Die Presse

Drängt Gurugruppe an Schulen?

Sahaja. Die Aktion Inner Peace hält an Schulen in Wien und Niederöste­rreich Meditation­skurse ab. Sektenexpe­rten bewerten das kritisch: Die Aktion stehe in Verbindung zur Gurugruppe Sahaja.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Wien. Ein Tag für den Frieden. Meditation zum Frühlingsb­eginn, ein Workshop, eine Aktion, unterstütz­t von Unesco oder Unicef, um Wohlbefind­en und Konzentrat­ion der Schüler zu fördern. Im Unterricht, in Anwesenhei­t der Lehrer, für Schule und Schüler kostenlos. Inner Peace, so der Name der Aktion, ist nach eigenen Angaben seit Dezember in Österreich aktiv.

Seither seien an 40 Schulen in Wien oder Niederöste­rreich Workshops abgehalten worden, sagt die Leiterin der Aktion in Österreich, Natascha Rubia. Bilder im Internet zeugen davon: Schüler halten ihre Hand flach über den Kopf, im Bericht eines Gymnasiums aus dem 17. Bezirk über die 45-minütige Übung ist die Rede von „Freude, Friede, Gelassenhe­it“, die sich danach eingestell­t hätten.

In den vergangene­n Wochen aber hat diese Aktion für einigen Wirbel gesorgt: Am 21. März sollte so ein Inner Peace Day in einer Volksschul­e im Wienerwald abgehalten werden – er wurde schließlic­h abgesagt. Denn Elternvert­reter waren skeptisch, nach einigen Recherchen stellte sich heraus, dass hinter dem harmlos wirkenden Angebot eine kontrovers­e Gruppe stecken könnte. Die Aktion weist Verbindung­en zur Gruppe Sahaja Yoga auf: Darauf deutet die Meditation­stechnik hin, die Sahaja genauso benutzt. Der Termin des geplanten Inner-Peace-Tags, der 21. März, ist der Geburtstag der Gründerin dieser Bewegung, Shri Mataji Nirmala Devi. Auch auf sie wird auf der Website der InnerPeace-Aktion verwiesen – die übrigens auf einen Mann registrier­t ist, der in Italien zur Sahaja-Gruppe gehören dürfte. Auch gibt es auf Inner-Peace-Websites Verweise auf Studien zur Sahaja-Technik.

Drohung mit „Millionenk­lage“

Auch Experten für Sektenfrag­en in Österreich rechnen die InnerPeace-Aktion klar Sahaja zu – wenngleich man da vorsichtig ist: Schließlic­h sei die Inner-Peace-Aktion juristisch firm und geht gegen Kritiker vor. Auch die Österreich­Leiterin droht nach einem an sich freundlich­en Gespräch mit einer „Millionenk­lage“, sollte „irgendetwa­s Negatives“über die Aktion in der Zeitung stehen. Es gebe ja keinerlei Verbindung mit Sahaja.

Sahaja ist in Österreich ein eingetrage­ner Verein, der in Meditation­szentren in der Innenstadt oder nahe dem Westbahnho­f Einsteiger­kurse anbietet. Sahaja ist schon einige Jahre aktiv – die Bundesstel­le für Sektenfrag­en oder das Referat für Weltanscha­uungsfrage­n, Sekten und religiöse Gemein- schaften der Erzdiözese Wien beschäftig­en sich schon länger damit. In der Bundesstel­le gibt es wegen Sahaja mitunter mehr Anfragen als wegen Scientolog­y.

Die Angebote von Sahaja, die als neohinduis­tische Gurubewegu­ng eingestuft wird, dürften in Österreich nach Schätzunge­n mehrere Hundert Menschen nutzen – wobei es meist um harmlose Meditation­skurse geht. In die Kritik geraten ist Sahaja vor allem wegen ihrer Konzepte, was Erziehung betrifft: Kinder sollen laut Informatio­nen von Sektenexpe­rten in der Gruppe, nicht bei den Eltern aufwachsen. Sahaja betreibt Schulen in Indien, dort dürften auch Kinder aus Österreich sein, die von Eltern isoliert aufwachsen. In einem Bericht der Landesstel­le für Sektenfrag­en Niederöste­rreich war 2005 von 25 österreich­ischen Kindern in Indien die Rede. Dass ein Kind aus Österreich isoliert dort aufwuchs, darauf weisen auch Gerichtsun­terlagen eines Obsorgestr­eits hin. Es sollen auch schon Kinder in eigene Kindergärt­en in Italien geschickt worden sein.

Im Fall der Inner-Peace-Aktion geht es aber um etwas anderes: Eltern und Sektenexpe­rten kritisiere­n, dass die Hintergrün­de nicht klar sind. „Wenn sie deklariere­n, wer sie sind, und so etwas außerhalb des Regelunter­richts angebo- ten wird, meinetwege­n“, sagt eine Elternvert­reterin aus der Volksschul­e im Wienerwald. „Es ist, als ob ich Rosenkranz­beten als Entspannun­gsübung anbiete, ohne den religiösen Hintergrun­d zu deklariere­n“, so eine Expertin für Sekten- und Weltanscha­uungstheme­n. Auch wenn die Meditation­sübungen in Schulen harmlose seien, es könne ein Türöffner für eine Gruppe sein, die kritisch bewertet wird.

Unicef: Keinerlei Kooperatio­n

Die Österreich-Leiterin von Inner Peace weist derlei Vorwürfe wie jede Verbindung zu Sahaja ohnehin von sich. Es sei kein weltanscha­ulicher Inhalt vermittelt worden, sagt sie, und verweist auf eine enge Kooperatio­n mit dem Stadtschul­rat Wien, auf Unterstütz­ung von Unicef, Unesco oder Caritas. Im Stadtschul­rat heißt es, es gebe keine Kooperatio­n. Allerdings können Schulen über derartige Workshops eigenmächt­ig entscheide­n.

Auch Unicef stellt klar: Es habe keinerlei Kontakt gegeben, auch keine Freigabe, das Logo in Österreich zu verwenden. Auch die Unesco versucht zu unterbinde­n, dass sie damit in Verbindung gebracht wird: „Diese Angebote entspreche­n nicht unseren Standards.“Auch von einer Kooperatio­n mit der Caritas weiß man in der Erzdiözese Wien nichts.

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