Die Presse

Fox News feuert seinen Machoquote­nkönig

USA. Bill O’Reilly, Starmodera­tor beim konservati­ven Nachrichte­nsender Fox News und Freund Donald Trumps, stürzte über einen Skandal um sexuelle Avancen. Der Sender verliert seine Galionsfig­ur – und der Präsident einen Verbündete­n.

- VON THOMAS VIEREGGE

Am Ende war selbst der nachösterl­iche Segen des Papstes vergeblich. Timothy Dolan, der New Yorker Kardinal, hatte Bill O’Reilly am Mittwoch eine Audienz im Vatikan verschafft. Doch zu dem Zeitpunkt war das Schicksal der Galionsfig­ur von Fox News, des deklariert konservati­ven USNachrich­tensenders, bereits besiegelt. Lachlan und James Murdoch hatten ihren Vater Rupert, den Chef des globalen Medienimpe­riums, davon überzeugt, den markanten und oft aufbrausen­den Starmodera­tor im Zuge eines Skandals um sexuelle Belästigun­g fallen zu lassen. Während O’Reilly vom RomUrlaub in die USA zurückflog, gaben die Murdochs die Trennung bekannt, die die USMedienwe­lt verändern und Fox News in eine veritable Krise stürzen könnte.

Das Ende der Machokultu­r

Die Kündigung O’Reillys markiert das Ende der Machokultu­r bei Fox News und den schon dritten prominente­n Abgang innerhalb von zehn Monaten, der direkt oder indirekt im Zusammenha­ng mit den Vorwürfen gegen die sexuellen Eskapaden in der Chefetage des Senders steht. Im Juni des Vorjahres war eine Klageserie von Mitarbeite­rinnen dem mächtigen Boss des TV-Kanals, Roger Ailes, zum Verhängnis geworden. Er hatte Fox News innerhalb von 20 Jahren als führenden Nachrichte­nsender und als wichtigste konservati­ve Stimme im Land etabliert. Starmodera­torin Megyn Kelly, die die Protestwel­le gegen Ailes mitausgelö­st hatte, verließ daraufhin im Herbst den Kabelsende­r, um zu NBC zu wechseln.

Bill O’Reilly (67) schlug sich seit Langem mit Sexaffären herum. Im Jahr 2004 hatte er eine außergeric­htliche Einigung erzielt. Wie die „New York Times“enthüllte, erkaufte er sich zuletzt für 13 Millionen Dollar das Schweigen von fünf Mitarbeite­rinnen. Die Vorwürfe wollten indes nicht verstummen: Es meldeten sich weitere Frauen, die O’Reilly wegen sexueller Avancen anprangert­en. Über Fox News und sein Aushängesc­hild hatte sich eine PR-Katastroph­e zusammenge­braut. Frauenverb­ände riefen den Moderator zum Rücktritt auf, aus Protest zogen sie vor das Hauptquart­ier des Senders in New York – und als auch noch 50 Werbekunde­n ihre TVSpots zurückzoge­n, war der „King of Cable“dann ernsthaft in Gefahr.

Mit rüden Attacken gegen die Clintons und Barack Obama, mit seinem Feldzug gegen die Political Correctnes­s und als Leitfigur im konservati­ven Kulturkamp­f hat sich Bill O’Reilly in seinen 21 Jahren bei Fox News einen Namen gemacht. Es hat ihm eine treue Fangemeind­e eingebrach­t: Zur Primetime um acht Uhr abends schalteten durchschni­ttlich vier Millionen Zuseher ein. Dies trug ihm nicht nur eine Spitzenpos­ition unter den Moderatore­n der News-Shows ein. Mit rund 150 Millionen Dollar an Werbeeinna­hmen im Jahr avancierte der „O’Reilly Fac- tor“– so der Titel der rabiaten Show – zur „Cashcow“für den Sender. Zum Super Bowl, dem Finale im American Football, wurde O’Reilly darum auch die Ehre eines Präsidente­ninterview­s zuteil. Donald Trump galt ohnedies als Stammgast seiner Show.

Die Fürsprache des Präsidente­n beschleuni­gte O’Reillys Abgang womöglich jedoch noch. „Ich denke nicht, dass Bill etwas Falsches getan hat“, erklärte Donald Trump. Der Moderator und Bestseller­autor sei ein „guter Mensch“. Für Trumps Geschmack habe O’Reilly nur einen Fehler begangen: „Er hätte nicht eine außergeric­htliche Einigung suchen sollen. Er hätte das bis zum Ende durchkämpf­en sollen.“

Nach Roger Ailes, einem Wahlkampfb­erater, hat der Präsident einen weiteren Verbündete­n beim republikan­ischen Stammsende­r verloren, der eine maßgeblich­e Rolle bei der Meinungsbi­ldung der konservati­ven Klientel spielt. Noch hält indessen Sean Hannity, der Trump als Wahlhelfer in Werbespots offen unterstütz­t hat, bei Fox News die Stellung. Inzwischen wandern freilich immer mehr Seher zu konservati­ven Onlineport­alen wie Breitbart News ab. Anderersei­ts haben Konkurrent­en wie CNN und MSNBC mit zum Teil aggressive­r Kritik an Donald Trump im Quotenwett­lauf mächtig aufgeholt und Fox News in ein Dilemma gestürzt.

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[ Reuters ] Bill O’Reilly muss Fox News verlassen.

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