnet auf Basis des operativen Ergebnisse­s der Aras im Jahr 2015 von 86 Mio. Lira. Pölzls Reserviert­heit dürfte freilich nicht nur darauf beruhen, dass das Angebot nur in einem formlosen Brief erfolgt ist. Die massive Abwertung der Lira hat zur Folge, dass das Offert jetzt genau dem einstigen Preis von 52 Mio. Euro entspricht.

Beobachter meinen, das wäre dennoch eine Chance, das Kriegsbeil zu begraben, zumal sich in einem Unternehme­n, in dem die Minderheit­saktionäre und die Mitarbeite­r auf Konfrontat­ionskurs sind, kein Blumentopf gewinnen lasse. Ungeachtet aller Anschuldig­ungen hat vor allem Pölzl bisher immer betont, die Politik spiele in dem Konflikt keine Rolle. Angesichts der politische­n Lage in der Türkei nach dem Referendum, das die Macht von Präsident Recep Tayyip Erdogan˘ stärkt, und dem äußerst angespannt­en Verhältnis des Landes zu Österreich scheint der nunmehrige Strategies­chwenk aber nachvollzi­ehbar.

vollzieht bezüglich ihrer Beteiligun­g an dem türkischen Logistiker Aras Kargo einen überrasche­nden Strategies­chwenk und prüft den Ausstieg. Aufsichtsr­atspräside­ntin Edith Hlawati betonte am Donnerstag bei der Hauptversa­mmlung, „die schwierige­n politische­n Rahmenbedi­ngungen und die wirtschaft­liche Entwicklun­g geben Anlass, die Zukunft der Beteiligun­g zu überdenken“. Bisher hatte Post-General Georg Pölzl an der Aufstockun­g der Beteiligun­g auf 75 Prozent festgehalt­en.

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[ Archiv ] Abfahrt aus der Türkei: Die Post überlegt, dem türkischen Partner doch den Rücken zu kehren.

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