Troubles im Paradies der Funktionäre
Die Sozialversicherungen sind ein Paradebeispiel für den Reformstillstand.
D en beiden Regierungsparteien fehlt es an Reformwillen, Länder und Sozialpartner vertreten Partikularinteressen und bremsen deshalb, wo es nur geht, eine ernsthafte Reform ist unter diesen Umständen nicht möglich: Dieser Befund ist für den gelernten Österreicher nicht rasend neu. Man kann in allen Bereichen reformbedürftige strukturelle Schwächen – von der Verwaltung über den Föderalismus bis hin zu den Sozialversicherungen – feststellen.
Neu ist, dass diese nur allzu wahre Systemkritik neuerdings von innen kommt: Es ist kurz zusammengefasst die Begründung, mit der die Chefin des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Ulrike Rabmer-Koller, neulich entnervt ihren Posten hingeschmissen hat.
Die schwer reformbedürftigen Sozialversicherungen werden von den Sozialpartnern in Selbstverwaltung geführt. Und man findet hier sozusagen den Mikrokosmos des langsam wohlstandsgefährdend werdenden heimischen Reformstillstands vor. Alles, was die Zukunftsfähigkeit des Landes im Großen blockiert, ist hier in einem einzigen Sektor vereint: Partikularinteressen von Gewerkschaft und Wirtschaftskammer, die sich nicht unter einen Hut bringen lassen, Partikularinteressen von Ländern, die einer vernünftigen Restrukturierung entgegenstehen, eine saft- und kraftlose Bundesregierung, die diesem Treiben nichts entgegenzusetzen hat. Das Ganze garniert mit einem rot-schwarzen Funktionärsversorgungsparadies, das selbst kleine Reformen erschwert, weil bei jeder Effizienzsteigerung Pfründen auf dem Spiel stehen. D a hat Rabmer-Koller recht: So ist der Sozialversicherungssektor – und auch das gesamte Land, in dem sich diese Strukturen ja zigfach wiederfinden – nicht reformierbar. Ein katastrophaler Befund für ein hoch entwickeltes Land, das wegen interner Blockaden den internationalen Anschluss zu verlieren droht.
Bis zu den nächsten Wahlen wird sich daran auch nichts mehr ändern. Und danach? Ohne radikale Föderalismusreform und ohne umfassende Reform der Sozialpartner, die sich von der Lösung zum Problem entwickelt haben, wird dieses Land unbeweglich bleiben. Da wird es Zeit, dass gehöriger Druck von unten kommt. Wir sollten notwendige Reformen erzwingen, bevor das zu wesentlich höheren Kosten irgendwann eine externe Troika erledigt.