Sisi: Kaiserin und Spitzensportlerin
Kunstmarkt. Nach rund 20 Jahren kommt wieder ein bedeutendes Sisi-Porträt zur Auktion. Kaiser Franz Joseph I. hatte es bis zu seinem Tod über dem Bett hängen.
Sisi wird gemalt, Franz Joseph sitzt dabei, um ihr die Zeit zu vertreiben, und sieht sie immerzu an.“Wie romantisch. So hielt die alte Conte-Corti-Biografie „Die seltsame Frau“von 1934 diese nahezu mythische Urszene der ersten Bildwerdung der späteren Sisi-Ikone fest – deren Ergebnis, das erste Porträt der (zukünftigen) Kaiserin zu Pferde, ist nun erstmals öffentlich zu sehen – und wird kommenden Donnerstag im Wiener Dorotheum versteigert.
Wie wenig romantisch die Liebesgeschichte des Paares endete, wissen wir. Das Bild der Reiterbraut hatte Franz Joseph aber bis zuletzt über seinem Bett in Schönbrunn hängen. Bei Kerzenlicht musste er es dort zumeist betrachten, er ging um 21 Uhr schlafen und stand um 4 Uhr auf. Vielleicht hatte er deshalb die intimeren Bilder Sisis im Arbeitszimmer hängen, wo er sie länger und besser beleuchtet genießen konnte, die berühmten Winterhalter-Porträts der Kaiserin mit den gelösten, teilweise auf nackte Schultern fallenden Haaren, monarchischer Softporno.
Trotzdem ist das Bildnis der 15-jährigen Cousine vor ihrem Sommerschloss Possenhofen etwas Besonderes, darüber sind sich Experten aus Sisi-Museum, Dorotheum bis hin zur Historikerin und Sisi-Fachfrau Katrin Unterreiner einig. Es ist das bedeutendste Sisi-Porträt, das seit den späten 1990er-Jahren auf den Auktionsmarkt kommt. Damals kaufte der Wiener Sammler und PiaristenkellerBesitzer Erich Emberger im Dorotheum ein Porträt der späten, ernsten, reifen Kaiserin, gemalt vom Hofmaler Horowitz. Um etwa zwei Millionen Schilling, erinnert sich der Kaiserhausexperte des Dorotheums, Georg Ludwigstorff, an den Preis. Just dieser Tage übrigens wechselte auch genau dieses Bild seinen Besitzer – und wird jetzt doch, um einige Euro teurer, im Sisi-Museum in der Hofburg landen, betrieben von der Schloss Schönbrunn Kultur- und BetriebsgesmbH.
In deren Hände würde das jetzt angebotene Sisi-Bild allerdings noch besser passen, war es doch dokumentierter Teil des Schönbrunner Mobiliars (warum auch von Auktionshausseite ein wenig ob der noch nicht entschiedenen Ausreisebewilligung des Bundesdenkmalamts gebangt wird; es gebe schon Interesse u. a. aus China, so die Dorotheums-Sprecherin). Zurzeit hängt als blasser Ersatz im ehemaligen Franz Joseph’schen Schlafzimmer die Replik einer zweiten Version dieses Reiterinnenporträts aus der Sammlung Thurn und Taxis. Das Original war unter Verschluss, die Lieblingstochter Sisis, Marie Valerie, hatte es geerbt, aus deren Linie auch die jetzigen Einbringer des auf 300.000 bis 400.000 Euro geschätzten Bildes stammen. Im Besitz der Familie Habsburg vermutet man auch das männliche Pendant dazu, das Franz Joseph ebenfalls zu Weihnachten des Verlobungsjahres 1853 seiner Zukünftigen überreichte – auch er posiert darauf, in Ulaneruniform, zu Pferde.
Leben wie ein Jockey
Die Reiterei war eine der wenigen Leidenschaften, die das so unterschiedliche Paar verbinden sollte. Nur wenige Monate vor Entstehung des Bildes, schreibt Historikerin Marina Winkelhofer auf der Dorotheum-Seite, „durfte Elisabeth, nach langem Flehen und vielem Bitten, endlich ihre erste Reitstunde absolvieren.“Das für eine unverheiratete Prinzessin ungewöhnliche Motiv ist also auch erste Manifestation dieser außergewöhnlichen Begabung Sisis, die „zur besten Damenreiterin ihrer Zeit“wurde, so Winkelhofer, und „ab ihrem 30. Lebensjahr begann, das Leben einer Spitzensportlerin zu führen“.
Mehr als acht Stunden am Tag saß sie im Sattel. Der legendäre Diätwahn Sisis sei aber nicht, wie Winkelhofer es vermutet, einer Jockey-Ernährung geschuldet. Er setzte, so Katrin Unterreiner, erst ein, nachdem Sisi praktisch über Nacht mit Anfang 50 mit dem Reiten aufgehört hatte – „sie schreibt, sie habe plötzlich Angst bekommen“. Davor habe sie sogar ordentlich gegessen, vor allem auf den Jagden in England und Irland – „wie eine Boa constrictor, schrieb Sisi, sei sie nach so einem Mahl auf einem Sofa gelegen“, so Unterreiner. Nach der Reiterei begannen dann die manischen Spaziergänge und Wanderungen, dauernd auf der Flucht.
Von dem späteren Unglück ahnt man noch nichts auf dem Bild mit Pferd und Turteltäubchen im Hintergrund, das von gleich zwei renommierten Malern ihrer Zeit angefertigt wurde – dem bekannten Pferdemaler Franz Adam und dem Münchner Historienmaler Carl Theodor von Piloty, Lehrer des Wiener Historismusfürsten Hans Makart. Was aber hatte eigentlich Sisi hängen in ihrem Schlafzimmer? Jedenfalls nicht Franz Joseph in der Ulaneruniform, so Unterreiner. Ein kleineres Porträt vom Gatten. Eines von ihrem verehrten Heinrich Heine. Und viele Fotografien, vor allem von der Tochter Marie Valerie und der bayrischen Familie.