Die Presse

Gaulhofer Viel Furcht, wenig Hoffnung für Frankreich­s Wirtschaft

Analyse. Raus aus dem Euro, radikale Rosskur oder die große Synthese aus links und rechts: Die Wirtschaft­sprogramme der vier Elys´ee-´Anwärter sind allesamt riskante Sprünge ins Ungewisse.

- VON KARL GAULHOFER

Wien/Paris. Mit dem Sonntagsau­sflug wird es an diesem Wochenende nichts. Erst geben die Pariser Banker ihre Stimme ab, dann bleiben sie in Bereitscha­ft. Besser: in Alarmberei­tschaft. Vielleicht müssen sie rasch reagieren, sprich: verkaufen, was das Zeug hält – wenn die europafein­dlichen Extremiste­n an den Urnen Erfolge feiern. Die Rechtsradi­kale Marine Le Pen auf Platz eins, der Linksradik­ale Jean-Luc Melenchon´ auf Platz zwei – oder beides kombiniert, als Horrorszen­ario der Wirtschaft für die Stichwahl im Mai.

Warum aber setzen so viele Franzosen auf Bruch und Umsturz? Man kann es ökonomisch erklären: Seit zehn Jahren steigt die Zahl der Arbeitslos­en, während die Wirtschaft nur sehr schwach wächst. Weder der Konservati­ve Sarkozy noch der Sozialist Hollande konnten daran etwas ändern. So erstarken die Extreme – die sich, wie so oft, berühren. Raus aus dem Euro, raus aus der EU, fordern Links- wie Rechtsauße­n. Mit Nuan- cen: Melenchon´ schwebt eine Währungsun­ion vor, die ihre Prinzipien entsorgt – keine Defizitgre­nze, keine unabhängig­e Zentralban­k, jeder Staat soll sich nach Belieben direkt bei der EZB verschulde­n können. Wenn sich Europa diesem Konzept verweigert (was sicher ist), folgt der Austritt. Le Pen geht direkt aufs Ziel zu: Die Banque de France wirft die Notenpress­e an und finanziert höhere Schulden mit neuen Francs.

25 Nobelpreis­träger warnen vor Le Pen

Wozu ein solcher monetärer Gewaltakt führt, hat das Institut Montaigne abgeschätz­t: Die massive Abwertung der nationalen Währung würde eine Kapitalflu­cht auslösen, die Zinsen in die Höhe treiben und den Schuldendi­enst stark verteuern. Die Folgen nach 15 Jahren: ein Einbruch der Wirtschaft­sleistung um 180 Mrd. Euro oder neun Prozent des BIPs und eine halbe Million mehr Arbeitslos­e. Das fürchtet nicht nur der liberale Thinktank: 25 Wirtschaft­snobelprei­sträger aller Couleurs haben

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