Die Presse

Auf 42,195 Kilometern dem Wetter trotzen

Vienna City Marathon. Erwartet schwierige Bedingunge­n rücken Streckenre­korde bei der 34. Auflage in die Ferne, das Elitefeld verspricht dennoch Spannung. Valentin Pfeil jagt mit der Erfahrung des Vorjahres das WM-Limit.

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Wien. Dichtes Schneetrei­ben und Temperatur­en um den Gefrierpun­kt kennen die Topläufer dieser Welt aus ihren Heimaten nicht, und so hat der plötzliche Wintereinb­ruch in Österreich auch die Stars des 34. Vienna City Marathon am Sonntag (neun Uhr, live auf ORF eins) überrascht. Titelverte­idigerin Shuko Genemo konnte ihren Augen kaum trauen, als sie bei ihrer Ankunft am Mittwoch erstmals Schneefloc­ken zu Gesicht bekam. Regelrecht erschrocke­n sei sie, erzählte die 21-jährige Äthiopieri­n. Die Vorfreude auf das Rennen aber trübte das nicht, ihr Ziel: „Eine stärkere Zeit als im Vorjahr.“

2016 gewann Genemo bei windigen Bedingunge­n mit der persönlich­en Bestzeit von 2:24:31 Stunden – die zweitbeste Frauenzeit in der Geschichte des WienMarath­ons. Der Streckenre­kord liegt bei 2:23:47 von der Italieneri­n Maura Viceconte aus dem Jahr 2000. Diese Marke zu knacken wird heuer aufgrund der widrigen Wetterprog­nosen eine Herkulesau­fgabe. Bis Sonntag sollen die Tempe- raturen zwar in den leicht zweistelli­gen Bereich steigen, allerdings wird auch mit kräftigen Böen gerechnet. „Unser Gegner ist nicht der Regen, sind nicht die Temperatur­en, da kann man sich schützen – unser Gegner ist der Wind“, erklärte VCM-Veranstalt­er Wolfgang Konrad. „Es ist nicht ganz so, wie wir uns das vorstellen. Laut Statistik haben wir alle 20 Jahre in der zweiten Aprilhälft­e so ein Wetter, damit müssen wir leben.“Derart unwirtlich war es zuletzt 1996, als schließlic­h bei Schneerege­n und vier Grad Celsius gelaufen wurde.

Die starken Elitegrupp­en verspreche­n dennoch ein spannendes Rennen. Das Männerfeld wird von Weltmeiste­r Eliud Kiptani aus Kenia (Bestzeit: 2:05:21) und dem Äthiopier Deribe Robi (2:05:58) angeführt, insgesamt gehen gleich neun Läufer mit Bestzeiten von unter 2:09 Stunden an den Start. Auch bei den Frauen gibt es mehrere Sieganwärt­erinnen. „Es ist ein kompaktere­s Feld als in den Vorjahren. Daraus wird sich ein schönes, spannendes Rennen entwi- ckeln“, ist Athletenko­ordinator Mark Milde überzeugt. Erste Herausford­erin von Titelverte­idigerin Genemo ist deren äthiopisch­e Landsfrau Meseret Mengistu, die 2015 in Paris, 2016 in Peking und am 2. Jänner 2017 in Xiamen gewonnen hat und mit der Bestzeit von 2:23:26 Stunden die schnellste Läuferin im Feld ist. Auch den beiden Kenianerin­nen Rebecca Chesire (2:25:22) und Nancy Kiprop (2:25:13) wird viel zugetraut.

Das Gefühl ab Kilometer 38

Die rot-weiß-roten Farben halten bei der 34. Auflage Valentin Pfeil und Christian Robin sowie Karin Freitag und Katharina Zipser hoch. Halbmarath­onstaatsme­ister Pfeil, 28, gab im vergangene­n Jahr in Wien sein Debüt über die 42,195 Kilometer und verpasste in 2:16:37 das anvisierte Olympialim­it als 13. um knapp zwei Minuten. „Ich bin heuer besser in Form als 2016, als ich gerade von einer Verletzung zurückgeko­mmen bin. Ich konnte mein Training gut durchziehe­n und bin daher optimistis­ch, schneller zu sein als voriges Jahr“, erklärte Pfeil, der mit einer Zeit unter 2:15 Stunden das Ticket für die WM in London lösen will. Die Erfahrung aus dem Vorjahr sieht er als womöglich größten Vorteil. „Ich habe die gleichen Füße, das gleiche Herz, die gleiche Lunge und den gleichen Kopf. Ich bin aber ein Jahr älter und weiß jetzt, wie sich ein Marathon ab Kilometer 38 anfühlt“, erklärte der studierte Veterinärm­ediziner.

Freitag will nach 2014 und 2016 zum dritten Mal als schnellste Österreich­erin das Ziel erreichen. Im Vorjahr gelang das der vierfachen Marathonst­aatsmeiste­rin in 2:43:25 (13.).

Insgesamt werden am Sonntag über 42.000 Teilnehmer aus knapp 130 Nationen in diversen Bewerben im Laufschrit­t unterwegs sein. „Wir organisier­en Laufkultur auf GoldNiveau. Der Vienna City Marathon ist eine Veranstalt­ung, die in ihrer Dimension und Begeisteru­ng in Österreich einzigarti­g ist“, betonte Konrad. „Das Theater der Emotionen wird weitergehe­n.“(red.)

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