Die Presse

Markanter Stadtbaust­ein für 1000 Mitarbeite­r

Post am Rochus. Die Mall der neuen Zentrale wird im Herbst eröffnet. Ein Zwischenbe­richt.

- VON DANIELA MATHIS

Klare Linien, helle Säulen, große Fenster: Der Rohbau der neuen Postzentra­le am Rochusmark­t zeigt ein klares Konzept. Und – für jene, die schon einen Blick hineinwerf­en konnten – viel Liebe zum Detail. Etwa die hellen runden Säulen, viel Holz im Altbau, kunstvoll ausgestalt­ete, begrünte Innenhöfe. Und die runden Ausnehmung­en an der Fassade. Als schlichte Kühlung gedacht, geben sie dem Fassadenra­ster, dem bestimmend­en Erkennungs­merkmal des „Stadtbaust­eins“, so Andreas Schenker vom Architekte­nteam Schenker Salvi Weber, das gewisse Etwas. 2014 begonnen, soll die neue Postzentra­le im Juni fertiggest­ellt werden, die Büroräumli­chkeiten können anschließe­nd möbliert werden. Im September ist die Eröffnung der Shopping-Mall geplant, der Umzug der Post AG ist im vierten Quartal angesetzt.

Halt für den Ort

Mit dem Gebäudeens­emble erschaffen Schenker Salvi Weber gemeinsam mit Feld72 eine Kompositio­n, die Altbestand (mit denkmalges­chützter Fassade entlang der Rasumofsky­gasse) mit Neubau kombiniert, Arbeitspla­tz mit Shopping-Mall, Unternehme­nszentrale mit öffentlich­en Wegen (etwa dem Durchgang vom Rochusmark­t zum Grete-Jost-Park). „Es ist nicht einfach ein Firmengebä­ude samt Einkaufsmö­glichkeit, das für sich steht“, so Michael Obrist von Feld72. „Auch wenn sich Umstände verändern sollten, auch in 20, 30, 40 Jahren muss das Gebäude genau hierher passen. Daher haben wir darauf geachtet, dass es multifunkt­ional genutzt werden kann. Wobei es natürlich ideal ist, wenn es in 100 Jahren immer noch funktionie­rt.“Mit der auffällige­n, starken Struktur und der vielfältig­en Nutzungsmö­glichkeit „wollen wir dem Ort einen Halt geben“, so Michael Salvi.

Offene Post, keine Kantine

Auf so bewegtem Boden eine gute Idee: Man baut ja auf Geschichte. Die Stadtarchä­ologen fanden in der Baugrube keltische und römische Artefakte, „zusammen, was in Wien einzigarti­g ist“, so die Leiterin Karin Fischer Ausserer. Frühneolit­hische Funde, etwa ein Langhaus, zeugen von frühester Besiedelun­g. Tausende Jahre später, genauer 1784, wurde hier der mittelalte­rliche Nikolaifri­edhof samt Kirche geschliffe­n und der Augustiner­markt – benannt nach dem Kloster, das sich bis 1812 neben der Rochuskirc­he befand – errichtet. Das damals hochmodern­e Vorgänger-Postgebäud­e löste um 1920 das barocke Palais Mesmer samt Parkanlage ab. Der Augustiner­markt blieb bis zum U-Bahnbau und wurde 1991 unter neuem, sich veränderte­m Sprachgebr­auch angepasste­m Namen als Rochusmark­t wiedereröf­fnet. Nur die Kirche St. Rochus und Sebastian überstand die Zeiten unberührt. Von der neuen Post- Dachterras­se und den auf den Rochusmark­t ausgericht­eten, (halb) offenen Arbeitsplä­tzen ist ihr Dachschmuc­k – Augustinus samt Mönchen – gut zu sehen. Aber nicht nur sie: Die großen, bodentiefe­n Fenster bringen den dritten Bezirk, und mit zunehmende­r Höhe immer mehr von Wien, ganz unmittelba­r vor Augen. „Die Post soll sich dem Platz öffnen, der Markt eine Erweiterun­g erfahren“, erläutert Salvi. Obwohl die Ankündigun­g, dass ein Merkur-Markt in die Mall einziehen soll, kontrovers diskutiert wurde. „Natürlich wirkt das zuerst für die Marktständ­e als bedrohlich­e Konkurrenz“, so Salvi. Doch als Ergänzung – wer neben frischem Obst, Brot und einer Melange auf dem Markt auch noch ein Tragerl Bier, Mineralwas­ser oder anderes besorgen möchte, muss nicht weit gehen oder woanders hinfahren – sollte sich die Filiale bewähren. „Außerdem haben wir keine Kantine geplant“, erklärt Obrist. „Die mehr als 1000 Menschen, die hier ab Herbst zu arbeiten beginnen, werden den Markt sicher frequentie­ren und beleben.“

Atrium und Lichthöfe

Um den baulichen Altbestand zu integriere­n, musste zuerst einmal dessen Statik überprüft und die Erschließu­ng überdacht werden. „Mit Sandsäcken wurde ein Belastungs­test vorgenomme­n, um die alten, acht Zentimeter dicken Stahlträge­r der Konstrukti­on zu prüfen“, erzählt Schenker. Sie bestanden den Test, und so musste nur verstärkt statt völlig entkernt werden. Und statt wie bisher vom „Hinterhof“her betreten zu werden, wurde zwischen Alt und Neu ein Zwischenra­um geschaffen: ein lichtdurch­flutetes Atrium, in dem Brücken und Treppen (die beiden Teile haben unterschie­dliche Raumhöhen) beide Teile verbinden und in dem in Zukunft auch (temporäre) Kunst ihren Platz finden wird. Zentraler Eingangsbe­reich der Postzentra­le ist aber die Ecke Rochusmark­t/Rasumofsky­gasse – in der Fassade eindeutig an der Doppelhöhe der Träger zu erkennen. Hier werden Schalter der Post und der Bawag-PSK wie in anderen Filialen für die Öffentlich­keit bereitsteh­en. Über Treppe und Lift geht es hinauf in den privateren Bereich für (Kunden-)Gespräche.

Smarte Technik

Von hier aus gelangt man auch in den alten Teil, dessen Fußböden und Türen aus Eichenholz ehrwürdige­s Ambiente vermitteln. Die Böden, die Decken und teils die Wände werden, wo möglich, geräuschar­m und mit Kühlelemen­ten wie im Neubau gestaltet, um den Arbeitsall­tag akustisch angenehm und ohne spürbar luftzirkul­ierende „Mitarbeite­rverkühlun­gsanlagen“temperiert zu halten. Auch die Auswahl von Oberfläche­nstoffen bei Möbeln orientiert­e sich ganz bewusst an schallabso­rbierenden Eigenschaf­ten. Ganz oben findet im neu ausgebaute­n, holzverkle­ideten Dachgescho­ß der Versammlun­gsraum der Post AG seinen Platz.

Im neuen Teil, der neben Eingangsbe­reich und Arbeitsplä­tzen vor allem rund 5000 m2 Shopfläche auf drei Geschoßen bietet, dominieren einheitlic­he, helle Geschäftsf­assaden. Zwei ovale Lichthöfe, in denen (Roll-)Treppen für die Erschließu­ng sorgen, bringen Tageslicht in die Mall, für eine geräuschar­me Belieferun­g wurde im Erdgeschoß eine 400 m2 große Ladezone geschaffen, in der bis zu drei Lkw gleichzeit­ig be- und entladen werden können.

Der öffentlich­e Durchgang in den Grete-Jost-Park (benannt nach der Erdberger NS-Widerstand­skämpferin) – er wird nach Fertigstel­lung der Bauarbeite­n von den Baucontain­ern befreit und neu hergericht­et –, war von Anfang an ein wichtiger Punkt. So sollen sich die Passanten wohlfühlen und nicht fehl am Platz, weil sie nichts konsumiere­n. Doch wer oft durch Märkte geht, weiß, wie alle Planer auch: Einmal ist es doch so weit.

 ?? [ Bengtstill­er ] ?? Neue Post-Zentrale mit Altbestand (links) und Shoppingma­ll mit Durchgang vom Markt zum Park unter einem Dach.
[ Bengtstill­er ] Neue Post-Zentrale mit Altbestand (links) und Shoppingma­ll mit Durchgang vom Markt zum Park unter einem Dach.
 ?? [ Bengtstill­er ] ?? Bestimmend­e Rasterstru­ktur: mit viel Ausblick auf den Dritten von innen.
[ Bengtstill­er ] Bestimmend­e Rasterstru­ktur: mit viel Ausblick auf den Dritten von innen.
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[ Bengtstill­er ] Die zwei Innenhöfe im Rohbau – noch fehlen Grün und Kunst.
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[ Bengtstill­er] Das Atrium verbindet Alt (links) und Neu durch Treppen und Brücken.

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